Europa: Pro und Contra



Eurokrise, Brexit, Marine Le Pen. So lauten die negativen Begriffe, die Investoren in Asien und Nordamerika derzeit mit Europa verbinden. Kein Wunder, dass sie nicht massiv in europäische Aktien einsteigen. Dies registriert auch Jörg de Vries-Hippen, Chief Investment Officer (CIO) für europäische Aktien bei Allianz Global Investors. De Vries-Hippen beurteilt Europa jedoch deutlich positiver. "Das vereinigte Europa ist das Beste, was uns passieren konnte", sagt er. "Das gilt gerade für Deutschland". Doch wären wir nicht besser gefahren, hätten wir die D-Mark behalten? Von solchen Diskussionen hält de Vries-Hippen nichts. "Schauen Sie in die Schweiz", sagt er. Um eine Aufwertung des Schweizer Franken zu verhindern, notierten die Zinsen noch tiefer als in Deutschland. Zudem würde das produzierende Gewerbe allmählich aus dem Land verschwinden.

Und falls Marine Le Pen in Frankreich zur Präsidentin gewählt wird? Dann wäre dies nicht das Ende des Euro, glaubt de Vries-Hippen. "Was könnte sie denn durchsetzen"?, fragt er. Auch sie benötige eine Mehrheit im Parlament, was nach dem zweiten Wahlgang am 18. Juni aber nicht -gesichert sei. Ohnehin glaubt der Europa-CIO, dass ein gemäßigter Kandidat in den Élysée-Palast des Präsidenten einziehen wird. Wichtig sei aber, dass die "Achse Berlin-Paris" funktioniere, betont er. "Nur dann kann Europa funktionieren."

Steigende Zinsen: Pro und Contra



Sein Credo ist jedoch klar: "Europa wird unterschätzt", sagt de Vries-Hippen. Die Europäische Zentralbank habe lange gebraucht, um die Konjunktur in der Eurozone zu beleben. "Jetzt funktioniert es endlich". Daher könne die EZB ihre Geldpolitik wieder straffen. Was zudem notwendig sei, um bei einer Rezession erneut Munition zu haben, so de Vries-Hippen.

Profitieren würden von steigenden Zinsen etwa Banken. Vor allem in Deutschland, Frankreich und Spanien, weniger in Skandinavien. Auch Versicherer könnten bei steigenden Zinsen ein "Revival" erleben. Das freut de Vries-Hippen besonders. Schließlich managt er den Allianz European Equity Dividend und hält darin viele Versicherungswerte. Zu seinen Top-Ten zählen etwa Allianz und Munich Re.

Doch was, wenn die Zinsen zu stark steigen? Anleger könnten dann von Dividendenaktien in Anleihen umschichten? De Vries-Hippen hält dies für möglich, falls der reale Zins (Nominalzins minus Inflation) auf zwei Prozent steigen sollte. "Aber dann brummt die Wirtschaft, was viel Potenzial für Aktien bedeutet", sagt er. Noch spreche die Lage aber für Dividendentitel. Tatsächlich bieten die 42 Werte im Allianz European Equity Dividend im Schnitt eine Dividendenrendite von rund fünf Prozent. Euroanleihen guter Bonität bieten nominal nicht mal ein Prozent Rendite, real sogar weniger als null Prozent.