Nach der Verweigerung des Testats für seinen Jahresabschluss und eines Milliardenverlusts für 2021 ist dem Immobilienkonzern Adler Group der Zugang zum Kapital- und Bankenmarkt verwehrt. Die Aktie stürzte zu Wochenbeginn zeitweise über 40 Prozent ab. Der alte Verwaltungsrat ist komplett zurückgetreten. Der erst im Februar angetretene Verwaltungsratschef Stefan Kirsten versucht zu retten, was zu retten ist - und hat die Geschäftszahlen ohne Testat veröffentlicht, um das Unternehmen "nicht an die Wand zu fahren", wie er sich ausdrückte.
Manche Beobachter ziehen bereits Parallelen zum Wirecard-Skandal vor zwei Jahren. Auch beim Zahlungsabwickler hatten Wirtschaftsprüfer das Testat verweigert, weil ihnen Unterlagen vorenthalten wurden. Klaffte bei Wirecard ein Milliardenloch in der Bilanz, geht es bei Adler um Missmanagement und möglicherweise zu optimistische Immobilienenbewertungen. Und wie bei Wirecard stehen auch bei Adler die Prüfer in der Kritik, die die Missstände früher hätten erkennen müssen. Aktionärsvertreter prüfen bereits Schadensersatzforderungen gegen das Unternehmen und rechtliche Schritte gegen die KPMG & Co..
Die Schieflage von Adler wirft zudem ein Schlaglicht auf die gesamte Immobilienbranche, die nach einem Jahrzehnt ungebremstem Wachstum durch die Zinswende der Notenbanken unter Druck gerät. Steigende Zinsen verteuern schließlich auch die Baufinanzierung. Zwar wird die Wohnungsnachfrage weiter hoch bleiben und das Angebot knapp. Manche Bewertungen geraten aber ins Wanken, und das schlägt sich inzwischen auch massiv in den Aktienkursen großer Wohnungskonzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen nieder, die seit Jahresbeginn mehr als ein Viertel ihres Wertes verloren haben - deutlich stärker als der Markt.