Die gute Laune merkte man dem gewöhnlich zurückhaltenden Chef an. "Zugang zu Information ist so wichtig wie nie", erklärte Sundar Pichai den jüngsten Erfolg des Internetkonzerns Alphabet. Der indischstämmige Vorstandschef freute sich über das Comeback des Werbegeschäfts. Noch im Frühsommer waren die Umsätze mit digitalen Anzeigen zum ersten Mal in der 22-jährigen Unternehmensgeschichte gesunken. Im Quartal von Juli bis September aber hatte der Werbeumsatz in der Internetsuche, der Videoplattform Youtube sowie im gesamten Netzwerk um zehn Prozent zugelegt - stärker, als von Analysten erwartet.
Konzernweit zog der Umsatz der Kalifornier um 14 Prozent auf 46,2 Milliarden Dollar an, der operative Gewinn kletterte mit 22 Prozent auf 11,2 Milliarden Dollar überproportional. Finanzchefin Ruth Porat präsentierte der Wall Street trotz Pandemie eine mit 24 Prozent leicht höhere operative Marge als im Vorjahr. Die Ex-Finanzchefin der Investmentbank Morgan Stanley, die vor fünf Jahren auch deshalb ins Silicon Valley wechselte, um der kunterbunten Google-Truppe zu Kostendisziplin zu verhelfen, sieht einen "breiten Anstieg der Werbenachfrage über alle Regionen und Sparten hinweg". Vor allem Markenkampagnen seien im dritten Quartal wiedererstarkt, nachdem sich die Kunden zuvor wegen der Pandemie noch zurückgezogen hatten.
Zu Porats Job gehört es auch, auf die Ausgaben zu achten: Krisenbedingt stellt Alphabet weniger Menschen ein. Die langsamere Gangart auch bei Marketingausgaben will die Finanzchefin im laufenden Quartal beibehalten.
Künstliche Intelligenz
Sparen ist bei Internetgiganten jedoch etwas, das von Investoren eher argwöhnisch beäugt wird - es geht schließlich um Wachstum. Das aber fällt Google nicht so leicht, wie auch die moderaten 6,5 Prozent Zuwachs mit Werbung im Suchgeschäft zeigen. Ein Grund: Google kommt auf einen Weltmarktanteil bei der Internetsuche von rund 90 Prozent. Pichai investiert viel etwa in künstliche Intelligenz (KI), um die Suchergebnisse stetig zu verbessern und so die Basis für das Kerngeschäft zu erhalten und auszubauen.
Dynamik gibt es dennoch: Die Videoplattform Youtube erreichte erstmals in einem Quartal fünf Milliarden Dollar Umsatz, das war eine Steigerung um rund ein Drittel. Neben Werbeerlösen läuft auch das Geschäft mit bezahlten Abos an. Noch höheres Tempo legt der Bereich Google Cloud mit einem 45-Prozent-Sprung auf 3,4 Milliarden Dollar Umsatz vor. Hier profitiert der Konzern von seinen riesigen Rechenzentren und der enormen Rechenpower, die KI-Anwendungen möglich macht. Ab dem laufenden Quartal will Porat die Ergebnisse der Cloud-Sparte ausführlicher erläutern, dann dürfte auch die Profitabilität vergleichbar mit der von Amazons Sparte AWS werden.
Das soeben eingeläutete Kartellverfahren durch das US-Justizministerium, das Google vorwirft, die Marktstellung bei der Suche und dem mobilen Betriebssystem Android zum eigenen Vorteil auszuschlachten, lässt Pichai cool. "Wir tun alles und investieren viel, um Nutzern bessere Dienste zu bieten. Das werden wir den Behörden gegenüber darlegen", sagt der Chef. Am Ende des Verfahrens, das Jahre dauern kann, könnte eine Aufspaltung des Konzerns stehen. Nicht wenige Beobachter sehen das aber auch als Chance: Der Wert von Youtube oder Google Cloud könnte so klarer hervortreten.
Sprung: Nach der Werbeschwäche kommt Google zurück. Vor
allem Youtube und Cloud bieten
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