Die Rally am US-Aktienmarkt hat am Dienstag Ermüdungserscheinungen gezeigt. Trotz einer weiteren, deutlichen Ölpreiserholung retteten die Standardwerte-Indizes nur einen Teil ihrer Gewinne ins Ziel. Dennoch erreichten Dow Jones Industrial (Dow Jones) und S&P 500 den höchsten Schlusskurs in diesem Jahr. Die Technologiebörse Nasdaq litt derweil unter enttäuschenden Geschäftsberichten und der Schwäche einiger Schwergewichte.

Der stark gestartete Dow Jones rutschte kurzzeitig in die Verlustzone, berappelte sich dann aber wieder. Zum Handelsende behauptete der US-Leitindex ein Plus von 0,27 Prozent auf 18 053,60 Punkte - damit blieb er klar über der Marke von 18 000 Punkten, die er zu Wochenbeginn erstmals seit Juli 2015 überwunden hatte.

Ähnlich entwickelte sich der marktbreite S&P-500-Index (S&P 500), der 0,31 Prozent höher bei 2100,80 Punkten schloss. Der technologielastige Auswahlindex NASDAQ 100 verlor hingegen 0,62 Prozent auf 4540,96 Punkte.

WEITERE ÖLPREISERHOLUNG STÜTZT DIE KURSE

Zum Wochenstart hatten die Ölpreise erst heftig unter der gescheiterten Einigung der Förderländer auf Produktionskürzungen gelitten, dann aber einen Großteil ihrer Verluste wieder wettgemacht. Am Dienstag ging die Erholung weiter, was Händler auch mit dem anhaltenden Streik von Ölarbeitern in Kuwait begründeten - dieser mindere die Produktion deutlich. Die Notierungen für den Rohstoff gelten vielen Marktteilnehmern als wichtiger Konjunkturindikator.

Schwach fielen indes Daten vom US-Immobilienmarkt aus: Die Zahl der Baugenehmigungen war im März überraschend zurückgegangen. Die Zahl der Baubeginne war zudem deutlich stärker gesunken als Experten vorhergesagt hatten.

Die Daten seien enttäuschend und schürten keine Erwartungen steigender Zinsen, kommentierte Ulrich Wortberg, Analyst bei der Landesbank-Hessen-Thüringen (Helaba). Zuletzt hatten schon die Chefs der regionalen US-Notenbanken von Chicago und New York vor einer zu schnellen weiteren Anhebung der Zinsen gewarnt. Eine lockere Geldpolitik begünstigt Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren.

NETFLIX-AUSBLICK ENTTÄUSCHT

Aus der Flut von Geschäftsberichten stachen vor allem die negativ aufgenommenen Aussagen einiger Technologiefirmen heraus. Die Aktien von Netflix brachen um knapp 13 Prozent ein. Die schlagartige globale Expansion bescherte dem Online-Videodienst nur für kurze Zeit ein beschleunigtes Wachstum der Nutzerzahlen. Die zaghafte Prognose für das Nutzerwachstum im laufenden Quartal außerhalb der USA sei indes "noch vorsichtiger ausgefallen als gedacht", schrieb Nomura-Analyst Anthony DiClemente.

Abgeschlagenes Schlusslicht im Nasdaq 100 waren aber die Titel des Gentechnik-Geräteherstellers Illumina, die wegen enttäuschender Umsätze zum Jahresauftakt knapp ein Viertel ihres Werts einbüßten. Zudem belastete die Schwäche der Index-Schwergewichte Google (Google (A)), Amazon (Amazoncom) und eBay. Die Ebay-Titel wurden von negativen Äußerungen eines Experten der US-Investmentbank Morgan Stanley belastet: Analyst Brian Nowak hatte sie abgestuft und traut ihnen im Branchenvergleich nur noch eine unterdurchschnittliche Gesamtrendite zu.

Wenig Grund zur Freude hatten auch die Anteilseigner des Computerkonzerns IBM : Nachdem sich der jahrelange Umsatzrückgang auch im ersten Quartal 2016 fortgesetzt hatte und der Gewinn ebenfalls zurückgegangen war, büßten die Aktien am Dow-Ende 5,59 Prozent ein.

GOLDMAN SACHS PROFITIERT VON ZAHLEN

Dagegen eroberte Goldman Sachs mit einem Kursplus von 2,28 Prozent den ersten Platz im Leitindex. Die Investmentbank hatte zu Jahresbeginn zwar ebenso wie die meisten Konkurrenten unter den Turbulenzen auf den Kapitalmärkten zu Jahresbeginn gelitten und mit der Ertragsentwicklung enttäuscht. Doch das Ergebnis je Aktie überraschte die meisten Analysten dank deutlicher Kosteneinsparungen positiv.

Beim Pharma- und Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson (JohnsonJohnson) sorgten ein gutes erstes Quartal und angehobene Jahresziele für einen Kursgewinn von 1,58 Prozent. Das Unternehmen hatte dank eines starken Medikamentengeschäfts in die Wachstumsspur zurückgefunden.

Der größte US-Krankenversicherer UnitedHealth (UnitedHealth Group) hatte trotz verlustreicher Geschäfte bei Obamacare-Verträgen einen Gewinnanstieg geschafft und rechnet nun ebenfalls mit einem höheren Jahresgewinn als zuvor. Entsprechend ging es für die Aktien um 2,10 Prozent bergauf.

INTEL UND YAHOO LEGEN NACHBÖRSLICH ZAHLEN VOR

Nach dem Handelsschluss legten der weltgrößte Chiphersteller Intel und Internet-Urgestein Yahoo ihre Geschäftsberichte vor.

Der Eurokurs profitierte von den enttäuschenden US-Baudaten sowie den überraschend optimistischen ZEW-Konjunkturerwartungen von Finanzexperten für Deutschland: Er kletterte auf 1,1362 Dollar. Richtungweisende zehnjährige US-Staatsanleihen sanken um 5/32 Punkte auf 98 17/32 Punkte und rentierten mit 1,79 Prozent./gl/he

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---