Sie befürchten zunehmend, dass sich der umtriebige Amazon-Chef Jeff Bezos mit dem Eindringen in die Smartphone-, Tablet-, Video- und Spiele-Welt verzettelt und letztlich übernimmt. Zumal diesmal auch Umsatz und Ausblick auf das wichtige Weihnachtsgeschäft hinter den Markterwartungen zurückblieben. Die Aktie stürzte im Frankfurter Handel um rund zehn Prozent ab. Es wurden mehr als 15 Milliarden Dollar an Börsenwert vernichtet.

Amazon hatte schon in der Vergangenheit wegen hoher Investitionen immer wieder kleinere Verluste ausgewiesen. Mit den neuen Produkten will der Konzern etwa den iPhone-Hersteller Apple, den Internet-Riesen Google und das aufstrebende Video-Portal Netflix angreifen. Auch beim Angebot zur Auslagerung von Computerdiensten ins Internet - dem sogenannten Cloud Computing - mischt das Unternehmen aus Seattle kräftig mit. Viel Geld leitet Amazon zudem nach China, wo der ebenfalls expansionsfreudige Rivale Alibaba den Internet-Handel beherrscht.

Wie der US-Konkurrent eBay, der kürzlich seine Prognosen kassiert hatte, begründete auch Amazon Bremsspuren in der Bilanz mit den Folgen des gestiegenen Dollar-Kurses. Branchenkenner ließen dies aber nicht gelten. "Das war ein hässliches Quartal", sagte Analyst Tob Plaza von der Key Private Bank. "Damit ist die Wachstumsstory fast vom Tisch." Amazon müsse nun Rendite abwerfen und dürfe die Geduld der Anleger nicht länger auf die Probe stellen.

Bezos verteidigt die radikale Expansion dagegen gebetmühlenartig damit, dass die hohen Ausgaben zwar kurzfristig die Bilanz belasteten, langfristig sich aber rechnen werden. Solange die Umsätze stimmten und es keine hohen Verluste gab, blieben die Anteilseigner ruhig. Zuletzt wuchs allerdings die Nervosität. Als der Verlust im zweiten Quartal mit 126 Millionen Dollar doppelt so hoch ausfiel wie erwartet, stürzte die Aktie bereits um zehn Prozent ab.

Jetzt kam hinzu, dass auch die Umsätze die Anleger enttäuschten. Die Erlöse stiegen von Juli bis September zwar um 20 Prozent auf 20,6 Milliarden Dollar, verfehlten damit aber knapp die Erwartungen. Auch die Aussicht, dass die Erlöse im Weihnachtsquartal hinter den Prognosen von "20 plus x Prozent" zurückbleiben werden, schürt die Sorgen zusätzlich.

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"FIREPHONE" WIRD ZUM LADENHÜTER

Auch in den vergangenen drei Monaten hatte Amazon kräftig investiert. So wurde das Billig-Smartphone "Firephone" auf den Markt gebracht, mit dem Amazon ähnlich wie Apple eine engere Kundenbindung anstrebt. Der erhoffte Erfolg blieb aber aus und das Gerät wurde zum Ladenhüter. Amazon musste die Preise senken und 170 Millionen Dollar abschreiben.

Ende August hatte Amazon zudem beim größten Zukauf seiner 20-jährigen Firmengeschichte fast eine Milliarde Dollar für die Videospiele-Plattform Twitch bezahlt. Damit sollen noch mehr eigene Inhalte angeboten werden, die dann auf dem Streamingdienst Instant Video, dem Kindle-Tablet und der Fire TV Set-Top-Box laufen können.

Ärger hat Amazon auch schon seit längerem in Deutschland. Hier liegt der Konzern mit Verdi im Streit. Die Gewerkschaft fordert höhere Löhne sowie tarifliche Regelungen wie im Einzel- und Versandhandel. Amazon nimmt indes die Logistikbranche als Maßstab, in der weniger gezahlt wird.

Reuters