"Wir sind ein großer Handelspartner von Russland und blicken deshalb mit Sorge in die Ukraine und nach Russland", sagte VW -Chef Martin Winterkorn. BMW -Chef Norbert Reithofer verglich die Situation mit der Finanzkrise 2008, die Wachstumspläne der Autobauer durchkreuzt hatte, obwohl es als reine Bankenkrise begann. So kritisch werde es aber nicht werden, sagte er.

Verunsicherung, egal woher sie kommt, hält die Kundschaft vom Autokauf ab. Diese leidvolle Erfahrung machten die Autobauer in den vergangenen Jahren in Europa. In Ländern wie Spanien, Portugal oder Griechenland grassierte die Krise, die Pkw-Märkte wurden um Jahrzehnte zurückgeworfen. Nach und nach griff die Verunsicherung auf ganz Europa über. Die Folge: Sechs Jahre Flaute bei den Auto-Verkaufszahlen. Erstmals seit 2007 dürfte der Absatz in Europa 2014 wieder steigen. Ein Wachstum von zwei bis vier Prozent erwartet die Branche. Ob bunte Kleinwagen wie der Renault-Twingo oder PS-Boliden wie der neue Lamborghini Huracan - die Hersteller präsentieren im Glanz der Scheinwerfer mehr als 100 Neuheiten, die die Kunden locken sollen. Genährt wurde die Hoffnung auf ein Ende der Krise zuletzt von gestiegenen Neuzulassungszahlen in Deutschland, Italien und Spanien.

"Wir erwarten eine moderate Erholung des europäischen Marktes in diesem Jahr", sagte Daimler-Chef Zetsche in Genf. Schnell gehe es nicht, aber es gebe positive Signale aus Südeuropa. Auch BMW-Chef Reithofer machte in Europa eine "leichte Tendenz nach oben" aus. Er setze aber weiter vor allem auf Wachstum in den USA und China. In den beiden weltgrößten Automärkten gleichen die Oberklasse-Anbieter die Schwäche in der Heimat aus. In Europa verkaufen Daimler, BMW oder Audi allerdings noch immer fast die Hälfte ihrer Fahrzeuge und fahren in der Regel gute Renditen ein.

EUROPA FASST TRITT

Selbst Hersteller von günstigeren Modellen, die meist in Europa für den Heimatmarkt produzieren und wegen fehlender Ausweichmöglichkeiten von der Krise viel stärker gebeutelt wurden, zeigten in Genf Zuversicht. Der Chef von PSA Peugeot Citroen, Carlos Tavares, erwartet leichtes Wachstum in Europa. "Im Moment gehen die Dinge mehr oder weniger in diese Richtung." Auf den weltweiten Märkten gebe es indes viel Unsicherheit, fügte er mit Blick auf Russland und Lateinamerika hinzu. Renault -Vertriebschef Jerome Stoll sprach von zunehmendem Gegenwind in den Schwellenländern und nannte als Beispiele für eine unerwartet schwache Nachfrage Russland, Argentinien, die Türkei und Algerien. Der französische Autobauer rechnet deshalb mit weniger Wachstum für die weltweiten Märkte.

Daimler-Chef Zetsche sagte mit Blick auf die Schwankungsanfälligkeit der Schwellenländer, er gehe nach wie vor von einem guten Wachstum aus, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Zu möglichen Auswirkungen der Krim-Krise wollte er sich nicht äußern. Der italienische Autobauer Fiat ließ wissen, er werde sein Engagement in Russland überprüfen, falls die Krise in der Ukraine andauert. Opel-Chef Karl-Thomas Neumann warnte vor hektischen Reaktionen. "Das ändert nichts an unserer Einschätzung, dass Russland 2020 der größte Automarkt Europas sein wird", sagte er.

EXPANSIONSPLÄNE IN AMERIKA

Bedeckt hielten sich die Premiumhersteller BMW und Daimler bei Fragen nach neuen Fabriken in Amerika. Spekuliert wird seit langem, dass BMW eine Fertigung in Mexiko hochzieht. Reithofer sagte lediglich, er könne sich mehr Produktion im Nafta-Raum vorstellen, also in der Freihandelszone aus Kanada, den USA und Mexiko. Daimler-Chef Zetsche sagte zu seinen Plänen für diese Region, ein neues Werk sei für die Fertigung von Kompaktwagen ab 2018 gedacht. Eine Entscheidung stellte er innerhalb der nächsten zwölf Monate in Aussicht.

Ein großes Messethema ist der Vormarsch des Internet im Auto. Ob Daimler, Volkswagen oder Opel - alle rühmen sich, die Nase bei den Kommunikationssystemen vorn zu haben. VW-Chef Winterkorn sieht die Digitalisierung als Auslöser eines Umbruchs in der Branche. Sie zwinge die Hersteller dazu, Modelle schneller zu erneuern. Der bisherige Zyklus von sieben bis acht Jahren müsse deutlich kürzer werden. VW leidet im Wachstumsmarkt USA darunter, dass der Konzern die Kunden zu lange auf neue oder überarbeitete Modelle warten lässt. Die Käufer kehrten der Marke deshalb in Scharen den Rücken.

Reuters