Der iPhone-Boom ist zwar vorbei, doch das abgelaufene dritte Quartal zeigt, dass Apple sein Milliardengeschäft weiter ausbauen kann. Insgesamt stieg der Umsatz von April bis Juni um gut ein Prozent auf 53,8 Milliarden US-Dollar, wie der Konzern am Dienstag nach US-Börsenschluss mitteilte. Rechnet man das schwächelnde iPhone-Geschäft heraus, wären die Erlöse sogar um 17 Prozent gestiegen, wie Konzernchef Tim Cook vorrechnete. Insgesamt erzielte Apple im vergangenen Quartal mehr Umsatz und Gewinn als von Analysten erwartet.
Apple löst sich von der iPhone-Abhängigkeit
Das nur sehr kleine Umsatzplus stimmt Cook zuversichtlich. Denn: Von April bis Juni fielen die iPhone-Erlöse um zwölf Prozent auf knapp 26 Milliarden Dollar. Zulegen konnten die anderen Sparten des Techkonzerns.
Ein Schlüsselsegment sind die Serviceangebote von Apple. Dazu gehören der Streaming-Service Apple Music, der Bezahldienst Apple Pay und der iCloud-Speicherplatz auf Apples Servern. Der Techgigant hat inzwischen 420 Millionen Abo-Kunden für eines dieser Angebote. Der Umsatz in der Kategorie legte im abgelaufenen Quartal um 12,6 Prozent auf den Rekordwert von 11,5 Milliarden Dollar zu.
Trotzdem bleibt das iPhone vorerst das wichtigste Apple-Produkt. Doch der Anteil am gesamten Geschäft des US-Konzerns fiel auf 48 Prozent - der niedrigste Wert seit sieben Jahren. Früher waren es oft mehr als 60 Prozent.
Für das größte Umsatzplus sorgte im dritten Quartal die Sparte mit Zubehör. Das Geschäft mit der Apple Watch, den AirPods - das sind die kabellosen Kopfhörer von Apple - sowie den vernetzten HomePod-Lautsprechern boomt. Hier schoss der Umsatz auf 5,5 Milliarden Dollar nach oben: Fast doppelt so viel wie im Vergleichsquartal.
Und auch die anderen beiden Segmente konnten überzeugen. Bei den Mac-Computern stieg der Umsatz von 5,3 auf 5,8 Milliarden Dollar, beim iPad von 4,6 auf gut 5 Milliarden.
Zukunftsmusik
Um noch unabhängiger vom iPhone zu werden hat das Unternehmen aus dem Silicon Valley einige Projekte in der Pipeline. So wird das Geschäft mit Musik, dem App Store und Cloud-Dienstleistungen ausgebaut. Zudem soll in den kommenden Monaten der Streamingdienst Apple TV+ für selbst produzierte Filme und Serien dazu kommen, um Anbietern wie Netflix und Amazon die Stirn zu bieten. Ein weiterer Umsatztreiber könnte die hauseigene Kreditkarte werden. Diese soll im August in den USA auf den Markt kommen.
Das ist notwendig, denn Apple verdiente unterm Strich gut zehn Milliarden Euro und damit zum dritten Mal in Folge weniger. Insgesamt war das ein Rückgang von rund 13 Prozent im Jahresvergleich.
Auch in China geht es wieder aufwärts
In China lief es zwar nicht so rund wie früher, aber nicht mehr ganz so schlecht wie zu Jahresbeginn: Der Umsatz fiel dort um vier Prozent auf 9,2 Milliarden Dollar. Im Zeitraum Januar bis März war er noch um 22 Prozent eingebrochen. Mit dem jetzigen Umsatzrückgang schnitt Apple zudem etwas besser ab als der Gesamtmarkt für Smartphones in China. Dieser fiel der Marktforschungsfirma Canalys zufolge um sechs Prozent. In China gehe es in allen Sparten aufwärts, nur im iPhone-Bereich nicht, so Cook zur Nachrichtenagentur Reuters.
Die Schwäche dort liegt vor allem am Handelsstreit zwischen der Volksrepublik und den USA. Zwar wurden die zuletzt ins Stocken geratenen Verhandlungen wieder aufgenommen. US-Präsident Donald Trump warnte die Regierung in Peking zuletzt aber mit harschen Worten, nicht auf Zeit zu spielen.
Einschätzung der Redaktion
Die Quartalszahlen kamen unter Investoren gut an: Anleger an der Wall Street deckten sich am Mittwoch mit Aktien ein und trieben den Kurs vorbörslich um 4,2 Prozent auf 217 Dollar. Dadurch stieg der Börsenwert des iPhone-Herstellers wieder knapp über die Billionengrenze. Allerdings ist ihm der IT-Konzern Microsoft bei der Marktkapitalisierung einen Schritt voraus.
Am deutschen Aktienmarkt legt die Aktie zum Mittag knapp 4,5 Prozent auf mehr als 195 Euro zu und greift damit ihr Allzeit-Hoch bei 200 Euro von Ende 2018 an. Charttechnisch betrachtet bewegt sich das Apple-Papier seit Jahresbeginn seitwärts. Mit dem Kurssprung vom Mittwoch könnte die Aktie den Trend nach oben durchbrechen.
Spannend auch für die Zukunft: Apple verdient derzeit hauptsächlich durch das Geschäft mit Geräten. Sollte der Absatz von iPhones weiterhin rückläufig sein, dürfte das die Geschäftspolitik des US-Konzerns langfristig verändern. Denn anfangs diente das Online-Angebot als Ergänzung, um die eigenen Geräte attraktiver zu machen. Jetzt sind sie aber ein eigenständiger wirtschaftlicher Faktor mit zunehmender Bedeutung. Es ist zum Beispiel finanziell lukrativ für Apple, wenn Nutzer viel Geld in Spiele-Apps ausgeben oder größere Mengen Online-Speicherplatz brauchen.
Trotzdem sollten Anleger weiterhin abwarten. Nach zwei enttäuschenden Quartalen sei Apple die Rückkehr auf den Wachstumspfad beim Umsatz zwar gelungen, so der DZ Bank-Analyst Ingo Wermann. Die Risiken durch den Handelsstreit und den rückläufige Smartphone-Boom sind dennoch nicht zu unterschätzen. Wir bleiben deshalb bei unserer Einschätzung: Beobachten.
Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 200,00 Euro
Stoppkurs: 155,00 Euro
Mit Material von dpa-AFX/rtr