Mehrere Medien berichteten am Donnerstag und Freitag über ein Papier der Facharbeitsgruppe Gesundheit von SPD, Grünen und FDP. Darin heißt es: "Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein." Dadurch könnten die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden.
Ein solches Papier lag auch der Deutschen Presse-Agentur vor. Darin heißt es weiter, nach vier Jahren solle das entsprechende Cannabis-Gesetz auf "gesellschaftliche Auswirkungen" überprüft werden. Grünen-Chefin Annalena Baerbock wies Berichte, wonach die Ampel-Parteien sich bereits auf eine Legalisierung geeinigt hätten, aber zurück: "Nichts ist geeint, bevor nicht alles geeint ist", sagte sie, auf das Thema angesprochen, am Freitag in Berlin vor weiteren Gesprächen mit Top-Verhandlern von SPD und FDP.
Die drei Parteien beraten derzeit in Spitzenrunden über die finale Version eines Koalitionsvertrags. Ziel ist eine Regierungsbildung in der zweiten Dezemberwoche. Details aus den Verhandlungen dringen bisher kaum nach draußen, weil strikte Verschwiegenheit vereinbart ist, um die Verhandlungen nicht durch öffentliche Debatten zu belasten. "Wer erwischt wird beim Leaken, fliegt raus", sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold am Freitag.
Eine Legalisierung von Cannabis gehört allerdings zu den Themen, bei denen eine relativ problemlose Einigung der drei Parteien möglich erscheint: Sowohl FDP und Grüne sind für eine Legalisierung und einen "Verkauf in lizensierten Fachgeschäften", wie sie im Wahlkampf deutlich gemacht hatten. Auch die SPD zeigt sich offen, ist allerdings zurückhaltender: Im SPD-Wahlprogramm war von einer "regulierten Abgabe" an Erwachsene zunächst in Modellprojekten die Rede.
Eine Legalisierung "ermöglicht uns eine geregelte und besteuerte Abgabe, kontrollierbare Qualität und einen effektiven Jugendschutz durch Aufklärung", twitterte das Bundestagsbüro des FDP-Abgeordneten Lars Lindemann am Freitag.
Kritik kam aus der Union. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv: "Ich glaube, wir haben echt andere Sorgen. Ich brauche diesen Beschluss nicht." Wüst nannte Regelungen in den Niederlanden als negatives Beispiel. Es sei dort etwa nicht gelungen, Cannabis aus dem illegalen Bereich des Drogenhandels zu verbannen. Clankriminalität in Verbindung mit dem Cannabishandel sei explodiert.
CSU-Generalsekretär Markus Blume nannte die mögliche Legalisierung von Cannabis ein "gefährliches Experiment". Die Wirkung als Einstiegsdroge werde verharmlost. Die bisherige Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU) warnte vor einem "fatalen Dammbruch für die Drogen-und Suchtpolitik. Das Signal, Cannabis sei gesellschaftsfähig und dürfe in Fachgeschäften geshoppt werden, sei gefährlich. "Es macht eine gesundheitsschädliche Droge zu einem Lifestyle-Produkt."
dpa-AFX