Von den jüngsten Kursrückschlägen an den europäischen Börsen werden zwar auch die meisten dividendenstarken Aktien nicht verschont. Aber lukrative Ausschüttungen sind ein Argument, die ab einem bestimmten Kursniveau als wichtige Stütze fungieren sollten.
Aus Sicht der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sind europäische Aktien unter dem Gesichtspunkt der Dividenden relativ gesehen heute sowieso so attraktiv wie selten zuvor. Dies zeige ein Vergleich der Dividendenrenditen der Unternehmen des Euro Stoxx 50 mit der Rendite von Unternehmensanleihen. Demnach werfen die Aktien der notierten Großkonzerne zumeist höhere Erträge ab als deren langlaufende Anleihen. Historisch gesehen sei dies eine sehr seltene Konstellation.
Welche Unternehmen als nachhaltige Dividendenausschütter einzustufen sind, ermittelt die LBBW monatlich anhand des LBBW-Dividendenmodells. Es beruht auf einem Multi-Faktoren-Ansatz mit monatlicher Auswertung, bei dem die längerfristige Dividendenpolitik der Konzerne im Vordergrund steht. Es identifiziert Titel, die eine nachhaltig attraktive Ausschüttungsrendite bieten. Als Inputfaktoren für das Modell werden dabei sowohl historische Daten als auch Schätzungen für das laufende Geschäftsjahr verwendet. Insgesamt wird eine Historie von zehn Jahren betrachtet. Das wichtigste Kriterium stellt die erwartete Dividendenrendite dar, die auf Basis des aktuellen Kurses und der von uns prognostizierten Auszahlung für das Geschäftsjahr 2015 ermittelt wird. Dabei wertet das Modell Dividendensenkungen als Malus, während Erhöhungen mit Pluspunkten honoriert werden.
Weitere Einflussfaktoren sind die durchschnittliche Dividendendeckung, das EPS-Wachstum, die EPS-Schwankungen sowie das S&P-Rating. Für jeden Inputfaktor wird eine Reihenfolge in Bezug auf die Erfüllung des jeweiligen Kriteriums gebildet, wobei für die optimale Erfüllung 100 und im schlechtesten Falle 0 Scoring-Punkte vergeben werden. Die Punkte werden schließlich je nach Bedeutung der Inputfaktoren gewichtet und aggregiert. Da es sich um einen quantitativen Ansatz handelt, spielen die Analystenratings keine Rolle, erklärt Investmentanalyst Wolfgang Albrecht.
Nach der aktuellen Berechnung gibt es im Top-5-Portfolio für den Euro Stoxx 50 Index eine Veränderung. Auf den nachfolgenden Seiten verraten wir, wer den Aufstieg in die Top-5 geschafft hat und welche vier anderen Unternehmen ebenfalls noch dazu zählen. Vorab sei schon verraten, dass die regionale Herkunft dieser Top-Dividendenbringer auf Frankreich (3) und Deutschland (2) begrenzt ist. Die geschätzten Dividendenrenditen dieser europäischen Standardtitel bewegen sich für das Geschäftsjahr 2015 zwischen 4,6 und 6,6 Prozent.
Nachhaltiger Euro Stoxx 50 Index Dividendenzahler, Platz fünf: BNP Paribas (WKN: 887771, 56,45 Euro, alle Angaben beziehen sich auf den Kursstand vom 09. September)
Auf Platz fünf mit einer Gesamtnote von 72,3 in der LBBW-Liste der nachhaltigen Dividendenzahler aus dem Euro Stoxx 50 Index hat es die BNP Paribas geschafft. Dahinter steckt die gemessen an der Bilanzsumme größte börsennotierte französische Bank, die im ersten Halbjahr 2015 mit einem Gewinn von 4,2 Milliarden Euro eine deutlich verbesserte Ertragslage aufwies, nachdem im Vorjahr noch hohe Strafzahlungen von 6,6 Milliarden Euro wegen Verstößen gegen US-Sanktionen angefallen waren. Aber auch ohne diese Sondereffekte wäre der Konzerngewinn laut LBBW um 14 Prozent im Jahresvergleich gestiegen.
In der aktuellen Dividendenscoring-Rangliste konnte die in die beiden Geschäftssparten Retail Banking and Services und Corporate and Institutional Banking unterteilte französische Großbank BNP Paribas den Energiekonzern Engie (früher: GDF Suez) aus den Top-5 verdrängen. Die LBBW taxiert die Dividende für 2015 auf 2,50 Euro je Aktie. Damit ergibt sich eine Dividendenrendite von 4,43Prozent. Für 2016 wird dann sogar eine Zahlung von 2,80 Euro je Aktie für möglich gehalten, was einer Dividendenrendite von 4,96 Prozent entsprechen würde.
