Die lange Wartezeit auf neue Produkte hat Apple verwundbar gemacht. Bei einem Börsenwert von 490 Milliarden Dollar ist es naturgemäß schwer, weiter zu wachsen. Die Abhängigkeit vom iPhone, das mehr als 50 Prozent zum Konzernumsatz beisteuert, birgt Risiken. Denn viele Menschen in der westlichen Welt haben inzwischen ein Smartphone und werden nicht jedes Jahr ein neues kaufen. Die Skepsis der Wall Street lässt sich am Aktienkurs ablesen. Während die großen US-Indizes nahe an ihren Rekordständen notieren, ist Apple gut 20 Prozent davon entfernt.
Cook, dem die charismatische Ausstrahlung von Firmengründer Steve Jobs fehlt, versucht die Wall Street mit bewährten Argumenten bei Laune zu halten: Das laufende Aktienrückkaufprogramm wird aufgestockt. Statt 60 Milliarden will Apple jetzt 90 Milliarden Dollar in eigene Papiere investieren. Gleichzeitig wird die Zahl der ausstehenden Aktien massiv erhöht. Durch einen Aktiensplit bekommen Aktionäre Anfang Juni für jedes Papier sechs weitere ins Depot gebucht. Der Kurswert wird entsprechend sinken.
Der Sinn solcher Splits ist umstritten. Eine Theorie besagt, dass Anleger eine Aktie bei einem niedrigeren Kurs eher kaufen, da sie scheinbar billiger ist. Wirklich überzeugend ist diese Logik allerdings nicht. In Finanzkreisen gibt es eine andere Theorie, warum Cook den Kurswert drückt: Der Split könnte Apple den Weg in den Dow Jones ebnen.
Der berühmteste Aktienindex der Welt ist ein seltsames Konstrukt. Ausgewählt werden die Mitglieder von einem Gremium, das an keine festen Kriterien gebunden ist. Aufgrund von Prestige und Größe wäre Apple eigentlich ein sicheres Mitglied. Aber: Die Gewichtung der einzelnen Aktien im Dow hängt stark von ihrem Kurswert ab. Bei rund 560 Dollar wäre Apple mit Abstand das Schwergewicht im Index. Nach dem Split aber würde der Kurswert rechnerisch auf rund 80 Dollar fallen. Das liegt im Mittelfeld der aktuellen Indexmitglieder. Die Aufnahme in den Dow Jones wäre für Apple ein großer Imagegewinn. Für die längerfristige Kursentwicklung aber zählen die Geschäftszahlen. Auch in dieser Kategorie kann Cook Erfolge vermelden. Der Konzerngewinn stieg im abgelaufenen Quartal um sieben Prozent auf 10,2 Milliarden Dollar - Analysten hatten lediglich mit 9,1 Milliarden gerechnet. Auch beim Umsatz lag der Konzern mit knapp 46 Milliarden Dollar über den Erwartungen.
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Umsatzschub aus Asien
Der wichtigste Schub kam aus China. Dort stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um 13 Prozent, nachdem Apple im Januar den Verkauf des iPhones über den größten Mobilfunkanbieter des Landes, China Mobile, gestartet hatte. Für die Enttäuschung des Quartals sorgte das iPad, Apples Tabletcomputer. Dessen Umsatz schrumpfte um 16 Prozent. Cook verwies auf hohe Vergleichswerte auf dem Vorjahr. Analysten aber sehen den Rückgang auch als Zeichen, dass billigere Konkurrenzprodukte Apple Kunden abjagen.
Entscheidend für die weitere Kursentwicklung wird die für den Herbst erwartete Produktoffensive. Apple brauche das "nächste große Ding", erklärt Analyst Gene Munster von Piper Jaffray. In der Vergangenheit haben sich Wetten auf neue Apple-Produkte für Aktionäre meist gelohnt. Das knapp zweistellige Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie lässt Raum für weitere Kursgewinne. 151 Milliarden Dollar des Börsenwerts sind durch die Cashreserven des Konzerns gedeckt. Die Dividendenrendite liegt nach der moderaten Erhöhung jetzt bei etwas mehr als zwei Prozent. Das macht das Warten ein wenig leichter.
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