Auslöser für den Stimmungswandel ist ein Mix an negativen Faktoren. Die Entscheidung des Managements, künftig keine Absatzzahlen zu Smartphones, Notebooks und Tablets zu veröffentlichen, kommt bei Investoren nicht gut an. Intransparenz wird mit Verlusten quittiert, und könnte die Apple-Aktie auch nachhaltig belasten.
Erschwerend kommt hinzu, dass gerade beim iPhone der Gegenwind zunimmt. Seit rund einem Jahr läuft ein Konflikt mit Qualcomm. Vor wenigen Tagen meldete der Chipkonzern, dass einige iPhone-Modelle in China nicht mehr verkauft werden dürfen. Hier besteht sehr viel Unsicherheit: Apple erklärte, dass sich die Verfügung nur auf Geräte mit iOS 11 bezieht, in China sind aber nur Modelle mit iOS 12 im Handel. Qualcomm sieht die Lage anders: Selbst das von Apple am Montag veröffentlichte Software-Update hätte keinen Einfluss auf die einstweilige Verfügung. Der Verkauf von iPhone 6S, 6S Plus, 7, 7 Plus, 8, 8 Plus und X wäre demnach untersagt. Gerade auf dem wichtigen chinesischen Markt und vor dem Hintergrund des Weihnachtsgeschäfts ist dieser Risikofaktor nicht zu unterschätzen. Auch in Deutschland stellte das Landgericht München eine Verletzung eines Qualcomm-Patents durch Apple fest.
Apple-Experte bekommt kalte Füße
Der nächste Nackenschlag folgte durch Ming-Chi Kuo. Er gilt als bekanntester und treffsicherste Apple-Analyst. Seine neue Prognose für die iPhone-Verkäufe im ersten Quartal 2019 hat er angeblich um 20 Prozent auf nur noch 38 bis 42 Millionen Geräte nach unten genommen. Sollte dies so eintreffen, würde Apple rund zehn Millionen weniger iPhones verkaufen als ein Jahr zuvor. Auch für das Gesamtjahr sieht es nicht gut aus, Kuo kalkuliert 2019 mit nur 188 bis 194 Millionen verkauften Geräten. An der Wall Street lagen die Prognosen bisher bei gut 210 Millionen iPhones. Wichtig zu wissen: Das iPhone steuert gut 60 Prozent zum Konzern-Umsatz bei. Anleger müssen hier aber genau hinschauen, denn der Rückgang könnte durch die höheren Preise der XS-Modelle mit etwas Glück kompensiert werden. Seit vier Quartalen in Folge liegt der durchschnittliche iPhone-Preis oberhalb von 700 Dollar und erreichte zuletzt 793 Dollar. Problematisch wären dann die geringeren Stückzahlen eher für die Zulieferer.
Bis der Konzern wieder Fakten präsentieren wird, vergehen noch gut fünf Wochen. Die Ergebnisse für das abgelaufene Quartal werden am 29. Januar erwartet. Analysten rechnen mit einem Ergebnis je Aktie von 4,66 Dollar, vor 3 Monaten lag die Messlatte noch bei 4,88 Dollar. Ähnlich ist die Tendenz für 2019: Ausgehend von 13,54 Dollar werden aktuell nur noch 13,25 Dollar prognostiziert. 2020 sollen es 14,68 Dollar werden.
Auf Basis der 2020er-Daten liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei rund 10,6. Hier wirkt sich der Kurssturz der vergangenen Wochen natürlich positiv aus: Die Analystenprognosen sind deutlich weniger kräftig gefallen als die Aktie. Im September lag das KGV noch bei 15. Auch die hohen Cash-Reserven von knapp 240 Mrd. Dollar gibt Sicherheit. Allerdings ist dies längst eingepreist und stellt kein Kaufargument dar.
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Interessanter ist ein Blick in den Rückspiegel. Mit dem Fall unter die 200-Tage-Linie (violett) sendete die Aktie kürzlich ein Warnsignal. Ende 2012 und im Sommer 2015 war eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Damals lag das Tief 45 und gut 30 Prozent unter dem vorherigen Hoch, die Bodenbildung erstreckte sich über rund sechs Monate. Das Kursverhalten könnte sich als Blaupause erweisen und spricht für eine zähe Stabilisierung im Bereich der Unterstützung um 150 Dollar. Rücksetzer bis 140 Dollar sind einzuplanen und bieten sich als Einstiegsgelegenheit an.
Unter dem Strich ist somit kaum mit einer schnellen Erholung zu rechnen, auch die Zahlen Ende Januar dürften keinen Befreiungsschlag auslösen. Vielmehr zeichnet sich zumindest für die ersten sechs Monate 2019 eine Seitwärtsbewegung zwischen 140 bis 160 Dollar ab. Wer noch nicht investiert ist, wartet daher ab. Apple-Aktionäre brauchen hingegen einen längeren Atem.
Empfehlung: Halten
Kursziel: 190,00 Dollar
Stopp 129,00 Dollar