Der Manager mahnte: "Politisch brauchen wir eine Lösung." Daimler-Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche nannte die Brexit-Szenarien "generell besorgniserregend für die wirtschaftliche Entwicklung Europas". Renault-Chef Carlos Ghosn sagte: "Alle Firmen bereiten sich aufs Schlimmste vor und hoffen aufs Beste. Das Schlimmste ist ein harter Brexit. Es steht zu hoffen, dass die Vernunft die Oberhand gewinnt."
Großbritannien will die Europäische Union am 29. März 2019 verlassen. Weil die Verhandlungen zwischen der britischen Regierung und der EU stocken, gehen inzwischen viele Beobachter von einem harten Brexit aus - ohne neue Regeln für Handel, Investitionen, Produktzulassungen oder Datenschutz. Viele Firmen wappnen sich deshalb für dieses "Worst-Case-Szenario"; weil es eilt, beschränken sich die bisherigen Pläne aber aufs Allernötigste. Mit ihnen soll zumindest der Kollaps wichtiger Geschäftsteile vermieden werden.
"Wir haben die letzte Zeit seit dem Referendum dazu genutzt, um mögliche Schritte maximal vorzubereiten", führte Daimler-Chef Zetsche aus. "Jetzt müssen wir erst mal abwarten, was die Konsequenzen sein werden." Es gehe bei den Überlegungen um Marktentwicklung, Ersatzteile oder Handelsströme.
"Wir bereiten uns auf einen harten Brexit vor, falls er kommt", sagte BMW-Chef Krüger. Die Chancen stünden 50:50. "Es kostet mehr Geld, wenn es keinen Deal gibt." Zur Sicherheit haben die Münchner eine Produktionsunterbrechung im Mini-Werk in Oxford von August auf April vorgezogen. "Wenn es zu einer chaotischen Situation kommen würde, am Tunnel, an den Kanälen, dann haben wir lieber eine Unterbrechung. Es ist viel schlimmer, eine Fabrik zwangsweise anhalten zu müssen, als wenn sie geordnet gestoppt ist."
BMW hat in Großbritannien vier Standorte: das Mini-Werk in Oxford, die Rolls-Royce-Manufaktur in Goodwood, eine Motorenfabrik in Hams Hall und ein Teilewerk in Swindon. Krüger sagte, wenn der harte Brexit komme und in England gebaute Motoren nicht mehr in Freihandelsabkommen der EU mit anderen Ländern einbezogen werden könnten, werde BMW die Mini-Produktion in den Niederlanden hochfahren. "Das habe ich Theresa May auch gesagt."
Der Autosektor, einst berühmt für legendäre Marken wie Aston Martin, Jaguar oder Bentley, später dann gebeutelt von vielen Krisen, zählt in Großbritannien zu den wenigen Erfolgsgeschichten der industriellen Fertigung. Nach dem Branchentief Anfang der 1980er Jahre dauerte es viele Jahre und kostete viele Milliarden an Investitionen, um das Land zu dem zu machen, was es heute ist: wichtiger Absatzmarkt, Produktionsstandort und Beschäftigungsmotor zugleich. Tausende Teile, Motoren und Fahrzeuge überqueren angesichts der engen Vernetzung der Fertigung jeden Tag den Kanal. Große internationale Konzerne wie Toyota fertigen seit den 1980er Jahren in Großbritannien. Auch Nissan, Renaults japanischer Partner, betreibt dort ein großes Werk. Über eine Pause, wie sie BMW in Oxford angesetzt hat, habe man noch nicht entschieden, sagte Ghosn. "Wir sind in einer Situation, in der alle wie erstarrt sind."
Der französische Opel-Mutterkonzern PSA warnte vor möglichen Brexit-Folgen für die Produktion in Großbritannien. Falls der EU-Austritt des Landes eine gesonderte Fertigung auf der Insel erforderlich machen würde, hätte dies "zwangsläufig" Auswirkungen auf die britische Produktion, sagte PSA-Europachef Maxime Picat. Der Konzern habe alles getan, um das britische Geschäft voranzutreiben, Vauxhall und Opel wieder rentabel zu machen und die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte zu verbessern. "Aber es gibt Grenzen. Diese Grenzen sind Zollschranken und der Verlust der Bewegungsfreiheit für Menschen und Güter."
rtr