Daher heißt sein Programm auch "Kontinuität und Erneuerung". Details der neuen Drei-Jahres-Strategie will Bäte erst Ende November oder Anfang Dezember preisgeben, wenn der Aufsichtsrat darüber befunden hat. Dann dürfte sich auch abzeichnen, ob der stärkere Fokus der Allianz auf Wachstumsmärkte etwa in Asien einen Jobabbau in der Heimat zur Folge hat. Hierzulande bringen die Niedrigzinsen das angestammte Lebensversicherungsgeschäft immer mehr unter Druck - kleinere Anbieter trifft das noch stärker als die Allianz.
Aber auch der Branchenprimus muss sich Gedanken machen, wie der Spagat zwischen sinkenden Beitragseinnahmen und hohen Kosten zu bewältigen ist und wo möglicherweise "Ineffizienzen" sind, wie Bäte es ausdrückt. Andere Regionen bieten nach seinen Worten durchaus Chancen, große Zukäufe schließt er aber eher aus.
Auf das Gesamtjahr blickt der Allianz-Chef trotz eines eher enttäuschenden zweiten Quartals etwas positiver. Er legte sich auf das obere Ende der Prognosespanne fest: Der Konzern soll 2015 ein operatives Ergebnis von 10,8 (Vorjahr: 10,4) Milliarden Euro schaffen. Nach sechs Monaten stehen 5,7 Milliarden zu Buche. Im zweiten Quartal gab es aber nur ein Plus von drei Prozent auf 2,84 Milliarden Euro, was unter den Markterwartungen lag.
Dass der Überschuss ungleich stärker anzog - um 15 Prozent auf gut zwei Milliarden Euro - lag an Sondereffekten wie einer besseren Steuerquote. Anleger reagierten enttäuscht, viele halten vor der Strategie-Bekanntgabe ohnehin die Füße still: Die Allianz-Aktie büßte zeitweise 2,1 Prozent ein und zählte damit zu den größten Verlierern im Dax.
"UNGLAUBLICHER SCHOCK"
Größte Baustelle im Konzern bleibt auch unter Bäte die Vermögensverwaltung, die 1,8 Billionen Euro managt. Hier brach das Quartalsergebnis um ein Viertel auf 505 Millionen Euro ein. Anleger zogen unter dem Strich 22,5 Milliarden Euro ab. Bei der auf Anleihen spezialisierten US-Fondstochter Pimco, die das Rückgrat der Sparte ausmacht, waren es sogar 29,3 Milliarden Euro, nur die kleinere Schwester Allianz Global Investors sammelte neue Gelder ein. "Angesichts dieser Zahlen muss das Management erst noch beweisen, dass sie die Lage bei Pimco stabilisieren oder gar den Turnaround schaffen können", schrieben die Analysten von Bernstein in einer Kurzstudie.
Pimco war über Jahre das Vorzeigekind der Allianz. Doch im Niedrigzinsumfeld enttäuschten viele Bonds-Produkte. Als im vergangenen Herbst auch noch Gründer Bill Gross im Streit ging, liefen immer mehr Anleger davon. Bäte sagte, Pimco habe den "unglaublichen Schock" nach Gross' Ausscheiden überwunden, eine neue Mannschaft aufgebaut und viel Zeit und Geld investiert, um die Fonds wieder wettbewerbsfähig zu machen und mehr Kunden zu erreichen.
Das zeige langsam Wirkung, spiegele sich in den Zahlen aber noch nicht wider. Immerhin seien die Abflüsse im Frühjahr nur noch halb so groß gewesen wie im ersten Quartal. Wieviel Zeit er Pimco noch geben will, wollte Bäte nicht sagen. Nach früheren Angaben hofft die Allianz auf eine Trendwende zum Jahresende. Die im Herbst erwartete Zinswende in den USA könnte Anleiheprodukte generell wieder attraktiver machen.
In der Schaden- und Unfallversicherung zog das Ergebnis um fast 30 Prozent an auf 1,75 Milliarden Euro. Hier profitierte die Allianz wie schon die Konkurrenten davon, dass es keine großen Naturkatastrophen gab. Außerdem wurde ein Gewinn aus dem Verkauf des Privatkundengeschäfts der US-Tochter Fireman's Fund verbucht, die nach langer Krise zerlegt wurde.
In der Lebens- und Krankenversicherung sanken die Beitragseinnahmen, das Ergebnis schrumpfte um 13 Prozent auf 853 Millionen Euro. Bäte betonte, er glaube an die Lebensversicherung, aber eben in Form neuer Produkte ohne Zinsbindung. Die Allianz habe hier zuletzt bewusst auf Umsatz verzichtet.