Liebe Anlegerinnen und Anleger,
vielleicht ist es ja doch gar nicht so verkehrt, dass im Augenblick wichtige Termine vor uns (und mit der gestrigen FED-Sitzung) hinter uns Anlegern liegen. Denn sonst hätte die Börse doch gar keine Chance, sich gegen "König Fußball" durchzusetzen. Aber trotzdem bin ich mittlerweile ganz schön genervt von der großen Aufregung, die in den Medien derzeit um die vielen und ohne Zweifel wichtigen Ereignisse gemacht wird.
Doch auch in der jetzigen von den Medien stark aufgeheizten Stimmung an den Börsen sollten wir alle kritisch hinterfragen, wem das Ganze nutzt. Ich jedenfalls kann mich kaum noch daran erinnern, dass derartig viele und meist schon längst nicht mehr aktuelle Meinungen und Artikel von mehr oder weniger berühmten und selbst ernannten Experten veröffentlicht werden. Da muss man sich schon überlegen, ob gewisse Gruppen von Investoren ein handfestes Interesse daran haben, uns private Anleger nervös zu machen. Denn streng genommen brauchen wir doch keinen Ratschlag von Experten, so lange uns die Preisbildung an den Börsen, also das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, die Richtung der Börsen signalisiert. Meiner Meinung nach gibt es keine stärkere "Stimme" als das Ergebnis des Kampfes zwischen Angebot und Nachfrage. Wer braucht z.B. eine Analyse (heute noch gelesen) über die großartige Perspektive der Sektoren Gesundheit und Biotech, wenn gleichzeitig diese Sektoren aufgrund von politischen Risiken im Umfeld der US- Präsidentschaftswahl unter starkem Kursdruck stehen?
Grundsätzlich sollten wir uns aber fragen,ob wir unsere Investment-Entscheidungen mit unserer Prognosefähigkeit bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit von bestimmten Ereignissen verknüpfen wollen. Denn um ehrlich zu sein gibt es doch in jedem Jahr mehrere wichtige Termine und Ereignisse, die regelmäßig im Vorfeld als ultimative Weggabelungen für die Börsen gesehen werden - und über die einige Wochen später kaum mehr gesprochen wird.
Ich gebe gerne zu, dass die Auswirkungen im Falle eines "Brexit" erheblich sein können - aber trotzdem stellt sich uns die Frage, wie man sinnvoll im Vorfeld auf solche Ereignisse reagiert. Denn schon längst in den vergangenen Wochen konnte man sich auf dieses Ereignis einrichten und Bestände abbauen - oder eben nicht.
Eine sinnvolle Methode ist meiner Meinung nach die Philosophie des inneren Marktes. Diese geht davon aus, dass die Märkte auf verschiedenen Zeitebenen zwischen überverkauften und überhitzten Zuständen hin -und her pendeln. Es kommt also darauf an, die Marktphasen zu unterteilen: in solche, in denen wir eher investieren sollten, da die Chancen überwiegen. Und umgekehrt in andere, in denen es vorteilhaft ist sich auf die Risiken zu konzentrieren. Ganz genauso wie Sie als Autofahrer bei starkem Regen vom Gas gehen um gefährliches Aquaplaning zu vermeiden oder vor Beginn des Winters die Winterreifen aufziehen. Ganz ähnlich ist es auch an den Börsen sinnvoll, in gewissen Phasen das Tempo zu reduzieren und sich auf den Erhalt seines Kapitals zu konzentrieren.
Eine solche Phase erleben wir regelmäßig, wenn der von mir hier häufig gezeigte Risikoindikator "NYSE Bullish Percent" in eine 0-Spalte wechselt.
Die folgende Grafik zeigt Ihnen die Relation der an der New York Stock Exchange gehandelten Aktien, die auf einem definierten Kaufsignal der P & F Technik handeln.
Wechselt dieser Indikator in der oberen extremen Zone oberhalb von 70 % von einer X- in eine 0-Spalte, wird Ihnen signalisiert, dass der Aktienmarkt kontinuierlich unter den Einfluss des Angebots gerät. Die Bären führen den Ball und die Wahrscheinlichkeit von negativen Überraschungen auf Sicht von einigen Wochen nimmt zu.
