Um 37 Prozent schießt die Alibaba-Aktie am Mittwoch nach oben - so stark wie noch nie. Zur Wochenmitte erholten sich in Hongkong und China Techwerte wie auch Tencent auf breiter Front. Zuvor hatte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua hatte berichtet, dass der Regierung an einer Stabilisierung der Börsen gelegen sei. Der stellvertretende chinesische Ministerpräsident Liu He regte am Mittwoch marktfreundliche Maßnahmen der Regierung an.
China werde sich bemühen, seine Wirtschaft zu beleben, und Risiken im Immobiliensektor zu entschärfen sowie eine gesunde Entwicklung der internetbasierten Industrie zu fördern, zitierte die Nachrichtenagentur Xinhua Liu auf einer Sitzung des Ausschusses für Finanzstabilität und Entwicklung des Staatsrates. Alle Richtlinien mit erheblichen Auswirkungen auf die Kapitalmärkte sollten im Voraus mit den Finanzverwaltungsabteilungen koordiniert werden, um Stabilität und Konsistenz aufrechtzuerhalten, sagte Liu.
Chinesische Aktien wohl auch weiterhin im Ausland notiert
Zudem sei man daran interessiert, dass chinesische Aktien auch an Börsen außerhalb des Landes notiert seien. Gespräche zwischen chinesischen und US-Regulierungsbehörden über in den USA notierte chinesische Unternehmen hätten Fortschritte gebracht. Die Regulierungsbehörden arbeiteten an konkreten Kooperationsplänen, fügte der Minister an. China hatte die Regeln für Börsengänge heimischer Technologie-Firmen im Ausland zum Jahresbeginn verschärft. Sorgen über einen Ausschluss der am US-Markt gelisteten chinesischen Unternehmen durch die US-Börsenaufsicht SEC hatten in den vergangenen Wochen stark belastet.
"Das ist zumindest für den Moment recht positiv, da Liu einige wichtige Bedenken auf dem Markt angesprochen hat, insbesondere im Hinblick auf das Durchgreifen der Regulierungsbehörden", sagte Ting Lu, Chefökonom für China bei der japanischen Investmentbank Nomura. In Hongkong stieg der Hang-Seng-Index um neun Prozent, der Technologiesektor verbuchte mit einem Plus von 22 Prozent seinen größten Tagesgewinn aller Zeiten. An der Börse Shanghai ging es 3,5 Prozent nach oben.
Alibaba steht schon länger unter dem Druck chinesischer Behörden, die insbesondere im Tech-Sektor mit Reformen durchgreifen, um die Macht von Unternehmen und ihrer Eigentümer zu begrenzen. Die schärfere Regulierung, die mit einem schwächeren Wirtschaftswachstum der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft einherging, dämpfte die Zuwächse und setzte den Aktienkursen von Alibaba, Tencent und Co zu. Alibaba ist im abgelaufenen Quartal so schwach gewachsen wie zuletzt beim Börsengang 2014.
Erst am Dienstag waren die Alibaba-Aktien in New York bis auf gut 73 US-Dollar abgesackt, ein Tief seit dem Frühjahr 2016. Im Vergleich zum Rekordhoch von gut 319 US-Dollar aus dem Oktober 2020 bedeutete das ein Minus von 77 Prozent. Damit war der Börsenwert auf 208 Milliarden Dollar geschrumpft.
Investoren hatten in den vergangenen Monaten vermehrt Gelder aus den asiatischen Aktienmärkten abgezogen. Zu der Liquiditätskrise im Immobiliensektor gesellten sich Sorgen über wieder zunehmende Corona-Zahlen und wirtschaftliche Folgen des Krieges in der Ukraine. Der CSI300 Index, der die Kursentwicklung an den Börsen Shanghai und Shenzhen abbildet, hat seit Jahresbeginn 19 Prozent verloren. Liu warb am Mittwoch für ein langfristiges Investment in chinesische Aktien. Zudem sagte er, der heimische Finanzsektor solle die Realwirtschaft unterstützen. Als Reaktion darauf forderte der Chef der Regulierungsbehörde für Chinas Banken- und Versicherungsbranche, Guo Shuqing, die Geldhäuser auf, die Liquidität zu erhöhen und ein "angemessenes Wachstum" bei neuen Krediten aufrechtzuerhalten. Er ermutigte die Branche, mehr Mittel in Aktien zu investieren. Unterdessen kündigte Chinas Zentralbankgouverneur Yi Gang an, Initiativen in der Geldpolitik zu ergreifen, um die Neukreditvergabe zu erhöhen und die Realwirtschaft zielstrebig zu unterstützen. Das Land rechnet mit einem Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von nur noch 5,5 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte das Bruttoinlandsprodukt um 8,1 Prozent zugelegt, die Regierung hatte mit mindestens sechs Prozent gerechnet.
Alibaba bereitet wohl Massenentlassungen vor
Alibaba reagiert wie auch der WeChat-Eigner Tencent Insidern zufolge mit Massenentlassungen auf die schärfere Regulierung in der Volksrepublik. So könne der Onlinehändler letztlich mehr als 15 Prozent seiner Belegschaft - und damit rund 39.000 Mitarbeiter - vor die Tür setzen, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Erste Stellenstreichungen habe es bereits gegeben. Ende vergangenen Jahres arbeiteten für Alibaba mehr als 250.000 Menschen.
Einschätzung zur Alibaba-Aktie
Trotz der positiven Nachrichten aus China bleiben wir skeptisch. Ein Einstieg drängt sich nicht auf.
dpa-AFX/fh