Der Börsengang wird eine Riesennummer - aber ohne mich. Ich kaufe grundsätzlich sowieso keine chinesischen Aktien, weil ich den Bilanzen chinesischer Unternehmen nicht traue. Ich lege mir grundsätzlich nur Aktien von Unternehmen ins Depot, deren Geschäftsmodell ich verstehe und deren Struktur klar und transparent ist. Das ist bei Alibaba ja nun gerade nicht der Fall. Alibaba ist ein unübersichtliches Konglomerat.
Unübersichtlich, aber sehr erfolgreich?
Natürlich hat das Unternehmen in seinem Heimatmarkt eine dominierende Rolle. Aber es gibt zu viele Fragezeichen, denken Sie etwa an die Rechtefrage: Die Lizenzen für die Webseiten liegen bei einzelnen Personen aus dem Dunstkreis von Unternehmensmitgründer Jack Ma. Die Holding ist auf den Cayman Islands in der Karibik. Das Management sitzt aber in China. Das ist mir alles suspekt. Ich halte es bei Investments eher mit der Kiss-Formel: Keep it simple and stupid, also lieber alles so einfach und klar halten, wie es geht.
Viele Investoren trauen Alibaba aber einiges zu.
Das ist durchaus möglich. Alibaba ist ein Mammutkonzern mit sehr viel Power und einem immensen Heimvorteil im Wachstumsmarkt China. Das ist ein ganz großes Plus. Dazu kommt das Verständnis für die asiatische Kultur und natürlich der Status: Jack Ma ist nicht nur in China Kult.
Auf Seite 2: Hat Alibaba gegen Wettbewerber wie Amazon oder Ebay überhaupt eine Chance?
Nun will Alibaba mit dem IPO den Sprung ins Ausland schaffen. Aber da gibt es mit Amazon und Ebay bereits bärenstarke Konkurrenz. Hat Alibaba angesichts dieser Ausgangssituation da überhaupt eine Chance?
Ich glaube nicht an die Entweder-Oder-These. Das Internet wächst rasant. Alibaba ist kreativ. Da gibt es noch viele Möglichkeiten, um zu wachsen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Und wenn Alibaba die internationale Expansion startet und in die USA oder Europa drängt, ist der Konzern absolut Ernst zu nehmen. McDonald’s ist erfolgreich. Aber es gibt eben auch Burger King, Subway und noch ein paar andere große Ketten.
Wo sehen Sie die größten Schwächen von Alibaba?
Alibaba ist intransparent. Die Lizenzen für die Webseiten hängen an einigen wenigen Personen. Die klüngeln die Führungspositionen unter sich aus - unabhängig von den tatsächlichen Besitzverhältnissen. Aktionäre haben da praktisch nichts zu melden. Das gilt auch bei der Verteilung der Gewinne.
Sie werden die Alibaba-Aktie also auch künftig nicht anrühren?
Unter diesen Umständen? Nein (lacht).
Twitter und Facebook haben nach ihren Börsengängen jeweils zunächst eine lange Durstrecke zu überstehen, bevor die Aktien nach oben gedreht haben. Erwarten Sie eine ähnliche Entwicklung auch bei Alibaba?
Es würde mich schon sehr überraschen, wenn Alibaba keine Erfolgsgeschichte würde. Wenn die Alibaba-Aktie vom Start weg absäuft, hätten praktisch alle versagt. Aber das ist kaum zu erwarten. Privatanleger müssen sich aber im Klaren sein: Bei Alibaba wird es nicht so sehr um die wirtschaftlichen Eckdaten gehen. Am Ende wird die Aktien-Entwicklung vor allem davon abhängen, was die Alteigentümer anstreben und welches Spiel die Konsortialbanken spielen. Wollen sie den Kurs hochhalten, damit sich die Alteigentümer reich fühlen oder eher den Preis drücken, damit die kapitalstarken Alteigentümer ihre Anteile weiter aufstocken können? Bei Alibaba wird’s also womöglich viele Hütchenspielertricks geben. Mit der reellen wirtschaftlichen Entwicklung hat das nichts zu tun. Mit anderen Worten: Wer ein bisschen rumzocken will, kann bei Alibaba versuchen, mitzumischen. Für seriöse Anleger ist das nichts.