Wie teuer diese und die schon gemeldeten Verstöße in Großbritannien und Frankreich den Konzern zu stehen kommen könnten, wagte Finanzchef Harald Wilhelm nicht zu beziffern. Auch eine zeitliche Prognose für die Ermittlungen hält er für schwierig: "In solchen Fällen ist das eher eine Frage von Jahren als von Monaten."

Über Jahre ziehen sich bald auch die Triebwerksprobleme des modernisierten Verkaufsschlagers A320neo hin. Nach langwierigen Hitze- und Softwareproblemen hat das Triebwerkskonsortium um die United-Technologies-Tochter (United Technologies) Pratt & Whitney und den Münchner Hersteller MTU (MTU Aero Engines) eine Aufholjagd zu bewältigen. Für die auf Spritsparen getrimmte Neuauflage des Mittelstreckenjets A320 hat Airbus tausende Bestellungen in den Büchern.

Laut Finanzchef Wilhelm wird der Hersteller die für 2017 geplante Auslieferung von 200 A320neo-Maschinen jedoch leicht verfehlen. Auch die insgesamt angepeilte Marke von 720 Verkehrsflugzeug-Auslieferungen wackelt. Damit bliebe Airbus über 40 Exemplare hinter seinem US-Rivalen, dem weltgrößten Flugzeugbauer Boeing, zurück.

Allerdings baut Airbus die A320neo-Produktion in einem boomenden Markt weiter aus, und vom Großraumjet A350 sollen ab 2019 jährlich rund 120 Exemplare pro Jahr fertig werden. Zudem übernimmt Airbus die Mehrheit am C-Serie-Mittelstreckenjet-Programm des kriselnden Flugzeugbauers Bombardier und erweitert seine Produktpalette damit um zwei kleinere Flugzeugtypen.

In den ersten neun Monaten des Jahres lieferte Airbus 454 Verkehrsflugzeuge aus, acht weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Vorstand hofft auf eine Aufholjagd zum Jahresende. So hat Airbus viele A320neos vorproduziert, denen nur noch die Triebwerke fehlen. Zudem hat rund die Hälfte der A320neo-Kunden den Flieger statt mit dem Pratt-Triebwerk mit dem Konkurrenzantrieb des französisch-amerikanischen Herstellers CFM geordert.

Im dritten Quartal lief es für Airbus trotz der Probleme besser als von Analysten erwartet. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwei Prozent auf 14,2 Milliarden Euro. Der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn (Ebit) gab um vier Prozent auf 697 Millionen Euro nach. Der Gewinn unter dem Strich fiel fast sieben Mal so hoch aus wie ein Jahr zuvor, als eine hohe Steuerlast am Ergebnis gezehrt hatte.

Die Airbus-Aktie reagierte positiv auf die Nachrichten und Zahlen. Am Vormittag gewann sie bis zu 3,4 Prozent auf 87,61 Euro und näherte sich damit ihrem am Freitag erreichten Rekordhoch von 88,23 Euro. Die Aktie befindet sich seit einiger Zeit im Höhenflug. In den vergangenen zwölf Monaten stieg der Börsenwert des Unternehmens um rund 60 Prozent auf 67 Milliarden Euro. Airbus ist damit mehr wert als die meisten Dax-Werte. Da der Großteil des Handels mit Airbus-Aktien in Paris stattfindet, kann das Papier aber nicht in den deutschen Leitindex aufsteigen.

Die Verkehrsflugzeugsparte konnte ihren operativen Gewinn im dritten Quartal steigern, nachdem die Triebwerksprobleme der A320neo die Geschäfte schon im vorigen Sommer belastet hatten. Besser lief es auch im Hubschrauber-Geschäft, das trotz rückläufiger Umsätze mehr Gewinn abwarf.

In der Rüstungssparte drückten jedoch weitere Mehrkosten von 80 Millionen Euro für den Militärtransporter A400M aufs Ergebnis - teils wegen Vertragsstrafen zugunsten der Käuferstaaten. Technische Probleme halten den Hightech-Flieger immer wieder am Boden. Wegen hoher Kostensteigerungen und jahrelanger Verzögerungen stand das Projekt zeitweise vor dem Aus. 2016 verdarben technische Probleme und milliardenschwere Mehrkosten Airbus den Jahresgewinn. Laut Wilhelm kommt Airbus beim Ausbau der Fähigkeiten der A400M voran.

Für das laufende Jahr hält die Airbus-Führung an ihrer Prognose fest, den operativen Gewinn und den Gewinn je Aktie im mittleren einstelligen Prozentbereich zu steigern. Sondereffekte sowie der Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen sind dabei allerdings herausgerechnet. Auch mögliche Strafzahlungen, die dem Konzern infolge der Korruptions-Ermittlungen in Großbritannien und Frankreich drohen, sind darin nicht enthalten.

Bevor der Konzern Geld zurückstelle, müsse er die Wahrscheinlichkeit und die Höhe einer solchen Strafe einschätzen können, sagte Wilhelm. Im dritten Quartal meldete Airbus den Behörden in den USA nach eigenen Angaben "Ungenauigkeiten bei Anträgen" im internationalen Waffenhandel, die der Konzern beim US-Außenministerium eingereicht hatte. Die Dauer der Untersuchung könne Airbus jedoch so wenig einschätzen wie die Höhe möglicher Strafen.

Die schon bekannten Vorwürfe in Großbritannien und Frankreich betreffen nach Angaben von August 2016 Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Beratern einer "dritten Partei". Ermittler untersuchen zudem die Umstände des Verkaufs von Eurofighter-Kampfjets an Österreich. Vor wenigen Tagen wies Enders den Verdacht zurück, es gebe bei Airbus eine schwarze Kasse./stw/zb

dpa-AFX