"Künftig werden wir als fokussierter Netzwerk-Carrier unterwegs sein", formulierte es der seit anderthalb Jahren amtierende Konzernchef. Doch ließ er viele Fragen offen, etwa wie er die zerrütteten Finanzen der zweitgrößten deutschen Fluglinie aufpäppeln will. Und Gewerkschaften bemängeln, dass die Neuausrichtung nicht ausreiche, um Air Berlin dauerhaft auf Flughöhe zu halten. Es ist nicht der erste Versuch von Pichler, Air Berlin auf neue Wege zu führen. Zu seinem Amtsantritt Anfang 2015 wollte er die Fluglinie auf das Touristikgeschäft konzentrieren. Der arabische Großaktionär Etihad Airways, der der Fluglinie mit Finanzspritzen von mehr als einer Milliarde Euro unter die Arme griff, stoppte den Vorstoß jedoch. Nun erhielt Air Berlin Rückendeckung: Etihad unterstütze die neue Strategie und die Restrukturierung des Geschäfts, sagte ein Sprecher.
ABSCHIED VON DEN WURZELN ALS "MALLORCA-SHUTTLE"
Kern der neuen Strategie von Pichler ist die Teilung von Air Berlin in drei Teile. Im Mittelpunkt stehen künftig Europa- und Langstreckenflüge von den beiden Flughäfen Berlin und Düsseldorf. Das Touristikgeschäft mit 35 Flugzeugen wandert in einen eigenständigen Bereich und könnte Brancheninsidern zufolge später mit der Ferienflug-Linie Tuifly fusioniert werden. "Wir prüfen hier strategische Optionen", sagte Pichler. Damit bereiten die Berliner den Abschied von ihren Wurzeln vor: Die Fluglinie war vor allem mit ihrem "Mallorca-Shuttle" landesweit bekannt geworden. Zudem mietet Erzrivale Lufthansa bis zu 40 weitere Maschinen inklusive Besatzungen an, die für den eigenen Billigableger Eurowings fliegen sollen. Der Deal, der nächsten Sommer starten wird, bringt Air Berlin über die Laufzeit von sechs Jahren Einnahmen von über 1,2 Milliarden Euro.
Ungeklärt ist aber die Frage, wie Air Berlin seine Finanzen sanieren will. Ende Juni war das Eigenkapital stark negativ, der Schuldenberg summiert sich auf gut 900 Millionen Euro. Zu finanziellen Details könne er derzeit nichts sagten, merkte Pichler an. Air Berlin hat in den vergangenen acht Jahren nur einmal einen Nettogewinn eingeflogen. Auch unter Pichler gelang keine Wende. Der Nettoverlust wuchs trotz rapide gefallener Kerosinpreise 2015 auf den Rekord von 447 Millionen Euro.
VERDI ÜBT KRITIK
Insgesamt halbiert Pichler die Air-Berlin-Flotte durch den Lufthansa-Vertrag und die Auslagerung auf 75 Flugzeuge. "Air Berlin wird endlich für die Zukunft die richtige Größe haben", betonte Pichler. Der Jobabbau sei unvermeidlich. "Mit der aktuellen Personalstruktur trägt sich das Unternehmen nicht." Die Kosten für den Umbau lägen bei einem hohen zweistelligen Millionen-Betrag. Scharfe Kritik kommt von der Gewerkschaft Verdi. "Die Vermietung von Flugzeugen und Crews (Wet-Lease) wird nicht ausreichen, um Air Berlin zu erhalten", sagte Verdi-Vorstand Christine Behle. Notwendig sei vielmehr ein tragfähiges Zukunftskonzept und eine nachhaltige Neuausrichtung der Airline, um die Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Die angekündigten Pläne zur Umstrukturierung werde ver.di konstruktiv begleiten.
rtr