Zu den Hauptgründen, dass 70 Prozent der Bakterien inzwischen eine Antibiotikaresistenz entwickelt haben, zählt vor allem die übermäßige Verwendung durch die Menschen. Jahr für Jahr werden etwa 47 Millionen Antibiotikatherapien für Infektionen verschrieben, für die diese Medikamente eigentlich gar nicht benötigt werden, wie Erkältungen oder Grippe. Dies entspricht rund 30 Prozent aller Antibiotika. Für Anleger ergeben sich daraus gleichermaßen Chancen wie Risiken. So müssen Unternehmen, die keine Strategien in Bezug auf Antibiotika haben, mit einer negativen Berichterstattung in den Medien rechnen. Auf der anderen Seite dürften Firmen, die an intensiver Tierhaltung beteiligt sind, erhebliche Kosten haben, um die Biosicherheit und den Umgang mit Antibiotika zu verbessern.

Investments in die Nutztierhaltung und Unternehmen mit geringem Risiko können dazu beitragen, das Risiko der Antibiotikaresistenz zu steuern. Dies kann sich jedoch als problematisch erweisen, wie ein aktueller Bericht des globalen Anlegernetzwerks Farm Animal Investment Risk & Return zeigt, das sich mit ESG-Themen in Proteinlieferketten befasst. Demnach besteht bei über 70 Prozent der weltweit größten, börsennotierten Fisch-, Fleisch- und Molkereiunternehmen ein "hohes Risiko", künftige Zoonosepandemien zu begünstigen. Gleichwohl gibt es auch Chancen für Anleger. Im Agrarsektor etwa können Betriebe ihren Markenwert verbessern, indem sie antibiotikafreie Produkte anbieten. Da die Konsumenten ihr Kaufverhalten zunehmend in Richtung gesundheitsbewusster Produkte ändern, gehen wir davon aus, dass das Wachstum antibiotikafreier Produkte weiter ansteigen wird. Unternehmen, die sich auf die Entwicklung gesundheitsbewusster Produkte konzentrieren, dürften daher besser positioniert sein, um sich in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Dies birgt interessante Opportunitäten für Anleger. Firmen etwa, die den Übergang zu antibiotikafreien Produkten vorantreiben, bieten in den kommenden Jahren die Chance, Alpha zu generieren.

Um die Auswirkungen für Investoren im Pharmasektor zu untersuchen, kann die Pharmaindustrie in Arzneimittelhersteller, die für die Tiergesundheit produzieren, sowie Unternehmen, die sich auf die menschliche Gesundheit konzentrieren, unterteilt werden. Tiergesundheit: Basierend auf dem Umsatz mit Antibiotika ist dieser Teilsektor am stärksten gegenüber Risiken im Zusammenhang mit der Krise der Antibiotikaresistenz exponiert. Die beiden größten Unternehmen in diesem Bereich haben zusammen einen Marktanteil von 47 Prozent und erwirtschaften rund ein Fünftel ihres Jahresumsatzes mit Antibiotika und verwandten Produkten. Dies birgt ein Ertragsrisiko für Unternehmen aus diesem Segment, da neue Vorschriften den Einsatz von Antibiotika weiter einschränken könnten.

Pharmafirmen: Der Umsatzanteil von Antibiotika am Gesamtumsatz für gängige Pharmazeutika liegt bei den meisten Large- Cap-Unternehmen unter einem Prozent. Dies lässt sich zum Teil dadurch erklären, dass die meisten Antibiotika schon lange auf dem Markt sind und daher ihren Patentschutz verloren haben. Infolgedessen sind die Preise für antibiotische Behandlungen im Vergleich zu innovativen, patentgeschützten Therapien niedriger. Obwohl es immer noch einen hohen ungedeckten medizinischen Bedarf an innovativen Antibiotika gibt, haben sich die meisten großen Pharmaunternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten aus diesem Geschäft zurückgezogen.

Fazit: Obwohl das Bewusstsein für Antibiotikaresistenzen wächst, bleibt die übermäßige Verwendung in vielen Gemeinschaften an der Tagesordnung. Als Investoren werden wir versuchen, das Anlagerisiko zu minimieren und die damit verbundenen Chancen zu nutzen - während wir gleichzeitig einen positiven Einfluss auf die öffentliche Gesundheit erzielen.

Über Lauren Joenoes


Joenoes studierte Global Business and Sustainability an der Erasmus Universität in Rotterdam. Seit 2019 ist sie bei Aegon Asset Management für verantwortliches Investieren zuständig. Aegon Asset Management ist eine internationale Gruppe von Anlageverwaltungsgesellschaften und gehört zu Aegon NV, einem weltweit führenden Finanzdienstleister, der mehr als 315 Milliarden Euro an Anlagegeldern verwaltet.