Die Staatsanwaltschaft argumentierte dagegen, die Selbstanzeige des 62-Jährigen sei unwirksam, weil die notwendigen Unterlagen zunächst lückenhaft gewesen und dann zu spät vorgelegt worden seien. Zwar sei dem Angeklagten anzurechnen, dass er die Hinterziehung gestanden habe und der Fall in der Öffentlichkeit hohe Wellen schlage, das seien aber keine ausreichenden Gründe für eine Bewährungsstrafe. Auch seine "Lebensleistung" helfe ihm nicht: In der Zeit, in der Hoeneß in Deutschland 25 Millionen Steuern gezahlt habe, habe er in der Schweiz mehr als 27 Millionen hinterzogen. Zudem habe er auf das schließlich geplatzte Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz gepokert. Darin war vorgesehen, dass Steuersünder unter bestimmten Bedingungen straffrei bleiben konnten.
"UNTER AUFBIETUNG ALLER KRÄFTE"
Hoeneß' Verteidiger Hanns Feigen bezeichnete die Strafforderung als "völlig verfehlt" und verlangte für seinen Mandanten die Einstellung des Verfahrens, allenfalls eine Bewährungsstrafe. Die Selbstanzeige habe lediglich kleinere Fehler enthalten, sei aber an sich wirksam. Er kündigte an, der Wurstfabrikant werde die ausstehende Steuerschuld von gut 27 Millionen Euro begleichen - "unter Aufbietung aller Kräfte". Auf die Höhe der hinterzogenen Summe komme es für das Urteil, das später am Donnerstag folgen soll, nicht an.
Zudem habe sein Mandant bereits durch die Empörung in der Öffentlichkeit gelitten. "Das Urteil scheint schon außerhalb dieses Gerichtssaals getroffen worden zu sein", sagte der Jurist. "Idioten standen am Zaun. Idioten haben Drohbriefe geschrieben bis hin zu Morddrohungen." Außerdem seien die Gewinne, auf die seinerzeit die Steuern angefallen seien, längst verloren. Die Nachzahlung müsse Hoeneß nun aus anderen Mitteln aufbringen.
Die Kammer zog sich in der Folge mehrere Stunden zur Urteilsberatung zurück. Ein Freispruch kommt aus juristischen Gründen nicht in Betracht. Bestenfalls kann Hoeneß auf eine Einstellung des Verfahrens ohne Auflagen hoffen.
Reuters