Die milliardenschwere Übernahmeschlacht auf dem Immobilienmarkt geht in die Verlängerung: Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia konnte bislang nicht genug Aktionäre der kleineren Rivalin Deutsche Wohnen von einem Zusammengehen der Unternehmen überzeugen. Nun senken die Bochumer die Annahmequote deutlich und geben den Investoren noch zwei weitere Wochen Zeit, sich zu entscheiden. Vonovia bezeichnete den Schritt als Vorsichtsmaßnahme, um den Deal im derzeit unberechenbaren Markt durchzuboxen.

Nach Ansicht von Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn ist das Manöver aber nur dazu gedacht, die Fusion gegen den Willen der Mehrheit der Anleger zu erzwingen. "Dieses Angebot ist und bleibt wertzerstörend für alle Aktionäre der Deutsche Wohnen", erklärte der Berliner Konzern. Der Vorstand will seine wichtigsten Investoren jetzt noch einmal gezielt ansprechen, um für eine Zukunft in Eigenständigkeit zu werben.

Die Anleger reagierten am Dienstag verunsichert. Mit einem Minus von mehr als zwei Prozent zählte die Vonovia-Aktie am Vormittag zu den größten Verlierern im Dax. Deutsche Wohnen büßte im Nebenwerteindex MDax fast genauso viel ein. Der Übernahmepoker zieht sich bereits seit Oktober hin. Inklusive Schulden ist der Deal 14 Milliarden Euro wert. Käme er zustande, wäre es der größte, den es je auf dem deutschen Immobilienmarkt gegeben hat. Entstehen würde ein Konzern, der bundesweit rund eine halbe Million Wohnungen verwaltet und die Konkurrenz weit hinter sich lässt.

Dass es ein knappes Rennen wird, hatte sich bereits abgezeichnet. Am Montagabend, einen Tag vor Auslaufen der ursprünglichen Annahmefrist, gab Vonovia dann überraschend die veränderten Angebotsbedingungen bekannt. Hauptargument: Inzwischen könne man sicher sein, dass genug Inhaber von Wandelanleihen - die zwischen zwölf und 14 Prozent des Deutsche-Wohnen-Kapitals halten - die Offerte annähmen. Etliche von ihnen dürften sich aber erst mit Erreichen der Mindestannahmeschwelle verbindlich festlegen. Daher sei es sinnvoll, die Quote auf rund 44 Prozent von bislang 50 Prozent der Aktien zu senken. Denn es sei trotzdem sichergestellt, dass Vonovia am Ende die angestrebte Mehrheit an Deutsche Wohnen erreiche, erläuterte Vonovia-Finanzchef Stefan Kirsten. Ziel bleibe es, jährliche Synergien von 84 Millionen Euro zu heben.

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WER HAT DEN SCHWARZEN PETER?



Aktuell liegt die Annahmequote bei knapp 22,5 Prozent, davon entfallen gut vier Prozent auf eigene Aktienkäufe von Vonovia am Markt. "Wir sind sicher, dass die Vonovia in den vergangenen Tagen die gleiche Visibilität wie wir hatte", sagte Deutsche-Wohnen-Chef Zahn. "Daher kann sie die Annahmeschwelle nur abgesenkt haben, um das sofortige Scheitern des Angebots zu verhindern." Im Vonovia-Umfeld hieß es, man habe einen zweiten Fall Celesio verhindern wollen. Der Pharmagroßhändler wurde Anfang 2014 zwar vom US-Rivalen McKesson geschluckt. Aber dem gingen auch harte Verhandlungen mit Inhabern von Wandelanleihen voraus, die den Deal mit ihren hohen Preisvorstellungen beinahe torpediert hätten.

Auch Indexfonds und große Publikumsfonds, die ihren Cash-Bestand auf Tagesbasis managen, legen sich bei großen Transaktionen in der Regel erst sehr spät fest. Das muss aber nicht so sein. Ein Großinvestor, der sowohl bei Vonovia als auch bei Deutsche Wohnen zu den Top-10-Aktionären zählt, zeigte sich denn auch erstaunt, den Schwarzen Peter zugeschoben zu bekommen. "Wir haben uns sehr früh festgelegt und für die Fusion gestimmt. Andere hätten das genauso machen können, wenn sie gewollt hätten."

Aus Finanzkreisen verlautete zuletzt, in den Gesprächen mit den Anlegern habe der Preis - die Prämie liegt bei sieben Prozent - nicht unbedingt die Hauptrolle gespielt. Für viele Profi-Investoren gehe es eher um eine Grundsatzfrage: Wollen sie einen einzigen Branchenriesen auf dem deutschen Markt oder weiterhin die Wahl haben zwischen zwei börsennotierten Wohnungskonzernen mit unterschiedlichem Investitionsschwerpunkt? Die Antwort gibt es in spätestens zwei Wochen.

Reuters