Mit einem blauen Auge davongekommen - so muss sich der Alibaba-Gründer Jack Ma fühlen. Lange hatten Ma und Alibaba-Aktionäre vor der Strafe der chinesischen Behörden gezittert. Umgerechnet 2,8 Milliarden Dollar brummte die Kartellaufsicht der Volksrepublik der größten Onlinehandelsplattform Chinas auf. Das entspricht rund vier Prozent des Jahresumsatzes von 73 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr zum Ende März 2020, Chinas Gesetz sieht ein Höchstmaß von zehn Prozent vor. Die Aktie sprang an der Wall Street um rund neun Prozent nach oben, ein Tagesanstieg, wie es ihn seit vier Jahren nicht mehr gab.
Anfang November war ein Konflikt zwischen Mas Imperium und Chinas Regierung mit der Absage des Börsengang der Fintech-Tochter Ant Financial eskaliert. Peking stoppte überraschend den geplanten Rekordbörsengang. Auslöser war wohl eine Rede, in der Ma die zunehmende Regulierung in China gegeißelt hatte. Anschließend blieb der Milliardär wochenlang verschwunden, über Gefängnis und Arbeitslager wurde spekuliert. Die Einigung lässt Investoren aufatmen: Ant Financial - Alibaba hält rund ein Drittel der Anteile - wird als Finanzholding unter Aufsicht der chinesischen Staatsbank gestellt und weitaus strenger reguliert. Ma gibt Einfluss ab, in Jahren gesammelte detaillierte Daten über Kunden der Finanzdienste fließen an die Behörden.
Verbeugung hilft
Auch Alibaba selbst muss sich regelmäßiger überprüfen lassen. Der Konzern gab devote Statements ab, wonach sein Aufstieg "ohne die fundierte Regulierung und die kritische Überwachung durch unsere Verfassungsorgane" nicht möglich gewesen wäre. Die Verbeugung aber hilft, das Geschäft selbst kommt weitgehend ungeschoren davon.
Ma, der seit dem Eklat im Herbst viele Milliarden verlor und vom Reichsten der Volksrepublik zum Drittreichsten abstieg, kann sich mit Chef Daniel Zhang jetzt wieder dem operativen Geschäft widmen. Augenblicklich steht der Ausbau des Lebensmittelhandels oben auf der Agenda. Das Endkundengeschäft im Onlinehandel bedient Tochter Taobao. Der Ableger Taobao Grocery steht laut Berichten chinesischer Medien vor einem großen Investitionsschub. Er könnte dem Platzhirsch im Lieferdienstgeschäft, Meituan, rasch auf die Pelle rücken, so die US-Investmentbank JP Morgan. "Schon im vierten Quartal könnten rund 70 Prozent des Umsatzvolumens von Meituan erreicht werden", so Analyst Alex Yao.
Die Offensive im hart umkämpften Lieferdienst-Segment hat jedoch ihren Preis. Meituan schreibt Verluste. Analyst Yao geht von einem Minus bei Taobao Grocery von umgerechnet drei Milliarden Dollar im laufenden Jahr aus. Langfristig soll sich das Engagement dank der 800 Millionen Kunden von Taobao aber auszahlen.
Von den langfristigen Wachstumsaussichten Alibabas sind auch erwiesenermaßen konservative Investoren überzeugt. Unlängst wurde publik, dass die US-Zeitungsholding Daily Journal Corp., deren Chairman Warren Buffetts langjähriger Partner Charlie Munger ist, im ersten Quartal Alibaba-Aktien im Wert von knapp 40 Millionen Dollar erwarb. Munger, sonst eher bei US-Banken unterwegs, schrieb, dass er die Aktien als Cash-Äquivalente halte. Gewöhnlich nehme man hierfür zwar US-Staatsanleihen, hier sei derzeit aber kaum Rendite zu holen. Nur Aktien mit langfristig guten Perspektiven, so Munger, kämen hierfür infrage.
Potenzial: Chinas größte Onlinehandelsplattform hat große
Wachstumschancen und ist vergleichsweise niedrig bewertet.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 240,00 Euro
Stoppkurs: 170,00 Euro