Dividenden: Einige Unternehmen zahlen Aktionären seit Jahren Gewinnbeteiligungen aus, ohne dass der Fiskus sofort seinen Teil abzwackt. Wie funktioniert dieser Trick? Von Michael Schreiber



Deutsche Firmen zahlen dieses Jahr 31 Milliarden Euro an Dividenden aus. Und für einige Aktionäre gibt es außerdem noch eine besondere Überraschung: Manchmal landet die Dividende brutto für netto auf d em eigenen Konto. Der Fiskus bekommt erst mal nichts ab, wenn Firmen wie Deutsche Telekom und Deutsche Post ihr Füllhorn ausschütten. Aber ist das wirklich so oder droht am Ende doch eine böse Überraschung?

Bei den meisten börsennotierten deutschen Firmen tritt das Phänomen gar nicht auf. Entweder weil sie keine Dividenden zahlen oder weil sie erzielte Profite vergangener Jahre an ihre Aktionäre ausschütten. Diese zahlen nach Verbrauch des Sparerpauschbetrags (801 Euro pro Person) 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Soli und eventuell Kirchensteuer.

Dividenden aus Kapitalreserven



Manchmal muss man aber auch gar nichts versteuern. Einige deutsche Firmen zahlen teilweise schon seit Jahren steuerfreie Dividenden aus. Wie so oft hat der Geldsegen Vor-, aber auch Nachteile. Diese Firmen greifen dafür nämlich auf Kapitalreserven zurück und nicht - wie bei normalen Dividenden - auf operativ erwirtschaftete Profite. Genau genommen sind es Einzahlungen aus Kapitalerhöhungen und Einlagen früherer Jahre, die hier als Dividende fließen. Die Depotbank zwackt auf die Auszahlungen weder Abgeltungsteuer noch Soli oder Kirchensteuer ab. Auch ein erteilter Freistellungsauftrag wird nicht angeknabbert. Die Dividende landet zwar steuerlich ungeschmälert auf dem Konto des Anlegers. Jedoch werden zeitgleich mit Auszahlung der Dividende die im Depot ausgewiesenen Einstandskurse für die Aktien um genau den gleichen Betrag gekürzt.

Steuerfreiheit oder -stundung?



Ob die Dividenden am Ende wirklich steuerfrei sind, hängt einzig davon ab, wann man die Aktien gekauft hat. Wer Deutsche Post, Telekom und Co (siehe Tabelle) schon vor 2009 im Depot hatte, freut sich jetzt über tatsächlich steuerfreie Dividenden, weil der gesamte Aktienbestand im steuerfreien Bereich "geparkt" ist. Tipp: Wer solche Altbestände erbt, übernimmt mit dem Erbe auch den ursprünglichen Kaufzeitpunkt und die Anschaffungskosten der Aktien. Die Steuerfreiheit wird quasi vererbt.

Schlechter dran sind Aktionäre, die diese Papiere erst ab 2009 erworben haben. Grund: Seit Anfang 2009 sind Kursgewinne neu erworbener Titel unbegrenzt steuerpflichtig. Da die (erst einmal) steuerfreien Dividenden vom ursprünglich gezahlten Kaufpreis der Aktien abgezogen werden, erhalten diese Anleger nur einen Steueraufschub bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie diese Aktien veräußern. Abgeltungsteuerpflichtig ist dann der realisierte Kursgewinn - also die Differenz zwischen Verkaufspreis und den um die Dividenden gekürzten Anschaffungskosten. An- und Verkaufsspesen mindern dabei die Steuer.

Tipp: Den Zeitpunkt, an dem Steuern fällig wird, bestimmen Aktionäre selbst. Das richtige Timing hilft, die aufgeschobene Steuerlast zumindest in Grenzen zu halten: Steuerfüchse legen den Verkauf in Jahre, in denen sie mit anderen Wertpapieren Verluste erzielt haben, die sich mit dem Verkaufsgewinn verrechnen lassen.

Hauptversammlung bringt Klarheit



Nur bei wenigen Firmen steht schon definitiv fest, dass ihre Dividende auch 2017 komplett steuerfrei ist - darunter Deutsche Post und Deutsche Telekom. Andere schütten ihre Kapitalreserven nur anteilig aus - der Rest der Dividende kommt dann aus tatsächlich erwirtschafteten Gewinnen. Hat ein Aktionär den Sparerpauschbetrag aufgebraucht, behält die Depotbank von diesem Teil der Dividende Steuern ein. Alle Unternehmen in der Tabelle haben 2016 Ausschüttungen aus Kapitalreserven gezahlt. Ob und in welcher Höhe sie das auch in der aktuellen Dividendensaison tun, steht meist erst nach der Hauptversammlung fest.