Der Umsatz schrumpfte auf vergleichbarer Basis um knapp zwei Prozent auf 140,5 Milliarden Euro. "Ohne Covid hätten wir unsere Ziele gut erreicht", sagte Vorstandschef Oliver Bäte am Freitag auf der Bilanzpressekonferenz in München. Doch er bleibt vorsichtig: "Wir sind ja überhaupt noch nicht raus aus dem Thema. Es bleibt schwierig." Eine dritte Corona-Welle, eine Rezession oder ein Crash am Aktienmarkt könnten die Pläne durchkreuzen.

Deshalb visiert Bäte für 2021 zwar ein operatives Ergebnis von rund zwölf Milliarden Euro an - das wäre etwas mehr als im Rekordjahr 2019 (11,9 Milliarden). Allerdings lässt er sich mit einer Schwankungsbreite von einer Milliarde nach oben und unten doppelt so viel Luft wie bei der Allianz üblich. Konkret hat Finanzchef Giulio Terzariol nur noch einige hundert Millionen Euro zur Bewältigung der Pandemie eingeplant. Eine Absage der Olympischen Spiele in Tokio etwa würde den Versicherer einen zweistelligen Millionenbetrag kosten.

Im vergangenen Jahr hatte Corona 1,3 Milliarden Euro verschlungen, den Löwenanteil davon in der Sachversicherung. Dort schlugen der Ausfall von Großveranstaltungen, Hotel- und Restaurantschließungen, weniger Reisen (Allianz Partners) und der Ausfall von Lieferantenkrediten (Euler Hermes) ins Kontor. In Deutschland hatte der Staat den größten Teil der Risiken in der Warenkreditversicherung übernommen, um die Lieferketten nicht abreißen zu lassen. Doch Insolvenzen blieben weitgehend aus. "Der Kreditschirm hat uns 100 Millionen Euro gekostet", sagte Bäte. Trotzdem bereue er den Schritt nicht: "Wir hätten als Brandbeschleuniger gewirkt, weil wir die (Absicherungs-)Limite hätten kürzen müssen."

AKTIENRÜCKKAUF VORERST NICHT DRIN


Die Aktionäre sollen für 2020 wie angekündigt eine stabile Dividende von 9,60 Euro bekommen, obwohl der Nettogewinn um 14 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro schrumpfte. Zwar warnt die EU-Versicherungsaufsicht EIOPA angesichts der Pandemie weiter vor großzügigen Ausschüttungen. Doch die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat der Allianz angesichts ihrer dicken Kapitalpolster bereits grünes Licht gegeben, wie Bäte sagte. "Wir hätten aber keine Erhöhung durchgekriegt, und auch keinen Aktienrückkauf." Die Solvenzquote der Allianz - der Maßstab für die Finanzkraft - erreichte zum Jahresende mit 207 (Ende 2019: 212) Prozent fast wieder das Vorjahresniveau. Die Allianz-Aktie legte am Freitag um 1,2 Prozent auf 197,20 Euro zu. Die Zahlen zeigten, dass die Allianz auf Kurs bleibe, schrieb Jefferies-Analyst Philip Kett.

Am stärksten zu spüren bekam der Versicherungskonzern die Krise in der Schaden- und Unfallversicherung, deren operativer Gewinn um 13 Prozent schrumpfte und die um 1,2 Milliarden Euro hinter ihrem Ziel zurückblieb. Man habe die Chance genutzt, in der lange defizitären Großkunden-Sparte AGCS aufzuräumen und besonders verlustträchtige Geschäfte aufzugeben, sagte Bäte. "Aber jetzt muss Schluss sein." Die Sparte soll 2021 auf eine Schaden-Kosten-Quote von 98 Prozent kommen. Im vergangenen Jahr schrieb sie auch wegen Corona mit 115 Prozent tiefrote Zahlen. 2021 soll die Sach-Sparte praktisch allein für den erwarteten Aufschwung im Ergebnis sorgen.

BÄTE: MÄRKTE "ZIEMLICH VERRÜCKT"


In der Lebens- und Krankenversicherung litt das Neugeschäft, dessen Wert um 500 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro einbrach. Lebensversicherungen verkaufen sich schwer über Video, und in viele Betriebe kamen die Allianz-Vertreter der Beschränkungen wegen gar nicht hinein, um Betriebsrenten zu verkaufen. Die Vermögensverwaltungs-Sparte mit den Fondsgesellschaften Pimco und Allianz Global Investors steigerte den Gewinn und verwaltete mit 2,4 Billionen Euro so viel Geld wie nie, obwohl der schwache Dollar die Zuwächse um 100 Milliarden dezimierte.

Der ungebrochene Aufwärtstrend an den Märkten sorgt bei Bäte aber für Stirnrunzeln. Die Hochstimmung erinnere ihn an die Zeit vor den Crashs 2000 und 2008. "Das ist schon ziemlich verrückt", sagte er. Die Allianz habe ihre Aktienquote deshalb gedrosselt. 58 Milliarden der mehr als 700 Milliarden Euro an Kapitalanlagen entfallen auf Aktien. "Ein Crash an den Aktienmärkten wäre für uns einfach zu verkraften", glaubt Finanzchef Terzariol.

rtr