Die Anleger an den Finanzmärkten haben mit Erleichterung auf Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Krim-Krise reagiert. Putin hatte vor Journalisten in Moskau ein militärisches Eingreifen auf der ukrainische Halbinsel Krim als derzeit nicht nötig und allenfalls letztes Mittel bezeichnet. Allerdings beschrieb Putin den Umsturz in Kiew als Staatsstreich. "Das hört sich alles sehr deeskalierend an", sagte ein Börsianer. "Die Kriegsgefahr scheint damit geringer zu werden." Der Dax weitete seine Gewinne aus und notierte am frühen Dienstagnachmittag mit 9577 Punkten 2,3 Prozent im Plus. Am Montag hatte er 3,4 Prozent verloren. Der EuroStoxx legte 2,5 Prozent zu. Auch an der Wall Street bahnte sich eine Erholung an.

Den Kurssturz an den Börsen vom Vortag beschrieb er als taktische vorübergehende Entscheidung der Investoren. Am Montag waren europaweit die Aktienbörsen eingebrochen - allen voran in Moskau. Dort fiel die Erholung denn auch entsprechend stärker als im Dax und EuroStoxx aus. Der russische Leitindex RTS, in dem in Dollar notierte Aktienwerte zusammengefasst sind, stieg um bis zu sechs Prozent. Der Micex, dessen Werte in Rubel notiert werden, legte fünf Prozent zu. Zu Wochenbeginn waren beide Indizes um mehr als zehn Prozent eingebrochen. Zu den größten Gewinnern in Moskau zählten Gazprom -Aktien, die mit einem Plus von neun Prozent einen Teil der massiven Vortagesverluste wettmachten. Auch der Rubel holte auf, so dass Euro und Dollar je etwa ein Prozent einbüßten. Die Gemeinschaftswährung notierte zum Dollar mit 1,3766 Dollar einen Viertel US-Cent höher als am Vorabend.

ANLEGER BLEIBEN AUF DER HUT

Trotz der Erholung der Kurse wollten die meisten Anleger noch keine Entwarnung geben. Die Lage bleibe angespannt und die Marktteilnehmer nervös, sagte ein Händler. "Unsere Blicke bleiben fest auf den News-Ticker gerichtet." So gaben die Volatilitätsindizes VDax und VStoxx, die die Nervosität der Anleger messen, jeweils nur etwa 15 Prozent nach. Am Vortag waren sie um 30 Prozent gestiegen.

Auch die Preisrückgänge bei Gold und Öl hielten sich in Grenzen: Gold verbilligte sich um ein Prozent auf 1334,30 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm), Öl der Nordseesorte Brent kostete mit 109,54 Dollar je Barrel (159 Liter) 1,5 Prozent weniger. Auch am Rentenmarkt waren die Verluste moderat: Der Bund-Future gab etwa die Hälfte des Vortagesgewinnes wieder ab und fiel um 44 Ticks auf 144,71 Zähler.

Nervös schauten viele Anleger nicht nur in Richtung Krim. Ab Mittwoch könnten die Konjunktur und die Notenbankpolitik wieder mehr in den Vordergrund rücken. So werden in Washington erste Arbeitsmarktdaten für den Monat Februar veröffentlicht, die Aufschluss über die weitere Geldpolitik der US-Notenbank Fed geben könnten. Am Donnerstag steht dann die EZB-Ratssitzung auf den Terminkalendern. Mit großer Spannung warten die Investoren auf die Prognosen der Notenbank zur Inflation und zum Wachstum.

RWE-AKTIEN TROTZ VERLUST IM PLUS

Im Dax sorgten zudem nach der Vorlage von Geschäftszahlen RWE und Beiersdorf für Gesprächsstoff. Deutschlands zweitgrößter Versorger nach E.ON stellt sich nach den ersten roten Zahlen in der Nachkriegsgeschichte auf düstere Zeiten ein. Mit einem Minus von fast drei Milliarden Euro fuhr er 2013 angesichts hoher Abschreibungen auf Kohle- und Gaskraftwerke erstmals seit mehr als 60 Jahren einen Verlust ein. Doch die meisten Aktionäre hatten die schlechten Nachrichten bereits verdaut, nachdem der Verlust in der vergangenen Woche durchgesickert war. So notierten die RWE-Aktien am frühen Nachmittag mit 29,14 Euro 1,5 Prozent im Plus.

Nach einer ersten Enttäuschung über den zurückhaltenden Ausblick und die ausgebliebene Anhebung der Dividende stiegen die Anleger auch bei Beiersdorf wieder ein. Die Aktien des Nivea-Herstellers gewannen rund zwei Prozent.

Im Kleinwerte-Index SDax schossen CAToil um über neun Prozent in die Höhe. Am Montag waren die Titel der in Russland stark engagierten Ölbohrfirma um 16,5 Prozent eingebrochen. Auch andere Werte, die am Vortag wegen ihres Russland-Engagements unter Druck gewesen waren, machten Boden gut: Darunter die Papiere von Metro, Stada und Renault. Sie holten je zwei bis drei Prozent auf.

Reuters