Runter von den Schulden?
Wie geht es in Griechenland weiter? Was passiert bei Google? Auch Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors bleibt hier auf dem Laufenden. In seinem Job zählen jedoch andere Fragen: Was beeinflusst die Börsen langfristig? Und wie können Anleger davon profitieren? Denn Naumer leitet bei der Fondstochter des Allianz-Konzerns die Kapitalmarktanalyse. Jüngst fragte er sich zum Beispiel, ob Deutschland durch die niedrigen Zinsen seine Schuldenquote senken kann. Seine Antwort: Ja, aber nur, wenn die Inflation auf vier Prozent steigt. Doch wie realistisch ist dies?
Naumer glaubt selbst nicht daran. Er rechnet für längere Zeit mit niedrigen Zinsen und tiefen Inflationsraten. Was Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble freut, entpuppt sich für Anleger jedoch als "entgangener Zinsertrag". Die Folge ist klar. Die Zinskupons werden für Anleger unattraktiver. Zudem gehe der 30-jährige Bullenmarkt für Anleihen zu Ende, betont Naumer. Statt fortlaufender Kursgewinne seien nun stagnierende oder fallende Kurse zu erwarten.
Plädoyer für Thomas Piketty?
Naumer hat sowieso ein Faible für Aktien und möchte Anleger davon ebenfalls überzeugen. Nicht um damit kurzfristig zu spekulieren, sondern um damit langfristig ein Vermögen aufzubauen. "Man muss kein Millionär sein, um in Aktien zu investieren", lautet sein Credo. In Deutschland könne fast jeder einen monatlichen Sparplan für 25 oder 50 Euro abschließen. Dass sich dies in der Vergangenheit gelohnt hätte, zeigen Naumers Studien. Nachrechnen können Anleger dies zudem mit einem Online-Sparplanrechner, den Allianz Global Investors auf der Homepage www.allianzgi.de anbietet. Wer seit Anfang Januar 2000 zum Beispiel monatlich den deutschen Aktienfonds Concentra bespart hätte, hätte sein Kapital bis heute verdoppelt - und das trotz Technologie-, Finanz- und Eurokrise. Oder gerade deshalb. Denn in Zeiten fallender Kurse sammeln Anleger für ihre monatlichen Sparbeträge mehr Fondsanteile ein, was sich beim nächsten Aufschwung umso mehr bezahlt macht.
Naumer verweist hier sogar auf den "linken" Ökonomen Thomas Piketty, der den Bestseller "Das Kapital im 21. Jahrhundert" schrieb. Pikettys These lautet, dass die Rendite der Kapitalbesitzer höher ist als das gesamtwirtschaftliche Wachstum. "Da hat Piketty wohl recht, da Kapitalbesitzer eine Risikoprämie erwarten können", sagt Naumer, "allerdings teile ich seine Schlussfolgerung nicht". Piketty möchte nämlich gern eine Vermögensteuer erheben. Naumer dagegen sagt: "Macht die Arbeitnehmer zu Kapitalbesitzern". Das ist ihm lieber, als wenn der Staat die Einnahmen aus der Vermögensteuer dazu nützen würde, um Transfereinkommen an die Arbeitnehmer zu zahlen.
Aktiv oder passiv?
Bleibt die Frage, ob Anleger mit Fonds oder ETFs in Aktien investieren sollten. Naumer plädiert für Fonds. Kein Wunder, schließlich offeriert Allianz Global Investors nur aktive gemanagte Fonds. Bedenkenswert sind seine Argumente dennoch. "Passive Produkte bilden die Vergangenheit ab", sagt Naumer. "Was gut gelaufen ist, ist heute teuer". Aktive Fonds könnten solche Werte meiden. Zudem handelten die Anleger nicht rational, sondern emotional. Sie litten etwa unter Herdenverhalten oder Selbstüberschätzung. Für Naumer ist deshalb klar: "Falls die Menschen nicht rational sind, können die Märkte auch nicht rational sein". Und das biete wiederum Chancen für Fonds.
RF