Der Poker um ein neues Hilfsprogramm für Griechenland dürfte in der neuen Woche über Wohl und Wehe des deutschen Aktienmarkts entscheiden. Anleger könnten laut Börsianern die Unsicherheit über die finanzielle Zukunft Griechenlands zum Anlass nehmen, Gewinne mitzunehmen. "Seit der Ankündigung weiterer Geldspritzen der EZB hat der Dax schließlich einen großen Schluck aus der Pulle genommen," sagt Wolfgang Duwe, Stratege bei der Bremer Landesbank. In der Spitze kletterte der deutsche Leitindex seit Ende Januar um 6,7 Prozent auf ein Rekordhoch von 10.984,69 Punkten.
Die neue griechische Regierung gerät langsam in Zeitnot: Das zweite Hilfsprogramm läuft Ende des Monats aus und ohne eine Anschlussvereinbarung droht eine Staatspleite. Regierungschef Alexis Tsipras lehnt jedoch große Teile der Reformauflagen der europäischen Partner ab. Ob ein Kompromiss im Schuldenstreit möglich ist, könnten die anstehenden Treffen der Euro-Finanzminister (Mittwoch) und der informelle EU-Gipfel (Donnerstag) zeigen.
Auf Seite 2: DREHT DIE EZB DEN GELDHAHN FÜR GRIECHISCHE BANKEN ZU?
DREHT DIE EZB DEN GELDHAHN FÜR GRIECHISCHE BANKEN ZU?
Wieviel Zeit Athen für die Einigung auf ein neues Programm bleibe, bestimme letztlich die EZB, schreibt Commerzbank-Analyst Christoph Weil. Die EZB hatte zuletzt überraschend Sonderregelungen für griechische Banken gekippt, nach denen die Institute bei ihr Staatsanleihen mit Ramschbonität als Pfand hinterlegen konnten. Dadurch müssen die Geldhäuser bei Bedarf auf Notfall-Hilfen der heimischen Notenbank zurückgreifen. Insidern zufolge räumte die EZB der Notenbank in Athen einen Spielraum von 60 Milliarden Euro für Not-Liquiditätshilfen (ELA) an griechische Geldhäuser ein. Die Bank-Aktien des Landes erlebten in der vergangenen Woche ein heftiges Auf und Ab, der entsprechende Index büßte seit Jahresbeginn 23 Prozent an Wert ein.
Neben Griechenland dürfte jedoch auch die Entwicklung in der Ukraine im Fokus stehen. Zuletzt waren die Kämpfe zwischen Armee und prorussischen Separatisten immer heftiger und verlustreicher geworden. Aus Furcht vor einer Pleite der Ukraine flohen Anleger in Scharen aus der Währung des Landes, weil die ukrainische Notenbank wegen schwindender Devisenreserven ihren Kampf gegen die Abwertung der eigenen Währung weitgehend aufgegeben hat.
Auf Seite 3: ZAHLREICHE UNTERNEHMEN LASSEN SICH IN IHRE BÜCHER SCHAUEN
ZAHLREICHE UNTERNEHMEN LASSEN SICH IN IHRE BÜCHER SCHAUEN
Für Bewegung unter den Einzelwerten sollten vor allem die anstehenden Bilanzen zahlreicher Unternehmen sorgen. Aus dem Dax legt unter anderem die Commerzbank (Donnerstag) ihre Zahlen vor. Die schnellen Fortschritte in der konzerneigenen "Bad Bank" verliehen dem Finanzinstitut im vergangenen Jahr von Quartal zu Quartal mehr Rückenwind. Der Nivea-Hersteller Beiersdorf und ThyssenKrupp lassen sich am Freitag in die Bücher schauen. In der zweiten und dritten Reihe geht es ebenfalls munter zu: Unter anderem TUI, der Handelskonzern Metro, der Roboterbauer Kuka und der Ingenieurdienstleister Bilfinger geben Einblick in ihr Zahlenwerk.
In den USA dürften die Einzelhandelsumsätze (Donnerstag) und das Verbrauchervertrauen (Freitag) die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der private Konsum gilt als entscheidender Treiber für die US-Wirtschaft. Sollte sich die Konjunktur nachhaltig erholen, wird eine baldige Zinserhöhung der Notenbank Fed wahrscheinlicher. Investoren fürchten, dass mit dem nahenden Ende der Nullzinspolitik ein wichtiger Impulsgeber fehlen wird, der die Märkte jahrelang befeuert hat. In der vergangenen Woche legte der Dow-Jones-Index (bis Donnerstag) mehr als vier Prozent zu. Der Dax gewann 1,4 Prozent auf 10.847 Zähler.
Anders als in den USA dürften die Zinsen in der Euro-Zone noch auf absehbare Zeit ultraniedrig bleiben. Nach Einschätzung der Commerzbank dürfte die Wirtschaft im Euro-Raum im Schlussquartal 2014 mit 0,2 Prozent ähnlich schwach zugelegt haben wie im dritten Quartal. Die Daten werden am Freitag veröffentlicht.
Reuters