von Bodo Gauer, Experte für strukturierte Produkte bei der Credit Suisse
Mario Draghi hat den Zins fast abgeschafft. Denn der EZBPräsident
hat inzwischen den Leitzins bis auf 0,05 Prozent
gesenkt und erhebt für Einlagen von Banken gar einen
Negativzins.
Leidtragende von Draghis Niedrigzinspolitik sind traditionelle
Sparer, die in der Vergangenheit durchweg sichere und
regelmäßige Zinseinkünfte vereinnahmen konnten. Sie gehen mit
Spar- und Termineinlagen sowie mit Bundesobligationen und -anleihen
jetzt praktisch leer aus. Mit traditionellen Anlageformen
gelingt oft nicht einmal mehr der Ausgleich der Inflationsrate.
Viele Anleger fragen sich daher: Gibt es Alternativen zum faktischen
Nullzins? Dabei kommt eine Direktanlage in Aktien aufgrund
der starken Schwankungen des Aktienmarkts für sehr
sicherheitsorientierte
Investoren allerdings nicht infrage. Die einfache
Antwort lautet: Ja, bestimmte strukturierte Produkte - auch
Anlagezertifikate genannt - liefern Lösungen, die sowohl viel
Sicherheit
als auch attraktive Erträge bieten.
Doch auch hier müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden.
Zunächst einmal sollten sicherheitsorientierte Investoren nur
Zertifikate von Emittenten mit erstklassiger Bonität erwerben.
Strukturierte Produkte sind nämlich in der Regel von Banken begebene
Schuldverschreibungen, die ein sogenanntes Emittentenrisiko,
sprich das Risiko eines Ausfalls der emittierenden Bank,
aufweisen. Dieses lässt sich übrigens am besten nicht am Rating
eines Instituts, sondern an außerbörslich gehandelten Kreditausfallversicherungen
eines Emittenten, den sogenannten Credit
Default
Swaps, ablesen. Immerhin: Seit der Lehman-Insolvenz
2008 achten Bankberater und Anleger verstärkt auf eine hohe
Bonität
des Emittenten. Gut so.
Darüber hinaus unterscheiden sich auch strukturierte Produkte
erstklassiger Emittenten hinsichtlich ihres Risikogrades. Für risikoaverse
Anleger eignen sich am besten klassische Kapitalschutzprodukte,
die übrigens immer noch den deutschen Zertifikatemarkt
als Produktgruppe mit den meisten angelegten Geldern
dominieren.
Diese bieten am Laufzeitende die Rückzahlung des
investierten Kapitals - hier kann es also nicht zu Kapitalverlusten
am Laufzeitende kommen. Zusätzlich liefern Kapitalschutzprodukte
bei entsprechender Entwicklung des Basiswerts in aller
Regel attraktive Erträge. Sie sind somit insgesamt Niedrigzinsanlagen
deutlich überlegen.
Für Anleger, die bereit sind, ein gewisses Aktienmarktrisiko in
Kauf zu nehmen, das aber deutlich unter dem einer Direktanlage
in Dividendentiteln liegt, bieten strukturierte Produkte eine
Reihe von attraktiven Alternativen zum Niedrigzins. Zum Beispiel
weisen die meisten Kuponanleihen regelmäßige Zinszahlungen
auf, die deutlich höher sind als bei Bundesanleihen oder Festgeldern;
die höhere Rendite geht hier mit einem höheren Risiko einher.
Wo sonst, außer bei strukturierten Lösungen, lassen sich noch
Zinserträge von zwei oder drei Prozent pro Jahr realisieren?
Auch Bonus- und besonders Expressstrukturen sind Produkte,
die sich durchaus als Alternativen zum Niedrigzins eignen. Wichtig
ist dabei aber, dass sicherheitsorientierte Anleger Produkte auf
anerkannte und leicht zu beobachtende Basiswerte wie etwa den
Euroland-Aktienindex Euro Stoxx 50 bevorzugen. Wer Zertifikate
mit einem vom Emittenten selbst gestrickten Index als Basiswert
erwirbt, kauft sich damit eventuell zusätzliches Risiko ein.
Zudem sollten die Produkte einen möglichst hohen Risiko- oder
Sicherheitspuffer aufweisen, der die Gefahr eines Barrierebruchs
deutlich mindert. Dieses Risiko wird gerade in guten Phasen an
den Aktienmärkten regelmäßig unterschätzt. Beispiel: Ein Puffer
von 20 Prozent beim Euro Stoxx 50 ist nicht allzu hoch, besser
sind 50 Prozent und mehr. Alles in allem bieten strukturierte Produkte
attraktive Investmentmöglichkeiten. Daran kann auch
Mario Draghis Niedrigzinspolitik nichts ändern.
Bodo Gauer
Gauer ist bei der Credit Suisse Head of Structured Retail Products
für Deutschland und Österreich. Die Philosophie des
gelernten
Bankkaufmanns und studierten Diplom-Kaufmanns
ist es, für Anleger Produkte zu entwickeln, die Nutzen stiften
und sich erfolgreich entwickeln. So war Bodo Gauer einer der
Protagonisten,
als Ende des vergangenen Jahrhunderts erstmals
Kapitalschutzprodukte in Deutschland emittiert wurden.