Auf dem Frankfurter Börsenparkett sind zum Jahresende zufriedene Gesichter zu sehen. Auch wenn die Gefühlslage der Aktienhändler 2020 zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt wild schwankte, sorgte der DAX für einen versöhnlichen Abschluss. Aufgrund der unverhofft temporeichen Erholung nach dem Corona-Crash eroberte der Leitindex sogar die lange Zeit verloren geglaubte Marke von 13 000 Punkten zurück. Kurz vor Weihnachten nahm der DAX dann sogar das im Februar markierte Rekordhoch bei 13 795 Zählern ins Visier.
Geht es nach dem Großteil der Analysten, dürfen sich Anleger auch 2021 auf steigende Kurse einstellen. Besonders optimistisch sind die Experten von M. M. Warburg sowie der Unicredit, die dem deutschen Bluechip-Index im neuen Jahr ein Potenzial von 15 000 bis 15 500 Punkten einräumen. Damit markieren die beiden das obere Ende unserer jährlichen Umfrage unter einer Vielzahl von Banken. "So gut wie alle Marktteilnehmer sind bullish für 2021 eingestellt", fasst Michael Winkler von der St. Galler Kantonalbank zusammen, findet aber auch mahnende Worte: "Es besteht das Risiko einer gewissen Sorglosigkeit und einseitigen Positionierung."
Da die Aktienmärkte die Konjunkturerholung zu einem großen Teil bereits vorweggenommen haben, wird im Wesentlichen die Entwicklung der Unternehmensgewinne über das weitere Potenzial der Kurse entscheiden. Dekabank-Experte Joachim Schallmayer ist diesbezüglich zuversichtlich: "Wir sind sehr guter Dinge, dass die Aktien in die erhöhten Bewertungen hineinwachsen können." Kollege Christian Stocker von der Unicredit sieht das ähnlich. Er geht davon aus, dass die Bewertungsniveaus zwar hoch bleiben, aber niedriger sein werden als im Jahr 2020. Den Konsensschätzungen zufolge werden die DAX-Gewinne in 2021 das Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019 bereits wieder übertreffen und im Folgejahr um weitere 16 Prozent anziehen.
Neben wirtschaftlichen Entwicklungen gilt es im neuen Jahr, auch die politischen im Auge zu behalten. Während Joe Bidens Wahl zum US-Präsidenten etwas Ruhe in die Beziehung zwischen Deutschland und den USA bringen dürfte, hängt der Brexit weiterhin wie ein Damoklesschwert über dem Land. Aber auch die Abstimmung der deutschen Bürgerinnen und Bürger über die Besetzung des Bundestags im September verspricht Spannung.
Da sich die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht erneut zur Wahl stellt, wird derzeit akribisch nach einem neuen Union-Kandidaten gesucht. Der erfolgreiche Krisenmanager Markus Söder könnte dabei eine Favoritenrolle einnehmen. Auch wenn sich der bayrische Ministerpräsident noch nicht selbst dazu bekannt hat, liegt er bei aktuellen Wettquoten ganz vorn. Diese sehen Söder nicht nur als Kanzlerkandidat, sondern auch als Favoriten für die Merkel-Nachfolge. Doch auch die Grünen gewannen zuletzt an Zustimmung und könnten mit Robert Habeck als Vorsitzendem eine Schlüsselrolle bei einer möglichen Koalition spielen.
Aktienfavoriten für das neue Jahr
Wie immer die Grünen auch abschneiden werden, Ökoaktien dürften 2021 hoch in der Anlegergunst stehen. Denn weltweit ist der politische Wille zur Bekämpfung des Klimawandels groß. Daran partizipieren sollten Nordex und SMA Solar. Die beiden profitieren unter anderem von der jüngsten Erhöhung der EU-Klimaziele. Bis 2030 sollen mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase in die Atmosphäre entweichen als 1990, bislang lag das Ziel bei minus 40 Prozent. Darüber hinaus hat sich die deutsche Regierung zuletzt auf einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien verständigt. Die genaue Zielmarke wird im Frühjahr 2021 festgelegt. Auch der Nebenwert PVA Tepla reitet mit seinen Kristallzuchtanlagen für die Solarindustrie auf der grünen Welle.
Konjunktursensitive Firmen könnten im neuen Jahr ebenfalls zu den Outperformern zählen. Aus der Gattung der Zykliker bevorzugen wir aus dem DAX den Autoriesen Volkswagen sowie den Kunststoffhersteller Covestro. Letztgenannter sollte von einer spürbar steigenden Nachfrage nach Chemikalien profitieren. Das Brokerhaus Jefferies erwartet, dass sich das Gewinnwachstum des Sektors bereits im ersten Quartal 2021 positiv entwickeln wird. Von einem möglichen Aufschwung in der Automobilindustrie dürfte nicht nur der Bluechip VW, sondern auch der Mid Cap Hella profitieren. Der Beleuchtungsspezialist gilt - ebenso wie der Batteriehersteller Varta - als Gewinner auf dem Weg zum Auto der Zukunft.
Die Deutsche Post und Qiagen gingen bereits 2020 als Gewinner aus der Corona- Krise hervor. Während die Corona-Tests bei dem Diagnostikspezialisten die Kasse klingeln ließen und das auch im neuen Jahr erst einmal so bleiben wird, sorgte beim Logistikkonzern der E-Commerce- Boom für eine Paketflut. Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen. Hinzu kommt, dass die Deutsche Post auch beim Transport und der Verteilung der Impfstoffe eine wichtige Rolle spielen wird.
Die Vakzine werden wiederum dafür sorgen, dass die Pandemie allmählich ihren Schrecken verliert. Dies kommt DIC Asset zugute. Die Firma setzt auf gut laufende Büroimmobilien und legte daher kürzlich einen milliardenschweren Spezialfonds auf. Die SDAX-Aktie befindet sich nach dem Corona-Crash noch in einer Bodenbildung und besitzt erhebliches Aufholpotenzial.