Die erwarteten Ausschüttungen dürften nicht unrealistisch sein, schließlich kann die BNP vor allem beim Bewertungskriterium Dividendendeckung mit einem Wert von 94 Punkte sammeln. Aufholbedarf gibt es verglichen mit den nachhaltigsten anderen Dividendenzahler aus dem Euro Stoxx 50 Index dagegen bei der Dividendenkontinuität, schneidet man bei den zwischen 2006 und 2015 vorgenommenen Dividendensenkungen mit einem Wert von 33 doch vergleichsweise schlecht ab.
Die Aktie der BNP Paribas, bei der laut LBBW rund 75 Prozent der Risiken außerhalb Frankreichs liegen, ist ansonsten ein gutes Beispiel dafür, dass eine ansprechende Dividendenrendite noch lange keine Kursgewinne garantiert. Die Notiz steckt jedenfalls schon länger in einem Seitwärtstrend fest. Und wenn es nach den Aktienanalysten der LBBW geht, dann ist bei einem derzeit gültigen Kursziel von 62 Euro das Aufwärtspotenzial für die Notiz auch weiterhin begrenzt. Die Börse Online-Redaktion sieht das ähnlich, veranschlagt mit 63 Euro das Kursziel bei der mit einem Kaufvotum versehenen Aktien aber einen Euro höher.
Nachhaltiger Euro Stoxx 50 Index Dividendenzahler, Platz vier: AXA S.A. (WKN: 855705, 22,80 Euro)
Auf Platz zwei im LBBW-Dividenden-Scoringmodell ist mit dem französischen Versicherungskonzern AXA ein weiterer Vertreter aus der Finanzindustrie zu finden. Aktuell kommt AXA in der LBBW-Rangliste auf 74,8 Punkte. Auffällig ist eine relativ solide Punktzahl bei allen einfließenden Bewertungskennziffern, wobei es keine wirklich erwähnenswerten großen Ausreißer nach unten oder oben gibt. Die LBBW geht für 2015 von einer Erhöhung der Ausschüttung von 0,95 auf 1,00 Euro je Aktie aus und 2016 sollen es dann 1,05 Euro werden. Daraus ergeben sich Dividendenrenditen von 4,39 Prozent und 4,61 Prozent.
Die Zahlen des zweiten Quartals 2015 lagen nach Einschätzung der LBBW im Rahmen der Markterwartungen. Die Erträge legten in der Lebensversicherung um zehn Prozent auf 14,5 Milliarden Euro zu, in der Schaden- & Unfallsparte um fünf Prozent auf 6,8 Milliarden Euro, im Segment International Insurance um elf Prozent auf 708 Millionen Euro im Asset Management um 23 Prozent auf 1,0 Milliarden Euro. Das Nettoergebnis des Konzerns kam zwar lediglich um zwei Prozent auf 3,1 Milliarden Euro voran. Das operative Ergebnis kletterte im Lebengeschäft aber um 13 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro, im Schaden- & Unfallgeschäft um fünf Prozent auf 1,3 Milliarden Euro und im Asset Management um 22 Prozent auf 222 Millionen Euro. Die Kapitalausstattung des Konzerns mit Blick auf die ab 2016 geltenden Regeln (Solvency II) stieg gemäß unternehmensinternem Modell von 190 Prozent auf 215 Prozent, was als stark bezeichnet wird.
Das Kursziel für die Aktie des Unternehmens, das von einem international bekannten Markenname mit starker Lebensversicherungsplattform profitiert und hohe Marktanteile in Frankreich, USA, Belgien und Japan aufweist, wurde nach der jüngsten Ergebnisvorlage von 22,00 auf 25,00 Euro angehoben. Beim Gewinn je Aktie wird für 2015 mit 2,24 Euro gerechnet, woraus ein geschätztes KGV von 10,2 resultiert. Die Börse Online-Redaktion führte den Titel zuletzt unter "Beobachten", wobei die letzte Besprechung allerdings aus dem Jahr 2014 stammt. In den vergangenen drei Jahren hat sich der Aktienkurs hier positiv entwickelt, seit Februar steckt die Notiz aber in einer Seitwärtsrange fest.
