Die düstere Stimmung angesichts der Turbulenzen an Chinas Börsen und den Ölmärkten hat Europas Aktienkursen auch am Donnerstag schwer zugesetzt. Der Dax brach um bis zu 3,5 Prozent auf ein Drei-Monats-Tief von 9614 Zählern ein, der EuroStoxx50 verlor 3,3 Prozent auf ein 13-Monats-Tief von 2972 Punkten. Dabei standen vor allem die Autowerte massiv unter Druck. Grund dafür waren Ermittlungen der französischen Behörden bei Renault im Zuge des VW-Abgasskandals. Die Renault-Aktien stürtzten in der Spitze um fast 23 Prozent ab. Nach dem ersten Schock beruhigten sich die Märkte. Dax, EuroStoxx und die Autowerte grenzten die Verluste etwas ein.

Doch Börsianer zeigten Nerven: "So eine Nachricht hat uns gerade noch gefehlt", sagte ein Händler. Ein von der Regierung nach dem VW-Abgasskandal eingesetzter Ausschuss habe im Rahmen seiner Untersuchungen Teile und Werke geprüft, teilte Renault mit. Die bisherigen Tests hätten keine Hinweise auf manipulierte Abgaswerte ergeben. Die Aktien halbierten danach an der Pariser Börse ihre Verluste.

Die übrigen Autowerte grenzten ihre Verluste etwas ein, blieben aber massiv unter Druck. "Jeder fragt sich, wer der nächste ist", sagte ein Händler. Erstaunlich sei nur, dass es so lange gedauert habe, bis ein weiterer Autobauer ins Visier der Behörden geraten sei. VW hatte im September die Manipulation von Diesel-Abgaswerten eingestanden. VW, Daimler und BMW brachen je um rund sechs Prozent ein. Peugeot verloren bis zu 9,6 Prozent.

WÄHRUNGSHÜTER DÄMPFEN SPEKULATIONEN AUF NEUE EZB-GELDSPRITZE



Neben dem Kursrutsch bei den Autowerten belastete ein Reuters-Exklusivbericht die Kurse. Danach stehen EZB-Topbanker einer baldigen weiteren Lockerung der Geldpolitik skeptisch gegenüber. Für erneute geldpolitische Schritte zu Jahresbeginn gebe es momentan keine zwingenden Gründe, erklärten hochrangige Währungshüter der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist eine kalte Dusche", sagte Marco Vailati, Chef-Analyst der italienischen Bank Cassa Lombarda. Die EZB hatte ihr Anleihekaufprogramm erst im Dezember verlängert, um die drohende Deflation, eine Spirale fallender Preise und rückläufiger Investitionen, abzuwenden.

Als Reaktion auf den Reuters-Bericht verteuerte sich der Euro zeitweise um rund einen halben US-Cent auf 1,0937 Dollar. Da dadurch Waren europäischer Firmen auf dem Weltmarkt unattraktiver werden, belastete der höhere Kurs die Aktienmärkte ebenfalls.

LEICHTE ERHOLUNG IN NEW YORK ERWARTET - ÖLPREISE IM FOKUS



Mit Spannung blickten die Börsianer nun über den Atlantik, wo am Mittwochabend der sich beschleunigende Verfall der Ölpreise die Wall Street ins Wanken gebracht hatte. Nach Kursverlusten von je mehr als zwei Prozent im Dow-Jones - und S&P500 -Index signalisierten die US-Futures zunächst eine leichte Erholung.

Doch dürfte wie an den Vortagen vieles von den Ölpreisen abhängen. Das richtungsweisende Nordseeöl der Sorte Brent war am Vorabend erstmals seit 2004 unter 30 Dollar gefallen und erreichte am Morgen mit 29,73 Dollar je Fass (159 Liter) den niedrigsten Stand seit Februar 2004. Schon am Dienstag war der Preis des US-Leichtöls WTI ebenfalls erstmals seit rund zwölf Jahren unter diese psychologisch wichtige Marke gerutscht. Grund für den Preisverfall ist das weiterhin hohe Überangebot an Öl bei einer Konjunkturbedingt schwächelnden Nachfrage.

Reuters