Rocket Internet häuft immer größere Verluste an. Die Startup-Schmiede der Samwer Brüder machte im ersten Halbjahr ein Minus von 617 Millionen Euro, Im Vorjahr lag der Fehlbetrag lediglich bei knapp 46 Millionen Euro. Der größte Wertvernichter im Firmen-Protfolio sind die Online-Modehändler der Berliner. Die in der Global Fashion Group (GFG) zusammengefassten eCommerce-Händler mussten Abschreibungen auf den Firmenwert und immaterielle Vermögenswerte von 38 Millionen Euro vornehmen. Auslöser ist eine Finanzierungsrunde der Berliner. Rocket Internet hatte bereits im April diesen Jahres angekündigt neues Geld für die 2014 zusammen mit dem schwedischen Investor Kinnevik gegründete Gruppe einzusammeln. Dabei zeigte sich, dass die aus sechs regionalen Online-Shops bestehende GFG nur noch mit einem Wert von einer Milliarde Euro bewertet wird. Vor einem Jahr war das laut Rocket Internet "führende Online-Fashion Unternehmen in Schwellenländern", noch drei Milliarden Dollar wert. Nach der Kapitalspritze in der ersten Jahreshälfte liegt der direkte und indirekte Anteil von Rocket Internet an den Online-Modehändlern bei 20,4 %. Mit der Wertberichtigung verunsichert der deutsche Firmenbauer seine Aktionäre nur wenige Wochen vor Bekanntgabe der vollständigen Halbjahreszahlen. Zum Handelsstart rauschte das Papier über elf Prozent nach unten. Die detaillierten Halbjahresergebnisse werden am 22. September veröffentlicht.

Trotz dieses Rückschlags sieht Oliver Samwer keinen Grund von seinen Zielen abzurücken. "Ungeachtet dieser Sondereffekte hält Rocket Internet weiterhin an den ausgegebenen Zielen fest", so der Vorstandsvorsitzende von Rocket Internet. "Nach wie vor erwarten wir, dass bis Ende 2017 mindestens drei unserer Beteiligungen profitabel sein werden, und die aggregierten operativen Verluste unserer wesentlichen Beteiligungen 2015 den Höchstpunkt hatten." Will Samwer Wort halten, muss das Unternehmen im weiteren Jahresverlauf starke Gewinne einfahren. Vergangenes Jahr lag der Nettoverlust bei 202 Millionen Euro. In den ersten sechs Monaten 2016 hat der Konzern nun bereits mehr als das Dreifache an Miesen eingefahren.

Auf Seite zwei: Einschätzung der Redaktion


Einschätzung der Redaktion



Die Abschreibung macht die jüngste Bodenbildung der Aktie zunichte, dabei zeigt die operative Entwicklung in die richtige Richtung. In den ersten drei Monaten des Jahres haben die Beteiligungen von Rocket Internet ihre Umsätze um 34 Prozent auf 532 Millionen Euro. Auch wenn der der Umsatz unverändert nicht reicht, um profitable zu arbeiten, verbesserten die Tochterfirmen ihre Profitabilität. Die operative Marge verbesserte sich von minus 38 auf minus 22 Prozent. Jeder Euro Umsatz bringt somit noch einen Verlust von 22 Cent.

Die Profitabilität verbessert sich, während das Umsatzwachstum stark blieb. Beides ist für Rocket Internet wichtig, verdient der Konzern doch am Verkauf der aufgebauten Firmen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Wertberichtigung der GFG eher virtuell. Was die Beteiligung wert ist, entscheidet sich erst beim Verkauf. Bisherige Verkäufe haben gezeigt, dass Rocket Internet durchaus Wertsteigerungen erzielen kann. Gemessen an der relativ konservativen AG-Bilanz dürften die Berliner erhebliche Wertreserven haben. Bereinigt um den Nettobargeldbestand ist der Unternehmenswert geringer als die Anschaffungskosten der Beteiligungen. Wie der heutige Tag zeigt, müssen Investoren bei Rocket Internet in den Zeiten bis zum nächsten Verkauf oder Börsengang einer Beteiligung mit erheblichen Kursschwankungen klar kommen. Wir bleiben daher bei unserer Kaufempfehlung, raten aber die Aktie weiter genau zu bebachten. Denn die Abschreibung zeigt auch, dass gewinntächtige Firmenverkäufe keine Selbstverständlichkeit sind. Kursziel: 25,00 Euro Stoppkurs: 14,90 Euro