WIE SORTIEREN SICH DIE UNTERNEHMEN NEU?
E.ON spaltet sich in zwei Teile: Unter dem alten Konzern-Namen konzentriert sich E.ON auf "sauberen" Strom aus Wind- und Solarkraft. Anders als geplant verbleiben auch die deutschen Kernkraftwerke in diesem Unternehmen. Der zweite Teil, Uniper, betreibt mit 14.000 Mitarbeitern Kohle- und Gaskraftwerke in Europa und Russland mit 40 Gigawatt Leistung. Hinzu kommen Wasser- und Atom-Kraftwerke in Schweden sowie der Energiehandel. E.ON soll an Uniper von Anfang an nur noch eine Minderheit von 47 Prozent halten.
RWE schiebt dagegen die lukrativen Geschäfte mit Ökostrom, die Strom- und Gasnetze sowie den Vertrieb von Strom und Gas in die Tochter Innogy, die 40.000 Mitarbeiter hat. Beim Mutterkonzern bleiben die Kohle- und Gaskraftwerke sowie der Energiehandel. Innogy soll separat an der Börse gelistet werden, RWE will aber auf Dauer die Mehrheit behalten. Darauf ist der Konzern auch angewiesen: Innogy steht für rund 80 Prozent seines operativen Gewinns.
Vergleichbar sind damit künftig am ehesten RWE und Uniper auf der einen und E.ON und Innogy auf der anderen Seite. RWE-Chef Peter Terium, der auf den Chefposten von Innogy wechselt, sieht sein Modell überlegen: "RWE verkauft die Zukunft, E.ON verkauft die Vergangenheit", zitierte er Analysten und Anleger.
WIE KOMMEN UNIPER UND INNOGY AN DIE BÖRSE?
E.ON geht mit Uniper den risikolosen Weg: Die Uniper-Aktien werden den eigenen Aktionären einfach ins Depot gebucht - ein klassischer "Spin-Off", wie ihn etwa Siemens mit der Leuchten-Tochter Osram vollzog. Für je zehn E.ON-Aktien gibt es zusätzlich eine Uniper-Aktie. Wer zwölf Aktien hat, kann Rechte auf 0,8 Uniper-Anteile hinzukaufen oder 0,2 Aktien an die Depotbank verkaufen. Gut 53 Prozent von Uniper sind dann im Streubesitz. Investmentbanker suchen bereits jetzt nach neuen Interessenten für Uniper-Anteile. Denn mindestens 25 Prozent an E.ON sind im Besitz von Indexfonds und Investoren, die Indizes wie den Dax nachbilden und keine Uniper-Aktien haben wollen.
Innogy will bei dem Börsengang primär neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung verkaufen. Wenn das gelingt, sind zehn Prozent der Anteile an der RWE-Tochter in Händen neuer Aktionäre. Ob RWE parallel dazu einen kleinen Teil seiner Innogy-Aktien abstößt, hängt laut Investmentbankern von der Stimmung an der Börse ab. Ankerinvestoren, die große Aktienpakete abnehmen, könnten dabei helfen. Im ersten Halbjahr hatten Anleger bei den Börsengängen in Deutschland zögernd zugegriffen. An die Börse begleitet wird Innogy federführend von Goldman Sachs und der Deutschen Bank, in der zweiten Reihe stehen Bank of America Merrill Lynch, UBS, Credit Suisse und BNP Paribas.
WANN SIND UNIPER UND INNOGY AN DER BÖRSE NOTIERT?
Für Innogy hat sich RWE bisher nur auf einen Börsengang im vierten Quartal festgelegt. Der Konzern will das erste "Fenster" im Oktober nutzen, in dem Börsengänge möglich sind - auch um nicht in die Turbulenzen rund um die Präsidentenwahl in den USA zu geraten, die die Börsen weltweit durchschütteln könnte. Der Startschuss könnte schon im September fallen. "Es gibt eigentlich keinen Grund, lange zu warten", sagt ein Insider. Von der Ankündigung bis zum ersten Handelstag dauert es in der Regel vier Wochen. Nach zwei Wochen wird die Preisspanne festgelegt, in der die Anleger die Aktien zeichnen können. Der Ausgabepreis richtet sich nach der Nachfrage.
Bei Uniper soll es gleich nach der Sommerpause Ende August losgehen. Dann wird der Börsenprospekt veröffentlicht. Den üblichen Vorlauf von vier Wochen bis zur Erstnotiz braucht das Unternehmen nicht, schließlich muss man offiziell keine Aktien verkaufen. Der Vorstand stellt Uniper großen Investoren aber auf einer Werbetour vor. Spannend wird es erst am Tag der Erstnotiz: aller Voraussicht nach der 12. September. Dann müssen die begleitenden Banken - JPMorgan, Morgan Stanley und Citi - einen Kurssturz verhindern, indem sie innerhalb weniger Stunden neue Eigentümer für Uniper-Aktien finden, die dann auf den Markt geworfen werden.
WER PROFITIERT DAVON?
Analysten schätzen den Wert von Uniper auf 5,5 Milliarden Euro. Doch Geld verdienen E.ON und Uniper mit dem Börsengang zunächst nicht, im Gegenteil: E.ON drohen Abschreibungen auf Uniper, die noch mit gut elf Milliarden Euro in den Büchern steht. Allerdings behält sich der Konzern vor, seine 47 Prozent an Uniper nach und nach zu verkaufen. Aus steuerlichen Gründen geht es damit aber frühestens 2018 los.
Innogy dürfte mit dem Verkauf neuer Aktien auf jeden Fall einen Milliardenbetrag einsammeln. Denn der Börsenwert wird von Analysten laut JPMorgan auf 23 bis 25 Milliarden Euro geschätzt. Innogy wäre damit einer der größten Börsengänge der vergangenen Jahre in Deutschland. Ob auch RWE Geld zufließt, hängt davon ab, ob der Konzern eigene Innogy-Aktien verkaufen kann. Auf mittlere Sicht soll die Beteiligung aber bis auf 50 Prozent abschmelzen.
UND WAS BEDEUTEN DIE BÖRSENGÄNGE FÜR DEN DAX?
Vermutlich nicht viel. E.ON kommt auch nach der Abspaltung von Uniper auf einen Marktwert von 15 Milliarden Euro und wäre weit von einem Abstieg in den MDax entfernt, wie ein Index-Experte einer großen deutschen Bank vorrechnet. Uniper wird für den ersten Handelstag zum 31. Mitglied im Dax, muss sich dann aber erst für einen der großen Börsenindizes qualifizieren. Realistisch ist ein Einzug in den Nebenwerteindex MDax im Dezember.
Innogy bleibt ein wesentlicher Teil von RWE, dürfte wegen des kleinen Streubesitzes aber zunächst auch nur im MDax landen. RWE, lange Zeit ein Wackelkandidat im Dax, hofft darauf, dass die Anleger mit dem Innogy-Börsengang den Wert des Konzerns neu entdecken und der Kurs steigt.