Frankreichs Präsident Francois Hollande sprach von ernsthaften und glaubwürdigen Vorschlägen. Die Bundesregierung hielt sich mit einer Bewertung allerdings noch zurück. Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras sicherte sich für seinen Vorstoß den Rückhalt eines Teils der Opposition. Die Eurogruppe will nun am Samstag entscheiden, ob die Maßnahmen ausreichen, um über ein neues Hilfspaket im Rahmen des Euro-Rettungsfonds ESM zu verhandeln. Dafür müsste in der kommenden Woche der Bundestag in einer Sondersitzung grünes Licht geben.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem schürte Hoffnungen auf eine Einigung beim Treffen der Euro-Finanzminister am Samstag und beim EU-Sondergipfel am Sonntag, indem er von einer "großen Entscheidung" sprach, die bevorstehe. Das Bundesfinanzministerium hielt sich bedeckt. Der Ausgang des Treffens sei völlig offen, sagte ein Sprecher. Für eine Restrukturierung der Schulden gebe es sehr wenig Spielraum. Die von Griechenland geforderte Erleichterung beim Schuldendienst dürfte daher ein Knackpunkt sein.

Mit Steuererhöhungen und einer Rentenreform will Griechenland die Gläubiger zu weiteren Milliardenhilfen bewegen - und eine Staatspleite in letzter Minute abwenden. Pünktlich vor Ablauf eines Ultimatums schickte die Regierung in Athen am Donnerstagabend ihre Pläne an die Geldgeber. Vorgesehen ist demnach etwa, Reeder höher zu belasten und Steuervergünstigungen für Inseln zu streichen. Im Gegenzug verlangt Griechenland 53,5 Milliarden Euro an Hilfen, um bis 2018 seine Schulden bedienen zu können.

Für das hoch verschuldete Land wurden seit 2010 bereits zwei Rettungspakete im Volumen von 240 Milliarden Euro geschnürt. Die Reformen und Sparmaßnahmen sollen die Wirtschaft wettbewerbsfähiger machen und den Haushalt sanieren. Allerdings ist die Wirtschaftskraft in den vergangenen Jahren um ein Viertel eingebrochen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 25 Prozent.

Die Börsen reagierten positiv auf die mögliche Wende in dem zähen Streit. Aktienkurse und der Euro legten deutlich zu.

Aus der Unions-Fraktion wurden aber Vorbehalte laut. "Entweder die griechische Regierung trickst ihr eigenes Volk aus oder wieder mal uns", sagte Vizefraktionschef Hans-Peter Friedrich (CSU) im Deutschlandfunk. Sein SPD-Kollege Axel Schäfer sieht dagegen gute Chancen für eine Umsetzung der Vorschläge. "Es ist ein ganz wichtiger Schritt nach vorne, der aber längst hätte gemacht werden können", sagte er Reuters.

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GLÄUBIGER BERATEN AM FREITAGNACHMITTAG



Die Spitzen des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und der Eurogruppe wollten sich noch am Freitag mit den Vorschlägen befassen. Dijsselbloem sagte, es handele sich um eine sorgfältige Liste. Hollande erklärte, Griechenland habe gezeigt, dass es entschlossen sei, in der Euro-Zone zu bleiben.

In Griechenland zeigte sich Tsipras bemüht, seine Syriza-Partei hinter den Zugeständnissen an die Gläubiger zu versammeln. Der Sprecher der Syriza-Parlamentsfraktion, Nikos Filis, äußerte sich zuversichtlich, dass die Volksvertretung im Laufe des Tages der Regierung ein Mandat erteilen werde, mit den Gläubigern über erste Reformschritte zu verhandeln. Die Oppositionspartei To Potami sagte bereits ihre Unterstützung zu. Einige Vertreter der äußersten Linken in der Syriza sagten aber, ein Austritt aus der Euro-Zone sei einem Sparpaket vorzuziehen, das keinen Schuldenerlass vorsehe.

Die Reformliste umfasst Maßnahmen für mehr Einnahmen, etwa durch eine Erhöhung der Unternehmenssteuern noch in diesem Jahr. Für Gaststätten und Hotels soll der Mehrwertsteuersatz steigen. Vorgesehen sich auch Sparauflagen: Sonderzahlungen für Rentner mit niedrigem Einkommen werden den Planungen zufolge bis 2019 schrittweise abgeschafft. Der Verteidigungsetat soll in zwei Schritten um 300 Millionen Euro schrumpfen.

Die Regierung versprach außerdem einen verbindlichen Zeitplan für die Privatisierung von Staatsunternehmen wie dem Hafen von Piräus oder Regionalflughäfen. Die verbliebenen Staatsanteile am Mobilfunker OTE, an dem die Deutsche Telekom beteiligt ist, sollen an die Privatisierungsbehörde gehen.

Für Griechenland wird die Zeit knapp. Am 20. Juli muss das Land 3,5 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen, die es ohne neue Hilfen wohl nicht aufbringen kann. Bleibt die Zahlung aus, könnten spätestens dann die Nothilfen für die griechischen Banken gestoppt werden. Die Geldinstitute sind aus Furcht vor einem Kundenansturm bereits seit Ende Juni geschlossen. Überweisungen ins Ausland sind stark beschränkt. An Geldautomaten gilt eine Grenze von 60 Euro am Tag.

Reuters