DAS IST LOS BEI APPLE:

Gleich nach der Jahreswende sorgte der iPhone-Konzern für einen Paukenschlag, indem Vorstandschef Tim Cook sich eingestehen musste, die wirtschaftliche Abkühlung im riesigen Markt China unterschätzt zu haben. Weil sich der iPhone-Absatz dort schwach entwickelte, sah sich Cook gezwungen, die Umsatzprognose für die zurückliegenden drei Monate zu kappen. Hatte er noch im November 89 bis 93 Milliarden Dollar erwartet, stellte er nun 84 Milliarden in Aussicht.

Für Apple ist das Weihnachtsquartal traditionell das lukrativste. Der Konzern stellte in diesen drei Monaten mehrfach Rekorde bei Umsatz und Gewinn auf. Umso größer war unter den erfolgsverwöhnten Apple-Anlegern die Ernüchterung nach Cooks Aussagen zum Geschäftsverlauf. Apple hatte zwar bereits im vergangenen November mit einer etwas vorsichtigeren Einschätzung zum Weihnachtsgeschäft erste Hinweise auf eine nicht mehr ganz so rosige Entwicklung gegeben, von einer Prognosekürzung war aber damals nicht die Rede.

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China treffe scheinbar nicht nur die chinesische Wirtschaft, sondern beeinflusse auch das Verbraucherverhalten gegenüber Apple-Produkten, schrieb HSBC-Analyst Erwan Rambourg in einer aktuellen Studie. Börsenbrief-Autor Hans Bernecker merkte kurz nach der Apple-Warnung in seinem täglichen erscheinenden Blatt an: "Smartphones sind kein Wachstumsmarkt mehr."

Dass das offenbar so ist, zeigt sich auch bei Apples großem Rivalen Samsung. Der südkoreanische Konzern rechnet wegen einer schwächeren Nachfrage nach Speicherchips und des schärferen Wettbewerbs bei Smartphones in seinem unlängst gegebenen Ergebnisausblick für das vierte Quartal 2018 mit einem deutlichen Rückgang des operativen Gewinns.

Die chinesischen Konkurrenten Xiaomi, Huawei oder Vivo sind auf dem Vormarsch und haben in ihrem Heimatmarkt Marktführer Samsung schon zurückgedrängt. Analyst Rambourg verwies zudem auf Presseberichte, wonach chinesische Firmen ihre Angestellten mittels Subventionen zu Käufen von Smartphones chinesischer Hersteller animierten. Dies sei kein gutes Zeichen für Apple, so der Experte.

Dem Konzern aus Cupertino macht aber nicht nur die nachlassende Nachfrage in China zu schaffen, die Kalifornier haben auch Probleme in den etablierten Märkten. Dort nämlich wechseln iPhone-Besitzer ihre Smartphones nicht mehr so schnell aus wie früher. Bei Preisen jenseits der 1000-Dollar-Marke für die neuesten iPhones scheinen auch bisherige Fans nachdenklich zu werden.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Insgesamt werden die Analysten für Apple vorsichtiger. Nach der Umsatzwarnung senkten viele ihre Kursziele und votieren entweder mit "Halten" oder "Kaufen", aber keiner mit "Verkaufen". Es herrscht unter ihnen weitgehend Einigkeit, dass Apple nun versuchen wird, das Geschäft mit stark wachsenden Dienstleistungen weiter voranzubringen und damit der Erlösschwäche im bisherigen Kerngeschäft mit Smartphones entgegenzuwirken.

Zum Service-Geschäft zählen etwa der Bezahldienst Apple Pay, der Online-Speicher iCloud und der Streaming-Service Apple Music. Es komme nun darauf an, was Apple mit dem Smartphone in dessen Anwendungsfeldern mache, so Börsenbrief-Autor Bernecker. Dies sei die neue Apple-Wette.

Apples gekürzte Umsatzprognose an sich sorgte bei den Analysten gar nicht mal so sehr für eine Überraschung. Verwundert waren sie eher von ihrer Deutlichkeit. "Wir haben aufgrund der zahlreichen Prognosesenkungen diverser Zulieferer von Apple mit einer schwächeren iPhone-Nachfrage gerechnet, jedoch hat uns das Ausmaß der Reduzierung überrascht", hieß es etwa von der DZ Bank. Deren Analyst Ingo Wermann senkte den fairen Wert für die Apple-Aktie von 162 auf 148 US-Dollar. Wegen der guten Entwicklung der anderen Produktkategorien, des hohen Wachstums der Service-Sparte, der sehr soliden Bilanz sowie der von ihm unterstellten Dividendenerhöhungen und der umfangreichen Aktienrückkäufe bestätigte er aber sein "Halten"-Votum.

HSBC-Analyst Rambourg kürzte bei unveränderter "Hold"-Empfehlung sein Kursziel von 200 auf 160 Dollar. Die Lage in China bleibe für Apple komplex. Ziemlich optimistisch ist hingegen die US-Bank JPMorgan mit ihrem "Overweight"-Votum und einem Kursziel von 228 Dollar. Analyst Samik Chatterjee zufolge steigt nun aber die Wahrscheinlichkeit, dass Apple mit Übernahmen den notwendigen Wandel hin zum Service-Geschäft beschleunigt.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Apple hat nach dem jüngst rasanten Kursverfall seine Stellung als wertvollstes Unternehmen inzwischen an Amazon abgegeben. Der Online-Händler kommt derzeit auf eine Marktkapitalisierung von gut 800 Milliarden Dollar, Apple auf 720 Milliarden. Zwischen Amazon und Apple haben sich zudem Microsoft und die Google-Mutter Alphabet (Alphabet C (ex Google)) geschoben.

Im August 2018 hatte Apple erstmals mit einem Kurs von über 207 Dollar einen Börsenwert von einer Billion Dollar geknackt und war damit das wertvollste US-Unternehmen aller Zeiten. Nach dem Kurshoch bei etwas über 233 Dollar Anfang Oktober wurde Anlegern dann die Luft zu dünn, der Kurs bröckelte zunächst bis auf 215 Dollar ab.

Anschließend begann mit den vorsichtigen Aussagen von Konzernchef Cook zum Weihnachtsquartal die Talfahrt, die Anfang Januar nach Senkung der Umsatzziele bei einem Kurs von 142 Dollar zunächst ihr vorläufiges Ende fand. Die Apple-Aktie hat sich seitdem wieder etwas stabilisiert und kostet nun wieder um die 150 Dollar.

Berichte wie zuletzt in der japanischen Wirtschaftszeitung "Nikkei", wonach die Nachfrage nach den neuen iPhone-Modellen offenbar mau bleibt und Apple seine Zulieferer angewiesen hat, die Produktion für das kommende Quartal um rund 10 Prozent zu drosseln, hinterließen im Apple-Kurs kaum noch negative Spuren. Am Markt galten solche Perspektiven als im Kurs schon längst eingepreist./ajx/tih/jha/

dpa-AFX