Das "Time Magazin" hat Donald Trump zur "Person des Jahres" 2016 gekürt. Ob der designierte US-Präsident diesen Titel auch als Staatslenker verdient, bleibt abzuwarten. Die Anleger hat der neue starke Mann in den USA aber längst in seinen Bann gezogen. Gab es doch in den vergangenen Wochen kaum einen Kurstrend, den die Marktteilnehmer nicht mit seinem Namen in Verbindung brachten. Für den Vorstoß der führenden US-Aktienindizes auf neue Kursrekorde musste er ebenso herhalten wie für die Branchenrotation, durch die neuerdings Finanzwerte sowie zyklische und Value-Aktien angesagt sind. Selbst für das bedeutsamste Ereignis, den Abverkauf im Anleihebereich, soll Trump entscheidend mitverantwortlich sein. Denn die von ihm präferierte wachstumsfördernde Wirtschaftspolitik soll nicht nur die Konjunktur anschieben, sondern vermutlich auch die Inflation steigen lassen.
Gehen die Pläne auf, könnte davon noch einiges an Kurskraft ausgehen. Schließlich floss in den vergangenen Jahren sehr viel Geld in Anleihen und vergleichsweise wenig in Aktien. Kommt es zu einer dauerhaften Umkehr dieses Trends, könnte sich das als wichtige Kursstütze für Aktien entpuppen. Nicht zu unterschätzen in seiner Bedeutung ist auch die von Trump geplante Senkung der Unternehmenssteuern. Stratege Ed Yardeni von Yardeni Research hat deswegen seine Gewinnschätzungen für den S & P-500-Index deutlich erhöht. 2017 sollen nun 142 Dollar statt 129 Dollar je Aktie herausspringen, was einem Plus von rund 20 Prozent entspricht, und 2018 dann 150 Dollar statt 136,75 Dollar. Abzuwarten bleibt allerdings, was Trump von seinen Vorhaben am Ende umsetzen kann. Schließlich ist selbst in den eigenen republikanischen Reihen nicht für alle Ideen große Begeisterung zu spüren. Kritisch zu werten wären eventuell deutlich steigende Schulden.
Auf Seite 2: Auf Rezessionssignale achten
Auf Rezessionssignale achten
Auch wenn im neuen Jahr viel von Trump abhängt, sollte eine Entwicklung nicht unterschlagen werden: Viele der sich zuletzt breitmachenden Trends zeichneten sich schon vor dem Wahlsieg von Trump ab. Dazu zählen sicherlich eine Trendwende bei der Inflation sowie eine anziehende Konjunktur, und womöglich wäre die Wall Street auch bei einem anderen Wahlausgang einfach wegen der Erleichterung über das Ende der politischen Ungewissheit auf neue Kursrekorde vorgerückt. Eine Bürde stellt ansonsten die Bewertung des Aktienmarktes dar. Ist das KGV doch im historischen Vergleich überdurchschnittlich hoch.
Rächen dürfte sich das aber erst bei einer Rezession. Laut den volkswirtschaftlichen Modellen ist die Wahrscheinlichkeit dafür zumindest aktuell noch relativ gering. So gesehen stehen die Kursampeln an der Wall Street momentan weiterhin auf Grün. Der völlig intakte langfristige charttechnische Aufwärtstrend lässt auch überhaupt keine anderen Schlüsse zu.
Trotz der allgemein günstigen Ausgangskonstellation sollte es sich im neuen Jahr wieder lohnen, mit gezielten Wetten auf Einzelwerte auf Performancejagd zu gehen. Für BÖRSE ONLINE sind dabei Charttechnik, Bewertung und Anlagestory mit die wichtigsten Auswahlkriterien. Zehn Aktien ist es gelungen, diese Qualifikationshürden zu nehmen.
Die meisten dieser Favoriten sind als potenzielle Profiteure einer Reform der Unternehmensbesteuerung einzustufen. So beziffert Barclays Research den effektiven Steuersatz für den Krankenversicherer UnitedHealth Group auf 40 Prozent und für den Tabakkonzern Altria auf 35 Prozent. Bei einer Absenkung des Steuersatzes auf 20 Prozent winken hier erhebliche Steuereinsparungen. Außerdem besitzen beide Unternehmen wirtschaftliche Burggräben, die ihnen zu Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz verhelfen. Wie gut diese funktionieren, belegen in beiden Fällen Rekordkurse und beeindruckend langfristige Aufwärtstrends.
