Anleger hatten in den vergangenen Wochen befürchtet, dass die Politik von Versorgern höhere Rückstellungen für den Abriss von Atommeilern und die dauerhafte sichere Lagerung ihres Atommülls fordert. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte die Ängste am Wochenende aber vom Tisch gewischt: "Die Unternehmen sind in der Lage, die Kosten des Kernenergieausstiegs zu tragen." Wirtschaftsprüfer hatten untersucht, ob die Rücklagen der Energieriesen ausreichen

Die zuletzt schwer von der Energiewende gebeutelten Konzerne RWE und E.ON hätten nun "eine Sorge weniger", bilanzierten Analysten der Societe Generale. "Wir haben nun eine positivere Sicht auf E.ON", schrieben Equinet-Experten - und stuften die Aktien des Düsseldorfer Unternehmens herauf. Analysten der Deutschen Bank hoben ihre Preisziele für die beiden Versorger an. Die Experten der Societe Generale betonten jedoch auch, die Untersuchungen im Rahmen des Stresstests seien kein Freibrief für die Versorger, einige Szenarien zeigten auch Probleme auf. Entscheidend seien aber die politischen Schlussfolgerungen - das Wirtschaftsministerium habe herausgestellt, dass aus seiner Sicht die Rückstellungen ausreichend seien.

"Mit diesen Feststellungen haben Spekulationen über einen etwaigen Bedarf für höhere Rückstellungen in den Bilanzen keine sachliche Grundlage", betonten die vier großen Energieriesen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall. An der Bilanzierungspraxis der deutschen Versorger ändere sich nichts.

Die Bundesregierung hatte den Stresstest bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth&Klein Grant Thornton in Auftrag gegeben. Hintergrund ist, dass der Bund sicher stellen will, dass kein Steuergeld für die Atom-Altlasten aufgebracht werden muss. Die Versorger sind wegen der Energiewende mit der wachsenden Konkurrenz des Ökostroms und fallenden Strompreisen an den Börsen unter Druck.

Die Gutachter hatten insgesamt sechs Szenarien berechnet, um zu prüfen, ob die Konzerne die Aufgabe ohne Staatshilfe schaffen. Dabei waren zwei Faktoren entscheidend: Zum einen die angenommene Verzinsung der Rückstellungen, zum anderen die Kosten der Entsorgung. So führte die Extrem-Rechnung von dauerhaft niedriger Verzinsung von zwei Prozent in Kombination mit Preissteigerungen von über drei Prozent zu einem nötigen Rückstellungsbetrag von 77 Milliarden Euro, also 39 Milliarden mehr als vorhanden. Das Gutachten geht aber davon aus, dass die Konzerne genügend Substanz haben, die Lücke mit ihrem Vermögen zu schließen.

Reuters