Die Attacken sogenannter aktivistischer Aktionäre könnten nach einer vergleichsweise ruhigen Phase wieder zunehmen. Die Investmentbank JP Morgan erwartet im zweiten Halbjahr eine deutliche Zunahme. "Wir werden in Europa in der zweiten Jahreshälfte eine ganze Reihe prominenter Fälle sehen", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den Co-Chef des weltweiten Fusionsberatungsgeschäfts von JP Morgan, Dirk Albersmeier. Die skandalgebeutelte Schweizer Großbank Credit Suisse gilt unter anderem als mögliches Angriffsziel.
Zuletzt hat die Greensill-Affäre den Aktienkurs einbrechen lassen. Die Bank steht derzeit ohne Strategie da. Der neue Konzernchef Antonio Horta-Osorio geht in die Offensive - nicht zuletzt aus Sorge vor Aktivisten. "Wir befinden uns in der Anfangsphase einer strategischen Neupositionierung", sagte er der "Neuen Zürcher Zeitung". Kurzfristig müssten die Probleme der Bank gelöst, langfristig die Richtung bestimmt werden. Spekuliert wird über den Verkauf des Asset Managements oder Einschnitte im Investmentbanking.
Angriffe mit ernsten Folgen
In so mancher Führungsetage herrscht das große Zittern. Prominente Beispiele für Aktivistenattacken in Deutschland waren zuletzt unter anderem der Immobilienfinanzierer Aareal Bank und der Leasingkonzern Grenke, der zum Ziel von sogenannten Leerverkäufern wurde - einer speziellen Variante der Aktivisten.
Bei der Aareal Bank forderte der aktivistische Londoner Hedgefonds Petrus Advisers mehr Rendite, eine Abspaltung der lukrativen Softwaretochter Aareon und eine neue Führung. Das hatte Folgen: Mit Jochen Klösges tritt im September ein Nachfolger für den erkrankten und ausgeschiedenen Aareal-Chef Hermann Merkens an. "Klösges beherrscht auch heikle Restrukturierungen und kann schwierige Entscheidungen treffen", sagte Petrus-Manager Till Hufnagel zur €uro am Sonntag. Klösges soll nun die Bank auch im Sinne des Aktivisten Petrus umbauen. Bei Grenke wiederum überzog der britische Leerverkäufer Fraser Perring das Unternehmen mit Betrugsvorwürfen. Der Kurs brach ein, die Aufsicht forderte den Konzern auf, Mängel zu beseitigen, Vorstände und Aufsichtsräte mussten gehen. Inzwischen versucht ein neues Management, das Unternehmen in ruhigere Bahnen zu lenken.
Neu ist, dass sich die aktivistischen Investoren inzwischen auch auf das Thema Nachhaltigkeit fokussieren. Konzerne, die die Nachhaltigkeitskriterien (ESG-Ratings) nicht erfüllen, geraten beim Aktienkurs unter Druck. Auch das macht angreifbar. Experten rechnen damit, dass sich Aktivisten künftig gezielt solche Kandidaten heraussuchen und dann beispielsweise den Verkauf oder die Abspaltung von Bereichen mit sehr negativen ESG-Ratings fordern.