"China-Crash und DAX-Fehlstart: Was Aktienanleger nun tun sollten", lautete die Überschrift zu meiner letzten Analyse des allgemeinen Börsenklimas vor zwei Wochen. Damals war das Fazit, dass die hier verwendeten Analyse-Modelle keinen Anlass geben, in besonderem Maße optimistisch zu sein. Anleger sollten mit Käufen warten, bis vom Aktienklima-Indikator ein eindeutiges Signal für den Beginn einer Haussephase gegeben wird.
Seit dieser Einschätzung stiegen die Kurse 50 internationaler Börsenindizes im Durchschnitt zwar um 1,2 Prozent. Insgesamt wird das Minus für den Januar jedoch bei etwa 7,0 Prozent weltweit liegen! Damit bildet dieses Jahr der Monat Januar, der statistisch gesehen normalerweise ein guter Börsenmonat ist, den schwächsten Jahresauftakt seit Januar 2008 (-11,2%). Damals verlor der DAX übrigens im Gesamtjahr 2008 (Stichwort: US-Immobilienkrise) insgesamt 40 Prozent an Wert und bis zum April 2009 sogar zeitweise über 55 Prozent! Ist dieser schwache Jahresauftakt also wieder ein schlechtes Omen für die vor uns liegenden Monate?
Wie schlecht sich die Kursentwicklung rund um den Globus darstellt, erkennen Sie auch daran, dass es von den hier regelmäßig untersuchten 50 internationalen Indizes im Januar nur zwei Indizes geschafft haben, ein Plus vorzuweisen: der türkische ISE National 100-Index der Börse Istanbul (+1,0%) und der Jakarta SE Composite Index (+0,2%). Für die deutschen Aktienindizes sieht dhttps://www.boerse-online.de/aktien/index/DAX">DAX (-10,3%), TecDAX (-10,3%), MDAX (-8,5%) und SDAX (-9,1%).
Aktienklima-Indikator über 2½ Jahre
Der Aktienklima-Indikator hat sich seit der letzten Analyse am 04. Januar weiter verschlechtert (Bild 1). Kämpfte er zu Jahresbeginn noch mit seinem gleitenden Durchschnitt (blaue Linie) knapp unterhalb des Schwellenwertes (1,0), so fiel das allgemeine Momentum (Schwungkraft) als Durchschnitt 50 internationaler Börsenindizes inzwischen dramatisch ab. Der Indikator verläuft unterhalb seines Schwellenwertes und unter seinem ebenso fallenden Durchschnitt. Dies kennzeichnet das Stadium einer allgemeinen Baisse an den Börsen. Aktienanlagen sind in solchen Börsenphasen einem erhöhten Risiko ausgesetzt.
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Kugeldiagramm: Aktuelles Verhältnis bullisher und bearisher Kräfte
Das von mir entwickelte Kugeldiagramm zur Darstellung der Kräfteverhältnisse in einigen ausgewählten Indizes hat den Vorteil, dass es Ihnen auf einen Blick zeigt, wie sich derzeit der Einfluss von Bullen und Bären auf kurz- und mittelfristige Sicht in einigen für uns interessanten Indizes darstellt (Bild 2). So erkennen Sie, dass sich in den aufgeführten Märkten die darin enthaltenen Aktien mehrheitlich in abwärts gerichteten Trends befinden (Ausnahme: SMI Schweiz). Dies trifft insbesondere für den österreichischen ATX zu. Im Durchschnitt liegt das Verhältnis von Bullen und Bären bei etwa 45:55.
Trendbarometer Internationale Indizes
Das Trendbarometer zeigt Ihnen, wie sich aktuell die Trendphasen im Durchschnitt der internationalen Indizes auf unterschiedlichen Zeitebenen darstellen (Bild 3). Sofort fällt auf, dass drei der vier "Nadeln" im rechten, bearishen Bereich liegen. Nur die sehr reagible, rote "Kurzfrist-Nadel" kommt auf eine Benotung von "gut-". Durch die allgemeine Schwäche im Januar zeigt insbesondere die orangefarbene Nadel, die den mittelfristigen Trend an den Börsen bewertet, einen äußerst schlechten Wert: "mangelhaft-". In diesen Bewertungsbereich ist zum Ende des ersten Börsenmonats im neuen Jahr auch die (blaue) Langfrist-Nadel zurück gefallen. Sie hat sich gegenüber dem Vormonat um eine ganze Note (von 4,2 auf 5,2) verschlechtert. Insgesamt kommen wir bei der Gesamtbewertung über ein schwaches "Ausreichend" derzeit nicht hinaus (grüne Nadel). Auch diese Bewertung der Trendphasen lädt nicht zu großen Börsenengagements ein.
