"Wir reagieren damit auf den Kundenwunsch nach mehr Konkurrenz und Effizienz in diesem Marktsegment." Der Markt, der massiv von der Pandemie profitiert hatte, ist bisher eine Domäne des US-Konzerns Boeing. Im Passagierflugzeug-Geschäft hat Airbus den Amerikanern längst den Rang abgelaufen. Für das laufende Jahr stellt Faury einen operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) von vier Milliarden Euro in Aussicht, doppelt so viel wie bisher erwartet.
Die Corona-Pandemie, die den Flugverkehr weltweit weitgehend brachliegen ließ und Fluggesellschaften an den Rand der Existenz brachte, sei aber noch nicht vorbei, warnte Faury. "Es wird noch ein holpriger Weg, was die Erholung angeht." Die Delta-Variante des Virus mache gerade den Ländern die größten Schwierigkeiten, die auf eine Null-Toleranz-Strategie gesetzt hatten, wie China und Australien. Bei den Neubestellungen zögern die Kunden noch: Von Januar bis Juni standen bei Airbus 165 (Vorjahr: 365) neue Orders 127 Stornierungen gegenüber.
Der Flugzeugbauer will bis zum Jahresende aber 600 Maschinen ausliefern; bisher galt das Vorjahresniveau (566) als Messlatte. 297 waren es bis zur Jahresmitte, gut die Hälfte mehr als in den ersten sechs Monaten 2020. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte aus Branchenkreisen erfahren, dass Airbus mit finanziell klammen Fluggesellschaften Wege erarbeitet hat, diesen die Bilanzierung neuer Maschinen zu erleichtern. Zuletzt hatten sich zahlreiche Kunden geweigert, bestellte Flugzeuge abzunehmen. Der vor dem Aus gerettete Ferienflieger Condor erweitert seine Flotte mit 16 A330neo-Langstreckenmaschinen für Übersee-Ziele in der Karibik und Asien; sieben kommen direkt von Airbus, neun werden geleast.
LUFTFRACHT BOOMT
Einen Boom erlebten während der Pandemie Frachtflugzeuge - zum einen wegen des wachsenden Online-Handels, zum anderen, weil die Logistiker die Fracht angesichts der ausgedünnten Flugpläne nicht mehr im Bauch von Passagiermaschinen unterbringen konnten. Diese fassen normalerweise etwa die Hälfte des Frachtvolumens. Den Markt dominiert Boeing mit den Fracht-Versionen von 767, 747 und 777, der umgebaute Airbus A330 hinkt deutlich hinterher. Das will Faury ändern: Spätestens 2028, wenn die verschärften CO2-Standards greifen, erwartet er Wettbewerbsvorteile für den geplanten leichten A350-Frachter. Vorbestellungen hat Airbus noch nicht. "Wir kommen täglich näher, aber wir sind noch nicht so weit", sagte Faury. Boeing hatte zuletzt einen Bedarf von 2430 Frachtflugzeugen in den nächsten 20 Jahren ausgemacht.
Die aufgehellten Perspektiven beflügelten die Airbus-Aktie, die in Paris um 4,6 Prozent auf 119,88 Euro stieg. Mit einem bereinigten Ebit von 2,7 Milliarden Euro hat Airbus nicht nur nach sechs Monaten schon das bisherige Ziel für das Gesamtjahr weit übertroffen, sondern auch die Analystenerwartungen. Ein Jahr zuvor standen 945 Millionen Euro Verlust zu Buche. Allein im zweiten Quartal verdiente Airbus gut 400 Millionen Euro mehr als erwartet. Stifel-Analyst Harry Breach machte den hohen Anteil margenstarker A321neo-Jets und die Kostensenkungen dafür verantwortlich. Airbus ist dabei, 15.000 Stellen zu streichen, die meisten davon in Deutschland und Frankreich.
Das Kostenmanagement zeigt sich auch im Mittelzufluss (Free cash-flow) von 2,05 Milliarden Euro. Vor einem Jahr stand hier noch ein Minus von zwölf Milliarden, aber auch in den Jahren vor der Krise hatte Airbus einen negativen Cash-flow meist erst im Schlussquartal gedreht. Der Umsatz schnellte im Halbjahr um 30 Prozent auf 24,6 Milliarden Euro, im zweiten Quartal ging es um 70 Prozent nach oben. Unter dem Strich steht nach sechs Monaten ein Nettogewinn von 2,23 (Vorjahr: minus 1,92) Milliarden Euro.
Boeing hatte am Mittwoch den ersten Quartalsgewinn seit zwei Jahren gemeldet, weil die Nachfrage nach dem Sorgenkind 737 MAX wieder anzieht. Der Inlands-Flugverkehr läuft kräftig wieder an, bei internationalen Routen dürfte es aber noch Jahre dauern.
rtr