Wenn der US-Riese Apple zur Präsentation neuer Produkte lädt, ist die Aufmerksamkeit überwältigend. Schon Monate vor der Veranstaltung spekulieren Analysten und Reporter beherzt über mögliche Hardware-Upgrades, Farbvarianten bei Macbooks und iPhones oder die Frage, ob die nächste Generation der Streamingbox Apple TV eine vibrierende Fernbedienung erhält oder nicht.

Apple ist darüber nicht böse - im Gegenteil. Die Kalifornier schüren den massenhaften Multimedia-Hype mit einer an Verfolgungswahn grenzenden Geheimhaltung und sichern sich so auch noch milliardenschwere Werbung - umsonst. Doch so wild wie vor dem jüngsten Apple-Event am Dienstag war die Aufregung wohl selten in der Geschichte der US-Company.

Riesige Erwartungen im Vorfeld



Natürlich lag das am Datum. Denn im September stellt der Konzern traditionell die nächste Version des iPhone vor - und das feiert in diesem Jahr auch noch einen runden Geburtstag: Die erste Version des iPhone kam vor zehn Jahren auf den Markt und hat mit seiner Touchscreen-Steuerung eine ganze Industrie revolutioniert. Auch wirtschaftlich ist das iPhone eine einzige Erfolgsstory. Inzwischen steuert das Handy mit dem Apfel rund zwei Drittel zum Umsatz der Kalifornier bei.

Und dann war da auch noch die Sache mit dem Ort: Denn zur Präsentation hat Apple dieses Jahr erstmals auf seinen nagelneuen Campus in Cupertino geladen. Umgerechnet sagenhafte fünf Milliarden Euro soll Apple für seine neue Zentrale im Silicon Valley hingelegt haben. Neben einem riesigen runden Bürogebäude im Raumschifflook gönnten sich die Kalifornier auch noch ein eigenes Veranstaltungszentrum. Es ist benannt nach dem legendären Apple-Gründer Steve Jobs und sollte am Dienstag eingeweiht werden. Kein Wunder also, dass der Hype um das Unternehmen und die wild sprießenden Spekulationen um ein vermeintliches Super-iPhones in den vergangenen Wochen eine - selbst in Apple-Maßstäben - neue Dimension erreichte.



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Starkes Portfolio



Aber Apple hat geliefert. Neben einer neuen Version von Apple TV kündigte Cook am Dienstag Abend die dritte Generation der Apple Watch an. Sie kann jetzt Mobilfunk und damit zum Beispiel Musik aus Apples eigener iTunes-Bibliothek streamen. Dazu gab es neue, aufgebohrte iPhones, die nahtlos an die Serie 6 und 7 anknüpfen und "one more thing", wie Tim Cook in alter Jobs-Tradition zum Ende der Veranstaltung ankündigte: Ein Jubiläumsgeschenk namens "iPhone X".



Das neue Gerät sei seit dem ersten iPhone aus dem Jahr 2007 "der größte Sprung nach vorne", versicherte Cook der Gemeinde der Apple-Jünger im Tim Cook Theatre. Das komplett neu entwickelte Gerät verfügt über einen praktisch rahmenlosen Bildschirm, was bei vergleichbarer Größe ein Display mit einer Diagonalen von 5,8 Zoll möglich macht und das iPhone Plus damit übertrifft.

Dazu setzt Apple bei der Anzeige erstmals auf die OLED-Technologie. Sie gilt als besonders brillant und verbraucht weniger Energie als die bislang von Apple verwendeten LCD-Panels. Und statt des zuletzt verwendeten Fingerabdrucksensors (Touch ID) lässt sich das Jubiläumshandy nun per Gesichtserkennung (Face ID) entsperren.

Kunden werden für die neuen Technik-Features von Apple aber kräftig zur Ader gelassen. Je nach Speicherkapazität werden für das neue Flaggschiff im Apple-Reich satte 1149 (64 GB) oder sogar 1319 Euro (256 GB) fällig.

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Einschätzung der Redaktion



Die Erwartungshaltung im Vorfeld der jüngsten Produktvorstellung waren fast beängstigend. Seit gut zehn Monaten schon bringen Apple-Analysten ihre Rechner mit Excel-Kalkulationen über mögliche Umsatzpotenziale zum Glühen, Nachrichtenagenturen schickten einen Ausblick nach dem anderen. TV-Sender baten sämtliche verfügbare Apple-Experten zum Gespräch.

Jetzt liegen die Karten auf dem Tisch. Und Apple hat nicht enttäuscht - im Gegenteil. Das neue iPhone X sieht aus wie ein Überhandy und dürfte damit vor allem statusbewusste Manager und Unternehmer anziehen. Doch jenseits der Luxus-Aura verfügt das iPhone X auch über einige richtungweisende Neuerungen. Die Gesichtserkennung könnte einen neuen Trend setzen. Dazu kann das iPhone X ebenso wie das iPhone 8 Augmented-Reality. Dabei werden in ein Livebild zusätzliche Inhalte eingeblendet. Künftig könnten so etwa Navidaten über ein Livebild vom Potsdamer Platz gelegt werden und die Orientierung damit erheblich erleichtern.

Apple geht mit dem stärksten Produktportfolio aller Zeiten ins wichtige Weihnachtsgeschäft. Das iPhone X, das iPhone 8 und auch die Apple Watch 3 liefern jede Menge Anreize für ein Upgrade. Angesichts dessen trauen wir dem Konzern das beste Weihnachtsgeschäft seiner Geschichte zu - mit satten Zuwächsen bei Umsatz und Gewinn.

Zwar gab es bei der Apple-Aktie nach der Präsentation heute Gewinnmitnahmen. Wir sehen mögliche Rückschläge jedoch weiterhin als Einstiegsgelegenheiten und bleiben bei unserer Empfehlung: Kaufen.

Kursziel: 190,00 Dollar
Stopp: 142,00 Dollar