Europas größter Versicherer Allianz hat mit seinen Zahlen für 2015 und seinem Ausblick für 2016 an der Börse leicht enttäuscht. Die Allianz-Aktie fiel zunächst um bis zu 4,1 Prozent auf ein Tagestief von 130,25 Euro und gehörte damit zu den schwächsten Werten im Dax. Später reduzierten sich die Kursverluste deutlich, so dass sie mit minus 1,25 Prozent aus dem Handel ging. Der Leitindex selber gab um 0,8 Prozent nach.



Das abgelaufene Geschäftsjahr lief für die Allianz schlechter als erwartet worden war. Das operative Ergebnis stieg zwar um 3,2 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro und traf die Prognose der von Reuters befragten Analysten, der Allianz-Vorstand hatte jedoch mit 10,8 Milliarden Euro etwas mehr angepeilt. Zudem kletterte der Überschuss nur um 6,3 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro, womit er rund 100 Millionen Euro unter dem Schätzwert der Experten lag.

Für Enttäuschung an der Börse sorgten auch die übrigen Kennzahlen. Das Ergebnis je Aktie belief sich auf 14,56 Euro statt auf die von Analysten berechneten 14,80 Euro. Darüber hinaus wurde die Dividende je Aktie nur von 6,85 Euro auf 7,30 Euro erhöht - zehn Cent weniger als Branchenkenner angepeilt hatten.

Allerdings gab es auch Positives zu berichten. Der Umsatz stieg um 2,4 Prozent auf 125,2 Milliarden Euro und lag damit rund 800 Millionen Euro über der Prognosen der Analysten. Zudem schrumpfte die wichtige Schaden-Kosten-Quote nur um 0,3 Prozentpunkte auf 94,6 Prozent. Die Experten hatten einen stärkeren Rückgang auf 94,1 Prozent erwartet.

"Die Allianz hat in einem immer schwierigeren Umfeld wieder sehr gute Ergebnisse erreicht", sagte Vorstandschef Oliver Bäte laut Mitteilung. Wegen des "robusten" und guten" Geschäfts sei er zuversichtlich, auch künftig "sehr gute" Ergebnisse zu erzielen. Für 2016 erwarte das Management ein operatives Ergebnis von 10,5 Milliarden Euro, "plus oder minus 500 Millionen Euro".

Mit diesem Ausblick enttäuschte der Versicherungskonzern gleich doppelt. Zum einen rechnet er eher mit einem Rückgang als mit einem Zuwachs, zum anderen zeigt er sich pessimistischer als die Analysten. Diese rechnen mit 10,9 Milliarden Euro - also einem höheren operativen Ergebnis.

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Was Analysten sagen



Viele Analysten bestätigten trotz der teilweise verfehlten Prognosen ihre Kaufempfehlungen. Die Allianz habe "solide Resultate" vorgelegt - sowohl für das Gesamtjahr (DZ Bank) als auch für das vierte Quartal (Oddo Seydler). Der Ausblick sei "erwartungsgemäß" vorsichtig ausgefallen (Equinet), die Aktie nach dem Kursrückgang "attraktiv" bewertet (DZ Bank) und eine "Kaufgelegenheit" (Deutsche Bank). Zudem biete der Versicherer eine "attraktive Dividendenrendite" (Independent Research).

Andere Branchenkenner äußerten sich zurückhaltender und bestätigten ihre Halteempfehlungen. Die Ergebnisqualität sei eingehender betrachtet "schwach" und die Aktie derzeit fair bewertet (Societe Generale). Zudem erschienen die Konzernziele für 2018 ehrgeizig (Baader Bank). Um trotz stagnierender Ergebnistrends das für 2016 angestrebte Gewinnwachstum (EPS) zu erreichen, müsse der Versicherer eigene Aktien zurückkaufen oder Übernahmen tätigen (Bernstein Research).

Eindeutig pessmistisch zeigte sich die US-Bank Merill Lynch, die ihre Einstufung auf "Underperform" beließ. Die Experten des Geldhauses monierten die zu niedrige Dividendenerhöhung und den enttäuschenden Überschuss. Im Versicherungssektor gebe es "bessere Alternativen", so ihr Urteil.

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Was BÖRSE ONLINE empfiehlt



Die Zahlen für 2015 und der Ausblick für 2016 wirken auf den ersten Blick tatsächlich mau. Doch auf den zweiten Blick sind sie für Allianz-Verhältnisse solide. Immerhin konnte das Unternehmen das operative Ergebnis in der Schaden- und Unfallversicherung, der größten Sparte, um 4,1 Prozent steigern - trotz höherer Katastrophenschäden. In der Lebens- und Krankenversicherung legte das operative Ergebnis dank der Neuausrichtung sogar um 14,1 Prozent zu. Die Vermögensverwaltung, die aus der US-Fondstochter Pimco und Allianz Global Investors besteht, warf zwar 11,8 Prozent weniger ab, die Mittelabflüsse beim Sorgenkind Pimco gingen aber weiter zurück.

Für 2016 erwartet die Allianz in allen drei Sparten Gewinnrückgänge. Dennoch gehen wir auf lange Sicht weiter davon aus, dass die neue Konzernstrategie, über die wir im November berichtet hatten, die Allianz Schritt für Schritt profitabler machen dürfte. Anleger müssen dafür aber Geduld zeigen. Aus diesem Grund sprechen wir für die Aktie weiterhin eine Kaufempfehlung aus, allerdings nur für langfristig orientierte Investoren. Das Papier ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 8,8 nach wie vor günstig bewertet und bietet eine üppige Dividendenrendite von mehr als fünf Prozent.



Da der Stoppkurs derzeit recht nahe liegt, ist erhöhte Vorsicht angebracht. Mit dem Zwischentief von letzter Woche wurde allerdings ein Aufwärtstrend bestätigt, der ferner durch Tiefs von Sommer 2013 und Herbst 2014 definiert ist. Zudem liegt auf dem Niveau das 38,2-Prozent-Fibonacci-Retracement der 2011/2015er-Aufwärtswelle.

Kursziel: 190,00 Euro

Stoppkurs: 120,00 Euro