Am Kapitalmarkt hat Argentinien gerade ein fulminantes Comeback hingelegt. Das ist höchst erstaunlich. Denn wegen arg angeschlagener Finanzen und einer unberechenbaren Politik hatten die Südamerikaner zuletzt keinen Zugang zu den internationalen Finanzmärkten. Fast im Alleingang haben dafür Nestor Kirchner und seine Frau Cristina Kirchner gesorgt, die als politische Führungsfiguren aufeinanderfolgend zwölf lange Jahre die Geschicke des Landes bestimmten. Das geschah nach Gutsherrenart und in Geberlaune, mit dem Endergebnis eines heruntergewirtschafteten Landes.

Doch seit dem vergangenen November gibt es wieder Hoffnung, nachdem Wahlen eine Ablösung an der Staatsspitze brachten. Der neue starke Mann heißt Mauricio Macri. Für den früheren Präsidenten des Fußballclubs Boca Juniors ist Angriff die beste Verteidigung. Seit seinem Amtsantritt hat er einige Reformhebel in Bewegung gesetzt.

Besonders wichtig ist die Einigung mit Altschuldnern. Die hatten Argentinien durch ihr Pochen auf Einlösung unbeglichener Verbindlichkeiten zusehends den Geldhahn zugedreht. Ohne Einigung war der wichtige Zugang zum internationalen Kapitalmarkt versperrt. Doch nachdem ein Kompromiss gefunden ist, wurde das Land in der abgelaufenen Woche wieder als Kreditnehmer akzeptiert. Nach einer erzwungenen 15-jährigen Abstinenz rissen sich die Investoren sogar förmlich um die neuen argentinischen Schuldpapiere. Einem angebotenen Volumen von 16,5 Milliarden Dollar standen Gebote von gut 69 Milliarden Dollar gegenüber.

Bei einem Zinssatz von im Schnitt 7,2 Prozent ist die große Nachfrage im Niedrigzinsumfeld einerseits verständlich. Andererseits ist die Lage des Landes unverändert schwierig. Die Herausforderungen sind immens. Beispielsweise sind tiefe Einschnitte nötig, um die Ausgaben zu senken, was sich bei den Bürgern zunächst negativ im Geldbeutel auswirken wird. Das kann sich bei den nächsten Wahlen rächen, falls sich bis dahin keine spürbaren wirtschaftspolitischen Erfolge einstellen - denn Teile der Gesellschaft fanden es in der bisher aufgespannten staatlichen Hängematte ganz bequem. Bis auf Weiteres haftet Investitionen in Argentinien deshalb ein politisches Risiko an.

Mut macht aber, dass Macri einen marktwirtschaftlicheren und weniger staatsgläubigen Kurs verfolgt als der Kirchner-Clan. Ein wichtiges Signal war etwa die Umstellung der von Kirchner eingeführten, international unüblichen volkswirtschaftlichen Berechnungsmethoden. Doch leicht wird der Kampf nicht. So muss unter anderem die viel zu hohe Inflation gesenkt werden. Die wird für dieses Jahr auf rund 40 Prozent geschätzt. Zudem will ein Leistungsbilanzdefizit finanziert sein, das das Forschungsinstitut Capital Economics für 2016 auf rund zwölf Billionen Dollar taxiert.

Die Finanzmärkte sind aber gewillt, Vorschusslorbeeren zu gewähren. Das Risiko eines Kreditausfalls Argentiniens ist laut Volkswirt Heinz Mewes von LatAmConsult auf den niedrigsten Stand seit über acht Jahren gesunken. Am Aktienmarkt hat der Merval-Index den Verkauf der erwähnten Anleihen mit einem Tagesplus von fast fünf Prozent begrüßt. Kürzlich wackelte das Rekordhoch bei 14 174 Punkten aus dem Vorjahr. Stark gestiegen ist der Merval übrigens schon in den vergangenen Jahren. Doch dabei muss man die hohe Inflation einkalkulieren. Zudem boten Aktien Möglichkeiten, die zuvor gültigen Devisenbeschränkungen zu umgehen.

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Noch nicht zu teuer



Der Index MSCI Argentinien ist in den Vorjahren im Gegensatz zum Merval nicht vom Fleck gekommen. Doch das könnte sich bei erfolgreichen Reformen ändern. Morgan Stanley hält dann einen Anstieg der inflationsbereinigten Eigenkapitalrenditen von 3,3 Prozent im Vorjahr auf sechs Prozent bis 2020 für möglich. Selbst das würde aber noch deutlich unter den Eigenkapitalrenditen von 11,7 Prozent liegen, die vor der Staatspleite 2001 im Schnitt gemessen wurden. Morgan Stanley stuft den derzeit bei 2829 Punkten notierenden Index MSCI Argentinien erst bei Kursen oberhalb von 4000 Punkten als "hoch bewertet" ein. Auf Basis der geschätzten Gewinne würde sich die KGV-Spanne dann bei 13,5 bis 16,0 bewegen.

BÖRSE ONLINE hat vier aussichtsreiche Aktien herausgefiltert. Mercadolibre ist in einem spannenden Bereich tätig: Das Unternehmen ist Lateinamerikas führender Internethändler. Verlockend ist nicht zuletzt das Gewinnwachstum, das Analysten für die nächsten fünf Jahre auf rund 25 Prozent jährlich schätzen.

Gute Perspektiven hat auch der Softwaredienstleister Globant, der unter anderem bei Megatrends wie Cloud, Internet der Dinge, Wearables - also kleiner, tragbarer Computer - oder Big Data mitmischt. Hier scheinen Ergebniszuwächse von 20 Prozent jährlich drin zu sein.

Grupo Clarin ist Argentiniens größter Medienkonzern. Das Geschäft ist längst sehr digital geworden. Nach vielen Querelen mit den inzwischen abgelösten Machthabern dürfte es die Gesellschaft künftig etwas leichter haben. Doch schon unter alter politischer Führung hat die Aktie einen Aufwärtstrend etabliert. Gemessen an den Aussichten ist die Bewertung moderat.



Deutlich aufhellen dürften sich bei einer erfolgreichen Reformpolitik auch die Geschäftsaussichten für Banken wie BBVA Banco Francés. Morgan Stanley zählt Bankaktien sogar zu den größten Favoriten. Trotz der Fürsprache der US-Investmentbank investieren in Argentinien wegen der fragilen politischen Konstellation aber nur risikofreudige Anleger.



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