Die Parallelen zwischen Bond und Bezos liegen auf der Hand: Der Agent ihrer Majestät genießt im 25. Sequel des Spielfilmklassikers, "No Time to Die", das Dasein als Privatier auf den Bahamas. Ein Anruf eines alten Freundes befördert James Bond zurück ins Action-Business und mitten ins Duell mit einem techaffinen Bösewicht. Amazon-Gründer Jeff Bezos hat viel Zeit, schippert gern mal mit der Jacht übers Meer oder fliegt aus Spaß ins All. Unwahrscheinlich ist jedoch, dass Bezos wieder in den Kampfanzug springt, wenn es gegen andere Techriesen geht. Das Tagesbusiness bei Amazon leitet Nachfolger Andy Jassy seit Juli ziemlich souverän.
Auf die lang erwartete Kinopremiere des neuen und letzten Bond-Streifens mit Hauptdarsteller Daniel Craig darf sich Bezos umso mehr freuen. Mit fast zwei Jahren pandemiebedingtem Verzug findet sie nun nach der Übernahme der Produktionsfirma MGM durch den Techriesen statt und lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums so auf den hauseigenen Streamingdienst Amazon Prime.
Ende Mai hatte Bezos noch als Firmenchef den Deal mit den weltbekannten Hollywood-Studios abgewickelt, es war mit 8,5 Milliarden Dollar der teuerste seit dem Erwerb des Händlers Whole Foods 2017. Der Spätstart von "Keine Zeit zu sterben", so der deutsche Titel des Streifens, der hierzulande am 30. September startet, ist damit ein weiterer Corona-Bonus: Von Milliardenerlösen ist die Rede, der letzte Bond "Spectre" spielte 880 Millionen Dollar ein. Craigs Top-Sequel "Skyfall" schaffte 2012 gar 1,1 Milliarden.
Das sind jedoch Peanuts angesichts der Zuwächse, die der Onlinehändler in der Pandemie verzeichnete. Weil viele Menschen wegen der Lockdowns ihre eigenen vier Wände selten verließen und sich vornehmlich über das Internet versorgten, war das Web-Kaufhaus Nummer 1 der große Gewinner der Krise. Amazon schraubte 2020 den Umsatz von 280 Milliarden Dollar auf 386 Milliarden hoch und verdoppelte den Nettogewinn beinahe auf 21 Milliarden.
Großzügig bei Content
Dabei floss viel Geld in Amazon Prime. Der Streamingkanal hat es gegen die bestens geölte Produktionsmaschinerie des Marktführers Netflix schwer und tut sich nach dem Markteintritt des US-Medienriesen Disney nicht leichter. Beim Thema Content zeigte sich Bezos, der sich seit Juli nur noch seinen Lieblingsprojekten widmet, jedoch großzügig. 2020 investierte Amazon elf Milliarden Dollar in Videos und Musik, um Prime nach vorn zu bringen. Auch beim Live-Sport sind die Amerikaner am Ball: In den USA erwarb Amazon im Frühjahr die Exklusivrechte an den Donnerstagabendspielen der National Football League ab 2022, inzwischen bietet Prime für die Sonntagsspiele. In Europa mischt der Sender mit den Dienstags-Topspielen der Champions League im Spitzenfußball mit.
Flott und hochprofitabel
Jassy soll jetzt im Auftrag von Majestät Bezos auch das Abo-Geschäft ausbauen. Die Subscription Services mit Prime als Kern sind eine der am schnellsten wachsenden Sparten, 2020 legte der Umsatz um gut 37 Prozent auf 25 Milliarden Dollar zu.
Dass der Konzern genug Kleingeld hat, sich Spielzeuge wie die MGM Studios samt Bond zu leisten, liegt aber an der Cashcow Amazon Web Services (AWS). Die Cloud-Service-Tochter hatte Jassy bis zu seiner Berufung als Bezos-Erbe geleitet. AWS wächst so flott wie Prime, ist dabei mit Margen über 50 Prozent deutlich profitabler. Der globalen Nummer 1 in der Cloud trauen Analysten bis 2023 eine Umsatzverdopplung auf 100 Milliarden Dollar zu. Das ist ein Grund, weshalb Goldman Sachs Amazon unlängst mit Kursziel 4.250 Dollar zum Kauf empfahl. Bonds Lieblingsdrink Wodka Martini spielte hier - hoffentlich - keine Rolle.
Dynamik: Schiere fundamentale
Stärke, Umsatz- und Gewinnwachstum sind trotz der Größe
sehr hoch. Top-Aktie.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 3.300,00 Euro
Stoppkurs: 2.400,00 Euro