Über einen technologischen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verfügt auch General Dynamics. Das unterstreicht nicht zuletzt die von dem Rüstungskonzern von 2006 bis 2015 erwirtschaftete Rendite auf das investierte Kapital von im Schnitt 16 Prozent. Die lag laut Finanzdienstleister Morningstar deutlich über den Kapitalkosten, obwohl in dieser Zeit die US-Rüstungsausgaben teilweise deutlich sanken. Sollten diese unter einem Präsidenten Trump künftig steigen, dürfte das der Gewinnentwicklung erst recht helfen.
Als Trump-Profiteure gelten auch Finanzwerte, zumindest dann, wenn die Wirtschaft stärker anspringt, die Zinsen steigen und die Regulierung abnimmt. Der Aktie der Citigroup verhilft diese Konstellation zu einer überaus spannenden charttechnischen Ausgangslage. Die Notiz knabbert derzeit an neuen Mehrjahreshochs. Im Falle eines erfolgreichen Ausbruchs besteht sehr viel Luft nach oben.
Auf Seite 3: Zehn US-Favoriten
Kurz vor neuen Kursrekorden steht auch Boeing. Kommt es dazu, wäre eine dreijährige Verschnaufpause beendet und ein prozyklisches charttechnisches Kaufsignal generiert. Weiterhin gut gefüllte Auftragsbücher und die damit verbundene Aussicht auf steigende Ergebnisse sprechen jedenfalls für den Flugzeugbauer. Die Aktie von Fedex hat Boeing bereits vorgemacht, wie es geht, von einem Seitwärtstrend auf neue Rekorde vorzupreschen. Geholfen hat dabei die Aussicht auf ein gutes Weihnachtsgeschäft sowie die Hoffnung, dass der E-Commerce-Boom und die damit verbundene Auslieferung dem Kurier- und Logistikunternehmen auch auf Sicht steigende Gewinne bescheren. Eine sogar noch längere Durststrecke hat jüngst Deere überwunden. Überraschend gute Quartalszahlen lassen die Anleger auf ein Ende der Talsohle bei der Nachfrage nach Landmaschinen hoffen. Der Notiz verhalf das zu neuen Rekorden. Wenn der Gewinn je Aktie wie erhofft bis 2020 auf 8,04 Dollar steigt, ist hier noch einiges mehr drin.
Zu einer Erfolgsstory hat sich der Verpackungskonzern Berry Plastics gemausert - seit dem Börsengang im Oktober 2012 hat sich der Kurs mehr als verdreifacht. Das Unternehmen erwirtschaftet ansehnliche Margen und wächst auch mithilfe von Zukäufen. Zusammen mit einem in den nächsten Jahren erwarteten Gewinnplus von gut 16 Prozent per annum spricht das für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends. Im Technologiebereich macht der Halbleiterspezialist Broadcom einen guten Eindruck. Denn eine marktführende Stellung im Mobilfunkbereich und in diversen Nischensegmenten verhilft diesem Wert in Verbund mit einer moderaten Bewertung und frischen Rekordkursen zu einer günstigen Ausgangslage.
Nicht fehlen darf in einer US-Empfehlungsliste Amazon. Die Gesellschaft ist längst mehr als nur ein Onlinemarktplatz. Erfolge in der Cloud, das Konzept kassenloser Supermärkte namens Amazon Go und eine sich am Geschäftsmodell des Fahrdienstvermittlers Uber orientierende App für Trucker dokumentieren dies. Die Bewertung ist zwar optisch hoch, aber trotzdem angemessen für eine Vorzeigedenkfabrik.
Ab Seite 4: Weltbörsen - Keine Angst vor dem Trump-Effekt
Weltbörsen: Keine Angst vor dem Trump-Effekt
Der Ausgang der US-Wahlen sorgt rund um den Globus für eine positive Börsenstimmung. Dabei sind die Grundlinien der Handels- und Außenpolitik unter einer Regierung Trump noch längst nicht klar. Es zeichnet sich jedoch ab, dass expansive Steuererleichterungen und steigende Staatsausgaben mit höherer Verschuldung in den USA das Binnenwachstum stimulieren sollen. Diese Entwicklung wird mit einer restriktiveren Geldpolitik und einer protektionistischen Handelspolitik einhergehen.
Derlei Rahmenbedingungen werden 2017 den Takt für die Weltbörsen vorgeben. Die wirtschaftliche Situation für die meisten Schwellenländer hat sich dabei verbessert. Klar im Vorteil sind Länder mit einer niedrigen Abhängigkeit von Rohstoffpreisen und einer geringen Verschuldung in Fremdwährung. Darüber hinaus stimulieren anziehende Rohstoffpreise das Wachstum.
Klar ist aber auch: Gerade angesichts der Unsicherheiten, die der Kurs der Regierung Trump mit sich bringt, wird eine hohe Schwankungsanfälligkeit weiter die Märkte der Schwellenländer prägen. Dementsprechend flexibel müssen Anleger darauf reagieren.