Auf Seite 3: Verhältnis bullisher u. bearisher Indikatoren bei internationalen Indizes
Verhältnis bullisher u. bearisher Indikatoren bei internationalen Indizes
Auf Anleger, die sich fragen, ob sie in diese Märkte einsteigen sollten, wird die folgende Grafik möglicherweise ernüchternd wirken (Bild 4). Nur im sehr kurzfristigen Bereich überwiegen die bullishen Kräfte (s. Blau-Anteile im Balken links außen). In allen anderen Zeitfenstern ist ein sehr deutliches Übergewicht der Bären zu erkennen. Skeptisch stimmt auch, dass sich dieses Übergewicht bis in den Bereich der Langfrist-Indikatoren (s. auch 200-Tage-Linie) nahtlos fortsetzt. So fallen derzeit in 90 Prozent(!) aller hier untersuchten Indizes die jeweiligen 200-Tage-Linien! Für einen Trendfolger ist der Trend an den Märkten also nicht in Ordnung.
Änderung steigender und fallender Kurse 07/2015 - 01/2016
Die Anzahl der steigenden und fallenden Aktienkurse weltweit ist seit Anfang Dezember letzten Jahres mit einer minimalen Unterbrechung am Jahresende durchweg negativ (Bild 5). Die rote Linie, die die Anzahl der fallenden Kurse widerspiegelt, dominiert die letzten Wochen und die Schere zwischen steigenden und fallenden Kursen hat sich im neuen Jahr noch einmal deutlich ausgeweitet. So lange sich dieses Verhältnis so darstellt wie in der Grafik ersichtlich, ist das Risiko mit Aktienengagements tendenziell Verluste zu erleiden größer, als die Chance, Gewinne einzufahren.
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Tendenzverteilung dt. Aktien in den Hauptindizes
Werfen wir abschließend noch einen Blick auf die derzeitige Tendenzverteilung auf kurz-, mittel- und langfristige Sicht in den vier wichtigsten deutschen Indizes (Bild 6). Im sehr kurzfristigen Bereich sehen wir einen Überhang der bullishen Kräfte. Dies zeigte uns auch schon das Trendbarometer in Abbildung 3 für die internationalen Indizes. Dafür ist im Bereich des mittelfristigen Trends in allen vier Indizes ein klarer Überhang der bearishen Kräfte erkennbar. In der langfristigen Betrachtung ist die Trendausprägung unterschiedlich zu bewerten. Insgesamt bietet sich auf den unterschiedlichen Zeitebenen aber kein einheitliches Bild.
Fazit
Alle hier vorgestellten Modelle beruhen auf Mitteln der technischen Analyse. Dabei werden verschiedene Methoden angewandt, um zu einem Gesamteindruck über die derzeitige Verfassung der internationalen Aktienmärkte zu gelangen. Dieser Gesamteindruck soll als Grundlage für eine Entscheidung dienen, ob eine Investition in Aktien auf aktueller Basis mit einer größeren Chance oder mit einem größeren Risiko behaftet ist.
Alle Methoden zeigen auf, dass auf Basis der jüngsten Daten (28.01.) das aktuelle internationale Aktienklima als schlecht einzustufen ist. Eine generelle Erholung kann nicht ausgemacht werden. Anleger, die sich eher trendfolgend orientieren, halten sich deshalb weiterhin zurück und bleiben liquide, bis sie in einem besseren Umfeld mit einem günstigeren Chance/Risiko-Verhältnis wieder einsteigen können.
Mehr Informationen zur Strategie von Ralf Goerke und einem ausführlichen Video zu den hier gezeigten Grafiken sowie seinem wöchentlich aktualisierten Trendbarometer finden Sie auf seiner Website unter: www.momentumstrategie.de.
Ralf Goerke beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit technischer Analyse und ist Autor des wöchentlich erscheinenden Börsenbriefs "MomentumInvestor" und des Buches "Zur richtigen Zeit im richtigen Markt".