Rezessionsgefahr hin, Ukraine-Krieg her: Trotz zahlreicher Belastungsfaktoren müssen Anleger Experten zufolge die Hoffnung auf eine Jahresendrally nicht aufgeben. "Der Oktober ist bekannt als 'Bärenmarkt-Killer'", sagt Finanzmarkt-Experte Christoph Mertens von der Fürst Fugger Privatbank.

In den vergangenen 60 Jahren hätten allein in diesem Monat zwölf Kursabschwünge ihr Ende gefunden. An der Börse symbolisiert der Bär fallende Kurse.

Rückenwind für den Dax verspricht sich Mertens vor allem von der Wall Street. Sie lege in Jahren mit "Mid-Term Elections" - Kongresswahlen in der Mitte einer Amtsperiode der US-Präsidenten - im November überdurchschnittlich zu. Den Höhepunkt einer Jahresendrally erwartet er rund um Weihnachten. In den vergangenen Tagen legte der deutsche Leitindex insgesamt ein gutes Prozent zu.

GELDPOLITIK KÖNNTE IMPULSE LIEFERN

Auch Eckhard Schulte, Chef des Vermögensverwalters MainSky, sieht das Ende der jüngsten Talfahrt nahen. "Ungeachtet der Tatsache, dass die Zentralbanken im Spätherbst die Zinsen noch einmal erhöhen werden, erwarten wir eine 'Entschleunigung' im Zinserhöhungsprozess im vierten Quartal." Eine Rezession abwenden könne diese Trendwende wohl nicht. Aber sie eröffne die Chance, dass der Abschwung vor allem in den USA nicht allzu drastisch ausfalle. In Europa drohe wegen des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise dagegen eine tiefe Rezession. In Kombination mit einem Rückgang der Inflation sei dann aber ein Ende der Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) zu erwarten.

Rückschlüsse auf das US-Zinserhöhungstempo erhoffen sich Börsianer vom "Beige Book", dem Konjunkturbericht der Notenbank Fed am Mittwoch. Am Tag darauf sind die US-Frühindikatoren an der Reihe. Hier sagen Experten für September ein Minus von 0,3 Prozent voraus.

Diesseits des Atlantiks eröffnet der ZEW-Index, der die Stimmung der deutschen Börsenprofis widerspiegelt, den Zahlenreigen am Dienstag. Experten erwarten eine Verschlechterung auf minus 65 Punkte von minus 61,9 Zählern. Am Donnerstag folgen die deutschen Erzeugerpreise. Sie gelten als Vorlaufindikator für die Inflation insgesamt.

BÖRSIANER SETZEN AUCH AUF BILANZSAISON

Darüber hinaus könne eine ermutigende Bilanzsaison dem Aktienmarkt Schub verleihen, gibt Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners zu bedenken. "Bei einem enttäuschenden Verlauf dürften die Jahrestiefs erneut getestet werden."

In der neuen Woche legen aus dem Dax der Laborausrüster Sartorius und die Deutsche Börse Geschäftszahlen vor. Im Ausland öffnen unter anderem die Großbanken Bank of America und Goldman Sachs, sowie die Online-Videothek Netflix und der Elektroauto-Bauer Tesla ihre Bücher.

Erneute Kursturbulenzen in Großbritannien könnten Investoren allerdings einen Strich durch die Rechnung machen. Es verdichteten sich zwar die Hinweise, dass die neue Regierung der Premierministerin Liz Truss die umstrittenen Steuersenkungspläne teilweise zurücknimmt. Sollten die Zugeständnisse aber als nicht ausreichend betrachtet werden, droht ein erneuter Ausverkauf britischer Anleihen. Denn Experten bezweifeln, dass Großbritannien die Entlastungen finanziell stemmen kann. Der Bank von England (BoE) werde dann nichts anderes übrig bleiben, weitere Papiere aufzukaufen, obwohl sie diese Unterstützung eigentlich in der alten Woche beenden wollte, sagt Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets.

Von Reuters