Ganz unumwunden schreibt es die Deutsche Börse auf ihrer Website, doch trotzdem wissen viele Privatanleger es nicht: Anleger, die sich für Wertpapiere im Open Market interessieren, wie das Handelssegment des Freiverkehrs in Frankfurt heißt, "müssen sich im Klaren darüber sein, dass die verfügbaren Informationen zu Emittenten geringer sein können". Sie müssen zum Beispiel - anders als im geregelten Markt - keinen Börsenzulassungsprospekt veröffentlichen und auch keine Ad-hoc-Mitteilungen über kursrelevante Informationen veröffentlichen. Vielen Privatanlegern sind diese feinen, aber wichtigen Unterschiede gar nicht bewusst. Für sie ist Börse gleich Börse.

Doch ab 3. Juli werden die Vorgaben für den Freiverkehr strenger. Grund dafür ist die Umsetzung neuer europäischer Vorgaben gegen Marktmissbrauch, die zu diesem Termin greifen. "Mit den neuen Pflichten wird der Freiverkehr dem regulierten Markt angenähert", erläutert Marc Feiler, Justiziar und Leiter der Wertpapierzulassung der Börse München. Für mehr Durchblick bei den Freiverkehrswerten ist damit gesorgt. "Je mehr Informationen Anleger erhalten und je transparenter die Freiverkehrswerte werden, desto besser ist das für Anleger. Da sind wir zufrieden", sagt Christiane Hölz, Landesgeschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Nordrhein-Westfalen. Ähnlich sieht das die Börse München, die im Freiverkehr seit 2005 noch das Qualitätssegment m:access betreibt: "Der Freiverkehr wird dadurch aufgewertet und auch für institutionelle Investoren noch interessanter", so Feiler.

Ad-hoc-Pflicht kommt



Die wichtigste Änderung: Vom 3. Juli an müssen auch jene Unternehmen kursrelevante Informationen unverzüglich melden, deren Erstnotiz im Freiverkehr erfolgte oder die mit ihrem Einverständnis in den Freiverkehr einbezogen wurden. Wenn sie dies versäumen oder falsche oder unvollständige Meldungen abgeben, drohen empfindliche Strafen. "Die Sanktionsrahmen bei Insiderhandel und Marktmissbrauch wurden erweitert, Regelungslücken für ein Eingreifen der Bafin wurden geschlossen. Wir finden das positiv, nicht zuletzt, da die abschreckende Wirkung dadurch verstärkt wird", sagt Anlegerschützerin Hölz.

Nicht von unmittelbarer Bedeutung für Privatanleger, aber ebenfalls neu ist die Pflicht für Freiverkehrswerte, künftig auch Listen von Unternehmensinsidern zu führen, die regelmäßig besonders wichtige Informationen haben. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz Bafin, kann die Listen übrigens ohne Anlass anfordern.

Transparenz - auch bei den Chefs



Führungskräfte müssen ihre Eigengeschäfte in Wertpapieren der Gesellschaft künftig ans Unternehmen sowie an die Bafin melden, wie es im geregelten Markt bereits seit Langem gilt. Die Unternehmen ihrerseits müssen die ihnen gemeldeten Deals ebenfalls der Bafin mitteilen.

Die Finanzaufsicht führt auf freiwilliger Basis eine Datenbank zu den Geschäften, die im Internet eingesehen werden kann. Diese wird dem Vernehmen nach rege genutzt, zumal es auch Handelsstrategien gibt, die auf diesen Informationen fußen. Vom 3. Juli an gibt es dann eine neue Datenbank für alle neue Meldungen. Von diesem Datum an ist die alte Datenbank mit den bisherigen Meldungen noch ein Jahr online. Diese und weitere Informationen sind auch erhältlich unter www.unternehmensregister.de.

Wichtig: Für Auslandswerte, welche die Maklerfirmen in den Freiverkehr einbezogen haben, gelten die rechtlichen Neuerungen nicht. "Der Einbezug in den Freiverkehr ist eigentlich ein Service, den die Börsen in Deutschland schon vor Jahrzehnten eingeführt haben, um deutschen Privatanlegern zu ermöglichen, ausländische Aktien in Euro zu inländischen Konditionen zu handeln, überwacht von einer inländischen Handelsüberwachungsstelle", sagt Feiler. Ein Beispiel wäre die Microsoft-Aktie, für die die rechtlichen Anforderungen der Heimatbörse gelten und die in Deutschland nur im Freiverkehr gehandelt wird. Eine Ad-hoc-Meldung nach deutschem Recht muss Microsoft auch künftig nicht abgeben.