Die Aktienmärkte sind für viele Anleger unerwartet holprig ins neue Jahr gestartet. Prognostizierten viele Experten zum Jahreswechsel ein weiterhin freundliches Aktienumfeld, scheint der Optimismus jetzt einer stärkeren Nervosität gewichen zu sein. Die Furcht vor einer Abkühlung der Weltwirtschaft, einer anziehenden US-Geldpolitik oder politischen Risiken wie die Eskalation der Ukraine-Krise rückt dabei stärker ins Bewusstsein der Anleger.
Doch auch wenn sich an den Börsen höhere Volatilitäten abzeichnen, gibt es im aktuellen Niedrigzinsumfeld kaum Alternativen zu Aktien. Wie in den vergangenen beiden Jahren werden besonders für die etablierten Aktienmärkte - und hier vor allem europäische Aktien - die besten Kurschancen gesehen. Da viele Titel 2013 schon gute Wertentwicklungen aufgewiesen haben, sind heute ein selektives Vorgehen und das Abfedern von Verlustrisiken das Gebot der Stunde.
Doch was heißt selektiveres Vorgehen im Einzelnen? Und kann man überhaupt stärker am Aufwärts- als am Abwärtstrend der Börsen partizipieren? Genau hier setzen Minimum-Varianz-Fonds an, indem sie das Risikomanagement ins Zentrum der Anlageentscheidung stellen und es nicht, wie bei klassischen Fonds, nachgelagert durchführen. Im Kern haben die Fondsmanager die Frage zu beantworten, welche Renditequellen aktuell im Fokus stehen - zum Beispiel Value oder Growth, Small oder Large Caps, bestimmte Länder und Branchen -, um gezielt Risikoprämien abzuschöpfen.
Durch die Risikofokussierung ist es möglich, am Aufwärtstrend zu partizipieren und die Schwankungsanfälligkeit um rund 25 bis 30 Prozent zu reduzieren. Minimum-Varianz-Fonds sind also eine Alternative zu klassischen Stock-Picking-Fonds, die bei steigenden Börsenkursen eine ähnliche Entwicklung aufweisen wie vergleichbare Märkte, das Volatilitäts-Exposure jedoch deutlich senken können. Das strikte Risiko-Monitoring und die Fundamentalanalyse der infrage kommenden Qualitätsaktien sind dabei die wesentlichen Werttreiber der Portfoliokonstruktion. Auf den ersten Blick widerspricht der Ansatz von Minimum-Varianz- Strategien der klassischen Kapitalmarkttheorie, wonach Anleger von risikoreicheren Investments durch höhere Renditen entschädigt werden müssten. In der Praxis beobachten wir jedoch bereits seit Langem die sogenannte Anomalie niedriger Volatilitäten. Das heißt, dass Anleger gerade in Phasen nervöser Börsen nicht - wie theoretisch zu erwarten wäre - mit höheren Renditen entschädigt werden.
Minimum-Varianz-Fonds sind aber nicht einfach Portfolios mit den schwankungsärmsten Aktien. Ausgangspunkt der Titelauswahl ist die Konzentration auf Qualitätsaktien durch eine Fundamentalanalyse. Im Fokus stehen hier unter anderem die Margenstärke, die Erwirtschaftung von Cashflows sowie die Finanzierungssituation. Anschließend wird der Minimum-Varianz-Prozess auf das gefilterte Anlageuniversum angewendet. Mithilfe eines Optimierungsinstruments werden die einzelnen Aktien hinsichtlich Volatilität und Korrelation gewichtet, um die Varianz des Portfolios zu minimieren. Danach ermittelt das Fondsmanagement mögliche Risikoakkumulationen und reduziert unerwünschte Branchen-, Länder und Stil-Exposures. Das Ergebnis ist ein im Vergleich zu klassischen Fonds und Indizes meist deutlich breiter diversifiziertes Portfolio. Dabei werden sowohl die Risikobudgets für Länder-, Branchen- und Stilrisiken (Value/Growth, Momentum, Small Cap, Dividendenrendite) äußerst differenziert gesteuert als auch deren Korrelationen berücksichtigt. Amundi hat fünf Anlagestrategien für schwierige Marktphasen entwickelt, zu denen auch die Minimum-Varianz-Fonds zählen. Aktuell werden ein europäischer, ein globaler und ein auf Schwellenländer ausgerichteter Minimum-Varianz-Fonds gemanagt.
Melchior Déchelette
Déchelette ist Head of Equity Total Return Management bei Amundi und zuständig für Minimum-Varianz- sowie Optimum- Diversifikationsstrategien, die er zusammen mit seinem Team 2007 lanciert hat. Er hat Finance an der Université Paris IX Dauphine abgeschlossen. Mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 750 Milliarden Euro ist Amundi der größte Vermögensverwalter in Europa und die Nummer 9 weltweit.