Nachhaltiger Euro Stoxx 50 Index Dividendenzahler, Platz drei: Allianz SE (WKN: 840400, 142,90 Euro)
Mit einer Gesamtpunktzahl von 78,7 rangiert die Allianz auf Platz drei der LBBW-Rangliste. Punkten kann die zu den weltweit führenden Versicherungs- und Finanzdienstleistern zählende Gesellschaft (rund 78 Millionen Kunden weltweit) nach wie vor vor allem mit dem Rating, denn dafür kassiert man immerhin 97 Punkte. Eher schwach fällt dagegen mit nur 34 Punkten das Ergebnis in Sachen der Schwankungsanfälligkeit beim Gewinn je Aktie aus.
Bei der Dividenden geht die LBBW für den DAX-Vertreter, der in rund 60 Ländern mehr als 78 Millionen Kunden betreut, von einer Erhöhung für 2015 von 6,85 Euro auf 7,00 Euro je Aktie aus. Das entspräche bei dem in den Kernbereichen Schaden- und Unfall, Leben- und Krankenversicherung sowie dem Asset Management tätigen Unternehmen einer Dividendenrendite von 4,9 Prozent. Für 2016 werden dann 7,25 Euro je Aktie prognostiziert, was auf eine Dividendenrendite von 5,07 Prozent hinauslaufen würde.
Die von der Allianz für das zweite Quartal vorgelegten Ergebnisse fielen nach dem Urteil der LBBW durchwachsen aus. Das Nettoergebnis sei zwar im Vergleich zum Vorjahresquartal um 15 Prozent auf 2,0 Milliarden Euro geklettert, was vor allem auf hohe realisierte Kursgewinne zurückzuführen gewesen sei. Zudem hätten die Nettomittelabflüsse im Asset Management nur noch bei knapp 23 Milliarden Euro gelegen, nach 62 Milliarden Euro im ersten Quartal 2015. Erfreulich habe sich auch die ökonomische Solvabilitätsquote des Konzerns entwickelt, die im zweiten Quartal von 192 Prozent auf 212 Prozent kletterte.
Enttäuscht zeigte man sich aber von den Erträgen, die nur um zwei Prozent auf 30,2 Milliarden Euro zulegten. Das operative Ergebnis habe zwar in der Schaden- & Unfall-Sparte mit einem Plus von 30 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro knapp die Prognosen erreicht. Die Leben- & Kranken-Sparte habe aber einen Rückgang um 13 Prozent auf 853 Millionen Euro verbuchen müssen und auch das Asset Management habe mit einem Minus von 25 Prozent auf 505 Millionen Euro die Erwartungen verfehlt. Zudem sei das Eigenkapital im zweiten Quartal um elf Prozent auf 60,7 Milliarden Euro gesunken.
Gleichzeitig wurde der Ausblick auf das Gesamtjahr bestätigt. Das operative Ergebnis soll demnach den oberen Rand der avisierten Bandbreite von 10,0-10,8 Milliarden Euro erreichen. Die LBBW hat auf dieser Basis die Halten-Empfehlung für die Allianz-Aktie bestätigt. Angesichts des im Zuge des Zinsanstiegs erhöhten Substanzwerts wurde aber das Kursziel von 145,00 auf 155,00 Euro angehoben. Börse Online hat die Aktie auf Kauf stehen, beim Kursziel ist mit 190 Euro viel Luft nach oben.
Nachhaltiger Euro Stoxx 50 Index Dividendenzahler, Platz zwei: Munich Re AG (WKN: 843002, 166,05 Euro)
Einen Platz besser als die Allianz schneidet mit der Munich Re AG der zweite deutscher Vertreter aus der Versicherungsbranche ab. Der bereits im Jahr 1880 gegründete weltgrößte Rückversicherer kommt auf Basis der Dividendenschätzung für 2015 von 7,75 Euro je Aktie zwar nur auf eine etwas niedrigere Rendite von 4,67 Prozent, im LBBW-Scoringmodell fällt die Gesamtnote mit 80,8 Punkten aber dennoch höher aus als bei der Allianz. Möglich ist das, weil die Gesellschaft ein sehr verlässlicher Dividendenzahler ist und beim Bewertungsfaktor der vorgenommenen Dividendensenkungen seit 2005 weiterhin die volle Punktzahl von 100 einheimst. Noch besser würde das Gesamtergebnis allerdings ausfallen, wenn es gelingen würde, künftig bei dem mit 52 Punkten versehenen Kriterium Gewinnschwankungen besser abzuschneiden.