In genau solch einer Situation befinden wir uns derzeit. Es ist also zu empfehlen, spekulative Investments abzubauen und seine Stopps engmaschig zu beobachten. Denn die negative 0-Spalte deutet darauf, dass immer mehr Aktien ihre wichtigste Unterstützung verlieren und von einem Kauf-auf ein Verkaufssignal der P & F Technik wechseln. Während vor wenigen Wochen noch mehr als 70 % der gehandelten Aktien auf einem Kaufsignal notierten, sind es heute noch 65 %.
Es besteht das Risiko, dass der Aktienmarkt von innen her langsam aufweicht und die Risiken weiter zunehmen. Speziell zu Beginn der meist schwächeren Sommermonate war es in den vergangenen Jahren nicht verkehrt, diesen Indikator zu beachten da die potentielle Fallhöhe jetzt relativ hoch ist. Wie immer soll dieser Indikator für Sie nicht als Crash-Indikator wirken. Aber Sie sollten beachten, dass in den kommenden Tagen und Wochen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Risiken größer als die Chancen sind. Wie häufig übrigens in den Wochen vor der Wahl eines neuen US- Präsidenten.
Auf Seite 2: Nasdaq intern: weitere Aktien verlieren ihre wichtige 200-Tage-Linie
Nasdaq intern: weitere Aktien verlieren ihre wichtige 200-Tage-Linie
Vergangene Woche habe ich hier beschrieben, dass sich die "schweren" Titel der Nasdaq 100 von innen her leicht verbessern. Mittlerweile hat sich jedoch diese Entwicklung wieder gedreht. Genau gesagt vergrößert sich die Anzahl der Aktien des Nasdaq Composite, die unter das Niveau der wichtigen Unterstützung der 200- Tage- Linie rutschen.
Diese Beobachtung ist nicht ungefährlich, da dadurch das wichtige Segment der Wachstumsaktien insgesamt zunehmend unter Druck gerät. Auch der Zeitpunkt dafür ist ungünstig, da den US-Börsen derzeit bekanntlich die Bildung eines Doppel-Top droht, wir uns also an einer wichtigen Weggabelung befinden.
In diesem Zusammenhang muss man auch stets im Hinterkopf haben, dass es an den Börsen vollkommen normal ist, dass diese zwischen überverkauften und überhitzten Zuständen hin- und her pendeln. Da sich nun die Relation der Aktien verringert, die oberhalb ihrer wichtigen 200 -Tage- Linie notiert, müssen wir uns fragen, welche (Aktien) Segmente jetzt noch die Kraft haben dazu beizutragen, die Wachstumswerte auf ein neues Hochs zu treiben. Oder anders ausgedrückt: wenn immer mehr Titel unter die wichtige 200- Tage- Linie rutschen, bleiben immer weniger starke Titel übrig, die die Indizes oben halten können.
Die Grafik des inneren Marktes soll nicht als Crash-Warnung missverstanden werden und vermittelt Argumente für die Bullen und die Bären. Trotz des Getöses in den Medien notiert nach wie vor die Hälfte der notierten Titel oberhalb ihrer wichtigen 200-Tage-Linie. Das Glas ist halb voll - oder halb leer. Positiv ist vor allem, dass sich der Index tief in der unteren extremen Zone im Februar (Ziffer 2) nach oben hin orientiert hat. Leicht negativ auf der Gegenseite ist aber, dass nicht mehr das Niveau aus dem vergangenen Frühjahr erreicht wurde, obwohl damals die Märkte auf einem ähnlichen Niveau wie heute notierten. Man kann also feststellen, dass heute weniger Titel als damals an der Erholung teilhaben, es mangelt an Marktbreite. Negativ ist auch, dass dem Markt der Schwung fehlte, überhaupt bis in den oberen Bereich vorzudringen. Der aktuelle Impuls ist eindeutig nach unten gerichtet. Da auch der wichtigste Risikoindikator des inneren Marktes, der NYSE Bullish Percent, auf das Lager der Bären zeigt, sollten wir uns derzeit vor allem auf die Risiken und nicht auf die Chancen konzentrieren.
Falls Sie sich für die Philosophie des inneren Marktes und die P & F Charts interessieren, beachten Sie bitte auch meinen Gratis- Börsenbrief. Viel Erfolg weiterhin mit ihren Positionen und eine weiterhin spannende Fußball EM.
Mit herzlichen Grüßen aus dem Rheinland,
Ihr Klaus Buhl
Klaus Buhl, Geschäftsführer der Libra Invest GmbH (www.libra-invest.de), bekennender Anhänger von Point and Figure Charts und der Philosophie des "inneren Marktes".