Wenn Apple-Boss Tim Cook Analysten nach der Vorlage der Quartalszahlen zur Telefon-Konferenz bittet, werden erst mal die Rekorde verlesen. Doch so umfangreich wie gestern Abend war die Liste der neuen Bestmarken schon lange nicht mehr. Die Apple Watch? Die erfolgreichste Smartwatch auf dem Markt. Neue MacBooks? Sorgen für steigende Gewinne. Und das iPhone? Ein Traum. Satte 78,3 Millionen Einheiten haben die Kalifornier im wichtigen Weihnachtsgeschäft verkauft. Das waren zwei Millionen mehr als die Analysten erwartet haben - und natürlich "mehr als jemals zuvor", jubelte Cook.
Vor allem das iPhone 7 Plus mit dem größeren Display schlägt sich unerwartet gut. Das MaxiPhone habe den "bislang höchsten Anteil am Produkt-Mix" seit seiner Einführung im Herbst 2014, verkündete der Apple-Boss.
Für Apple ist das ein schönes Geschäft. Denn die größeren Geräte bringen mehr Umsatz - und werfen vor allem mehr Gewinn ab. Immerhin 695 Dollar setzte Apple im abgelaufenen Quartal je iPhone um nach 691 Dollar im Vorjahr. Die Wall-Street-Auguren hatten Apple lediglich 688 Dollar je Gerät zugetraut. Analysten zeigten sich entsprechend beeindruckt. Der iPhone-Absatz und die höheren Durchschnittserlöse seien "positive Überraschungen", urteilte etwa UBS-Mann Steven Milunovich.
Nun darf man vermuten, dass Apple mit seinem Sprint zum Jahresende 2016 auch vom Desaster bei Samsung profitiert hat, dessen vermeintlicher iPhone 7 Plus Killer Samsung Galaxy Note 7 mit brennenden Akkus weltweit für Schlagzeilen sorgte und den Koreanern Milliardenverluste und einen herben Image-Schaden verpasst hatte. Aber Investoren wird das nicht allzu sehr bekümmern - zumal das Geschäft auch sonst sehr ordentlich läuft.
Starkes Service-Geschäft
Beispiel Service-Geschäft: Der Bereich um Apple Music, iCloud und den App Store ist mit einem Wachstum von zuletzt 18 Prozent auf 7,2 Milliarden Dollar inzwischen der wachstumsstärkste Bereich. In den nächsten Jahren soll das so weiter gehen. Bis 2020 sollen sich die Erlöse verdoppeln, kündigte Cook gestern Abend an.
Auch im Computer-Geschäft hellt sich die Lage weiter auf. Zwar legte der Absatz gegenüber dem Vorjahr lediglich um ein Prozent zu. Aber beim Umsatz steht ein Plus von sieben Prozent auf 7,24 Milliarden Dollar. Zur Begründung verweisen Beobachter vor allem auf die Preiserhöhungen bei den neuen MacBooks Pro. Sie waren kurz vor Weihnachten in den Verkauf gekommen und starten bei 1699 Euro für das kleinste Modell ohne Touch Bar.
Auf Seite 2 Einschätzung der Redaktion
Einschätzung der Redaktion
Unter Investoren war die Skepsis gegenüber Apple zuletzt gewachsen. Der Smartphone-Markt gehe nach einer steilen Wachstumsphase in Stagnation über, heißt es. Dies dürfte auch bei Apple auf die Margen drücken. Gleichzeitig habe der Konzern bei neuen Projekten wie einem möglichen iCar oder seiner Spracherkennungssoftware Siri wichtige Entwickler verloren. Die Abgänge nähren die nach dem Tod des legendären Konzerngründers Steve Jobs ohnehin grassierenden Zweifel an der Innovationskraft des Konzerns zusätzlich.
Doch mit den jüngsten Zahlen könnte sich die Stimmung nun wieder spürbar aufhellen. Denn die neuen MacBooks schlagen sich trotz ihres hohen Preises unerwartet gut. Das Service-Geschäft läuft und das mit einem Umsatz-Anteil von inzwischen 70 Prozent entscheidende iPhone-Segment hat gerade ein neues Rekordquartal hingelegt.
Natürlich hat der Konzern auch ein paar Baustellen. In China ist das Geschäft zuletzt schwierig gewesen. Die iPad-Umsätze bleiben mit einem Minus von 22 Prozent im Weihnachtsquartal weiter auf Talfahrt. Dazu sorgt der starke Dollar für wachsenden Gegenwind.
Aber Anleger sollten sich davon dennoch nicht beirren lassen. Die Mutter aller Smartphones feiert in diesem Jahr ihren 10. Geburtstag. Nach den bei Apple üblichen Produktzyklen wäre im Herbst zwar eigentlich nur ein kleineres Hardware-Update des aktuellen iPhone 7 (iPhone 7 S) fällig. Aber viele Beobachter erwarten, dass Tim Cook und Co. ihrem Flaggschiff-Produkt zur Geburtstagsparty im Herbst ein komplett neues und deutlich cooleres Design spendieren. Außerdem könnte das neue iPhone 8 endlich das lange erwartete OLED-Display bekommen und die Möglichkeit, den Akku kabellos zu laden. Wenn das so kommt, dürften die iPhone-Absätze im nächsten Weihnachtsquartal noch mal richtig zulegen.
Apple hat 246,1 Milliarden Dollar cash, die neuen Produkte laufen überraschend gut. Mit dem iPhone 8 hat der Konzern noch ein Ass im Ärmel. Auch charttechnisch ist alles im grünen Bereich. Der aus dem Juni 2016 stammende Aufwärtstrend ist intakt. Das Papier steht kurz vor der wichtigen Marke bei 124 Dollar. Fällt der Widerstand, wäre der Weg bis zum jüngsten Hoch bei 134 Dollar frei. Wir bleiben daher bei unserer Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 134 Dollar
Stopp: 112 Dollar.