Ein weiterer Schritt nach vorne in dieser Hinsicht wurde zuletzt bereits getan. Die für das zweite Quartal vorgelegten Zahlen sind laut LBBW jedenfalls besser als vom Markt erwartet ausgefallen. Die Bruttoprämien stiegen im Vergleich zum Vorjahresquartal um fünf Prozent auf 12,5 Milliarden Euro, während die Konsensschätzung bei 12,1 Milliarden Euro lag. Das Kapitalanlageergebnis kam um 6,5 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro voran, was einem Konsenswert von 2,1 Milliarden Euro gegenübersteht. Das Nettoergebnis konnte um 41 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zulegen (Konsens: 821 Millionen Euro) und das operative Ergebnis um 60 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro (Konsens: 1,1 Milliarden Euro).
Der Ausblick für den Nettogewinn im laufenden Jahr wurde vom Management von 2,5 bis 3,0 Milliarden Euro auf "mindestens 3 Milliarden Euro angehoben". Die Guidance-Anhebung resultiere dabei offenbar in erster Linie aus der Kapitalanlagerendite, die im Gesamtjahr nun bei 3,3 Prozent (zuvor: 3,0 Prozent) erwartet wird. Die erwarteten operativen Kennzahlen hätten sich hingegen vor allem in der Schaden- & Unfall-Erstversicherung verschlechtert. Angesichts der Zahlen und der Guidance-Anhebung hat die LBBW die Halten-Empfehlung und das Kursziel von 180 Euro für die Aktie des DAX-Vertreters bestätigt. Börse Online rät hier zum Kauf, wobei das Kursziel auf 215 Euro taxiert wird.
Nachhaltiger Euro Stoxx 50 Index Dividendenzahler, Platz eins: Total S.A. (WKN: 850727, 40,71 Euro)
Den Spitzenplatz im LBBW-Dividendenmodell hat mit 86,8 Punkten Total aus Frankreich verteidigt. Damit rangiert ausgerechnet ein Öl- und Gaskonzern ganz oben in der Liste der zuverlässigen Dividendenzahler aus dem Euro STOXX 50 Index. Das ist deshalb etwas überraschend, weil der Sektor unter den stark gefallenen Ölpreisen leidet und immer wieder darüber diskutiert wird, wie stabil im Falle anhaltend niedriger Ölpreise die Ausschüttungssätze gehalten werden können.
Zugunsten von Total spricht aber die Aufstellung der Gesellschaft. Es wird nicht nur die Exploration, Produktion, Raffinerie, Vermarktung und der Transport von Öl und Erdgas betrieben, sondern es wird auch eine Chemiesparte unterhalten, die Polypropylen, Polyethylen, Polystyrol, Gummi, Farben, Tinten, Klebstoffe und Kunstharz herstellt. Total hat zudem Tankstellen in Europa, den USA und Afrika. Das somit gleichzeitig bestehende Engagement in der Upstream-, Downstream- und Chemietätigkeit bietet ein integriertes Geschäftsmodell mit Stabilität und Qualität.
Auch die LBBW kam nach der Vorlage der jüngsten Geschäftszahlen zu dem Schluss, dass der Ölpreisverfall Total nicht so stark wie andere Wettbewerber belastet. Zwar musste im zweiten Quartal auch ein Umsatzrückgang von 29 Prozent auf 44,7 Milliarden Dollar hingenommen werden, das adjustierte operative Nettoergebnis der Geschäftsbereiche sank aber nur um geringere 13 Prozent auf 3,3 Milliarden Dollar. Der bereinigte Nettogewinn fiel aufgrund der Kostendisziplin gegenüber dem Vorjahresquartal sogar nur um zwei Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar. Im abgelaufenen Quartal ist der operative Cashflow mit 4,7 Milliarden Dollar als im ersten Quartal mit 4,4 Milliarden Dollar. Die Nettoverschuldung sank zudem auf 25,6 Milliarden Dollar von 28,8 Milliarden Dollar Ende 2014.
Das Unternehmen hat erneut die Zahlung einer Quartalsdividende von 0,61 Euro pro Aktie vorgeschlagen. Aktionäre können dabei zwischen dem Bezug einer Bar-Dividende oder neuen Aktien wählen. Auf das Jahr hochgerechnet ergibt sich eine Dividende von 2,44 Euro je Aktie, wobei die LBBW für 2016 mit einer leichten Anhebung auf 2,46 Euro rechnet. Daraus ergeben sich Dividendenrenditen von 6,0 Prozent und 6,04 Prozent. Im LBBW-Dividendenmodell gibt es für den Unterpunkt Rendite hohe 96 Punkte. Die volle 100 Punkte gibt es zudem wie für die Munich Re beim Einflussfaktor Dividendensenkungen. Die LBBW stuft die Total-Aktie mit Kursziel 53 Euro als Kauf ein. Börse Online führt den Titel derzeit unter "Beobachten" und das Kursziel beträgt 46 Euro.