Nach einem turbulenten Jahr 2020 blicken Anleger nach vorn und suchen nach Chancen und Stabilität gleichermaßen. Dank der anlaufenden Impfprogramme rund um den Globus und der zugleich noch immer intakten Wirtschaftsaktivität sind die Vorzeichen positiv. Insbesondere börsennotierte Unternehmen aus dem Infrastruktursektor könnten vielversprechend sein. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Einerseits schiebt die Branche seit Jahren einen Investitionsstau vor sich her, andererseits wächst in Zeiten der Krise die Bereitschaft, in lokale Projekte zu investieren.

Regionale Infrastrukturprojekte stützen die Wirtschaft vor Ort und beleben den Arbeitsmarkt. Wir erwarten, dass 2021 vermehrt lokale Projekte auf den Weg gebracht werden - auch unter Beteiligung privater Investoren. Das ist positiv für die Investmentkultur rund um Infrastrukturprojekte und wird dem Thema langfristig Aufwind geben. Hinzu kommen die Impulse vonseiten des neuen US-Präsidenten Joe Biden, der bereits ein Investitionsprogramm im Umfang von zwei Billionen Dollar angekündigt hat. Ein Schwerpunkt dabei: grüne Infrastruktur, mit der die US-Wirtschaft zukunftsfähig gemacht werden soll.

Besonders vielversprechend sind dabei aus unserer Sicht klassische Energieversorger, die von der Pandemie bislang kaum in Mitleidenschaft gezogen wurden. Gas und Strom fließen trotz Lockdown weiter, und im Zuge der Mobilitätswende müssen Leitungen und Stromspeicher ausgebaut und robuster aufgestellt werden. Der von der Politik geforderte Fokus auf regenerative Energie macht zudem Investitionen nötig, die sich mittel- und langfristig auszahlen und in höheren Dividenden niederschlagen könnten. Ebenfalls zu den klassischen Versorgern gehören Wasserkraftwerke und die damit verbundene Infrastruktur. Biden möchte sauberes Trinkwasser zur Chefsache machen, zumal in den USA täglich enorme Mengen an Wasser durch marode Infrastruktur verloren gehen - angesichts jährlich auftretender Dürren in mehreren Bundesstaaten liegen Investitionen in diesem Bereich nahe.

Als drittes Investitionsziel gilt das Schienennetz. Angesichts des zunehmenden Warenverkehrs und des wachsenden Bewusstseins für Emissionen macht es Sinn, mehr Fracht von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Joe Biden hat bereits erklärt, dass die Elektrifizierung des Schienenverkehrs ein gangbarer Weg sein könnte. Für die beteiligten Unternehmen würde das Kosten senken und die Margen für Schienenfracht steigen lassen. Darüber hinaus gibt es in Europa Bestrebungen, den Bahnverkehr gegenüber dem Flugzeug auf Kurzstrecken besonders zu fördern. Daneben bietet der neue Mobilfunkstandard 5G Chancen für Anleger. Die Digitalisierung erreicht dank des Mobilfunks auch abgelegene Regionen, und das Internet der Dinge macht neue Kapazitäten nötig. Wir erwarten daher, dass Anbieter von Funkmasten in Zukunft mindestens ein mittleres einstelliges Wachstum verzeichnen werden.

Gerade vor dem Hintergrund der Biden-Präsidentschaft in den USA und des weiter wachsenden Bewusstseins für nachhaltige Geldanlagen nimmt auch die Bedeutung von ESG-Faktoren zu. Im Zusammenhang mit Infrastruktur-Investments stellen sie inzwischen ein wichtiges Analysetool dar. Sowohl bei der Bewertung von Projekten als auch bei der Analyse von Risiken fließen ESG-Faktoren in unsere Prozesse ein, da auf diese Weise berücksichtigt werden kann, wie sich ESG-Faktoren auf den Cashflow und die erforderliche Rendite auswirken. Aktive Manager können dadurch Bewertungsunterschiede zwischen Infrastrukturportfolios bemessen. Gepaart mit dem robusten Trend zu mehr Investitionen in Infrastruktur stellt die ESG-Analyse ein wertvolles Instrument dar, um innerhalb des wachsenden Infrastrukturuniversums auch in Zukunft gute Projekte zu identifizieren.

 


Nick Langley

Langley hat Jura und Wirtschaft in Auckland studiert, bringt 26 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche mit und ist Managing Director und Portfolio Manager bei ClearBridge Investments, einem spezialisierten Investmentmanager von Franklin Templeton. Franklin Templeton mit Hauptsitz in Kalifornien ist mit Niederlassungen in 34 Ländern weltweit eine der führenden globalen Investmentgesellschaften.