Schwellenländer im Aufwind
Karine Hirn, Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft East Capital, hat einen klaren Favoriten ausgemacht: "Wir sind besonders positiv für Russland eingestellt. Steigende Ölpreise, wirtschaftliche Erholung und möglicherweise Sanktionslockerungen sind hier die maßgeblichen treibenden Kräfte." Auch nach den kräftigen Kursgewinnen von 2016 sei der Markt weiterhin günstig bewertet.
Dass sich das Wachstum in China abschwächt, wird von den meisten Experten als Folgeerscheinung des Wandels von einem exportgetriebenen Wachstum zu einer stärker binnenmarktorientierten Volkswirtschaft eingeschätzt. Die Portfolios der meisten Schwellenländerfonds tragen dieser Entwicklung bei der Auswahl ihrer China-Positionen inzwischen Rechnung. Robert Reichle, Fondsmanager bei der Berenberg Bank, setzt vor allem auf Länder mit großem Binnenmarkt: "Indonesien ist das Beispiel für eine Volkswirtschaft, die sich von ihrer exportlastigen Rohstoffabhängigkeit zugunsten von nachhaltigerem Binnenwachstum löst." Als seine weiteren aktuellen Länderfavoriten nennt er Indien - und Brasilien: "Von einem niedrigen Basiseffekt kann sich das Land auf Sicht der nächsten zwei Jahre von seinen fundamentalen Kennzahlen her positiv entwickeln."
Auf Seite 5: Fonds und ETFs
Zu den Siegern zählt auch die Wirtschaftsgroßmacht Japan. Zwar bleibt das Wirtschaftswachstum wohl moderat. Die anziehende Nachfrage aus China, zunehmende Aktienrückkäufe, lockere Geldpolitik und ein riesiges Ausgabenprogramm der Regierung aber haben das Zeug, als Treibstoff für höhere Kurse zu wirken. "Der Markt bietet ein sehr gutes Einstiegsniveau", meint Jesper Koll, Japan-Chef des ETF-Anbieters WisdomTree: "Auf Sicht der nächsten drei Jahre wird ein staatliches Ausgabenprogramm von umgerechnet mehr als 220 Milliarden Euro über die Bühne gehen. Wir sehen eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass japanische Firmen ihre Gewinnschätzungen nach oben anpassen. Darüber hinaus werden japanische Aktien mit am meisten von steigenden US-Leitzinsen profitieren, ebenso davon, wenn Anleger sich aus Wertpapieren mit geringer Volatilität mehr in Richtung zyklische und exportorientierte Wachstumsbranchen orientieren."
Wie sollen sich Anleger in diesem Umfeld positionieren? Uwe Röhrig, Anlagestratege bei UBS Asset Management, rät, in den einzelnen Ländermärkten auf unterschiedliche Branchen mit strukturellem Wachstumspotenzial zu setzen: "Die wachsende Mittelklasse treibt das Wachstum vor allem in den Sektoren Einzelhandel, Bildung, Gesundheit und Technologie. In China sehen wir im Versicherungsmarkt, vor allem in der Altersvorsorge und der Gesundheit, ein attraktives Wachstumspotenzial. In Indien zählen wir auch Banken zu unseren Portfoliokandidaten. Bei den Konsumgütern spielen lokale Marken eine wachsende Rolle."
Wer angesichts des Niedrigzinsumfelds Anleihen aus Schwellenländern beimischt, sollte nach Auffassung des Bondexperten Reichle Staatsanleihen bevorzugen. "In volatilen Märkten ist es tendenziell schwerer, bei Firmenanleihen aus einzelnen Positionen herauszukommen. Bei den Staatsanleihen sind Länder zu bevorzugen, die nicht extrem über Hartwährungen finanziert sind. Nur so sind Staaten besser in der Lage, externe Risikofaktoren auszubalancieren, auf die sie keinen Einfluss haben."
Je nach Risikoneigung bietet es sich für Anleger an, bei ETFs auf spezielle Wachstumsthemen zu setzen. Wer das Risiko meidet, ist mit dem erst im Mai aufgelegten Power Shares FTSE EM High Dividend Low Volatility gut aufgehoben, der zwei defensive Faktoren miteinander verknüpft. Zu unseren Favoriten bei den aktiv gemanagten Fonds zählen die Klassiker DWS Global EM Balance Portfolio und Comgest Magellan, aber auch der auf nachhaltige Branchen ausgerichtete Fonds von Stewart.
In Teil eins geben wir Ihnen einen Überblick über das abgelaufene und das kommende Jahr. In Teil zwei stellen wir Ihnen unsere Top-Investments für 2017 in Deutschland und Europa vor.