Apple betritt mal wieder Neuland: Mit der Apple Watch will der US-Technologiekonzern seinen Ruf als Trendsetter mit Hightech-Lifestyleprodukten verteidigen. So wie der iPod und iTunes vor einigen Jahren die Musikwelt umkrempelten, das iPhone eine Zäsur für die Handy-Branche darstellte und das iPad den Tablet-PCs zum Durchbruch verhalf, soll auch die Armbanduhr neues Terrain erobern. Bislang sind solche tragbaren Kleinstcomputer, so genannte Wearables, noch ein sehr überschaubares Marktsegment. Apple hofft wie beim Hauptumsatzbringer iPhone nun auf den Durchbruch. Einige Experten halten die neue Uhr aber nicht für den großen Wurf.

An der Börse herrschte am Mittwoch nach der Präsentation der Uhrenkollektion und der neuen iPhone-Generation Ernüchterung. Die in Frankfurt gehandelten Aktien des kalifornischen Konzerns gaben zwei Prozent nach. Analysten und Technologie-Experten bemängelten, dass Apple bei der Präsentation am Dienstagabend keine große Überraschung aus dem Hut zauberte. "Ich weiß nicht, ob sie mit dieser Uhr in die richtige Richtung gehen", sagte Analyst Daniel Morgan von Synovus Trust Company in Atlanta. Die Tatsache, dass die wichtigsten Funktionen nur in Kombination mit einem iPhone zu nutzen seien, schränke den Kreis potenzieller Käufer ein. Andere Experten bemängelten, dass die Batterie-Laufzeit vergleichsweise gering sei.

Paul Jackson vom Marktforscher Ovum, ergänzte, Konkurrenzmodelle wie etwa die von Samsung seien eigenständiger. Verschiedene Designs biete etwa auch LG Electronics. Die klassischen Hersteller von Armbanduhren wie Swatch könnten nach der Vorstellung beruhigt sein, meinte Analyst Jon Cox von Kepler Cheuvreux. Dennoch verloren Swatch-Aktien mehr als zwei Prozent.

Auch der ebenfalls angekündigte Handy-Bezahldienst Apple Pay stieß auf Skepsis. Er sorge zwar für mehr Kundenbindung, sein Gewinnbeitrag werde voraussichtlich aber gering bleiben, sagte Analyst Andy Hargreaves von Pacific Crest Securities. Mit Apple Pay können iPhone-Nutzer künftig in Geschäften an Kassen bezahlen, ohne ihre Kreditkarten zücken zu müssen. Als Partner konnte Apple bereits McDonald's, Walt Disney und die Biosupermarkt-Kette Whole Foods gewinnen.

Die neue iPhone-Serie unterscheidet sich von ihren Vorgängern vor allem durch einen größeren Bildschirm. Damit stößt das Unternehmen in das Marktsegment vor, das bisher vom südkoreanischen Erzrivalen Samsung dominiert wurde. Mit den Smartphones erzielt Apple mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes.

Auf Seite 2: APPLE WATCH AB 2015 ZU HABEN

APPLE WATCH AB 2015 ZU HABEN

Im Mittelpunkt der aufwendigen Präsentation stand aber die Apple Watch. Seit Jahren wurde darüber spekuliert, wie die Armbanduhr der Kalifornier aussehen und was sie alles bieten würde. Unter anderem können Träger Fitness-Daten aufzeichnen. Ein Impuls aufs Handgelenk soll über neue Nachrichten auf dem iPhone informieren. Die Apple Watch soll Anfang 2015 auf den Markt kommen und in den USA ab 350 Dollar zu haben sein. Apple hat mehrere Designs aufgelegt, die von sportlich bis elegant reichen. Auch in Goldausführungen wird das Gerät angeboten - für mehr als 1000 Dollar.

Konkurrenten wie Samsung, Sony und LG Electronics haben zwar bereits Smartwatches im Programm - bisher allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Für 2015 erwarten Experten eine weltweite Nachfrage nach solchen Uhren von 42 Millionen Stück. Apple verkauft heute allein in einem guten Quartal so viele iPhones - oder sogar noch mehr. Branchenexperten trauen Apple trotz aller Kritik Milliardenumsätze mit der Uhr zu, da die Kalifornier auch bei ihren anderen Produkten Trendsetter waren. Sollte es Konzernchef Tim Cook mit der Apple Watch gelingen, die Erfolgsgeschichte von Mac, iPod, iPhone und iPad fortzuschreiben, könnte er damit aus dem Schatten seines verstorbenen und von Apple-Fans verehrten Vorgängers Steve Jobs treten.

Auf Seite 3: NEUES U2-ALBUM UMSONST AUF iTUNES

NEUES U2-ALBUM UMSONST AUF iTUNES

Cook knüpfte am Dienstagabend im Flint Center von Cupertino an den Stil an, den Jobs über Jahre pflegte und der half, das Image des Konzerns als Unternehmen mit einem Sinn für Stil und neue Trends zu prägen. Ohne Jackett und Krawatte mit heraushängendem Hemd präsentierte er die neue Produktpalette vor einem Publikum, unter das sich diesmal neben Apple-Fans, Analysten und Technologieexperten auch Prominente und Moderedakteure mischten.

Auf die Bühne gesellten sich zu Cook der irische Rockstar Bono und seine Band U2. Sie spielten ein Lied ihres neuen mit Spannung erwarteten Albums, das daraufhin zum kostenlosen Download auf Apples iTunes-Seite bereitgestellt wurde. Experten waren sich einig: Immerhin das sei dann doch eine echte Überraschung gewesen.

Reuters