Vor einem Jahr war Konzernunterlagen zufolge noch ein Gewinn von rund einer Milliarde Euro für 2022 geplant. Im laufenden Jahr werde der Betriebsverlust etwa bei 1,9 Milliarden Euro liegen. Ein höheres Minus habe nur die internationale Logistiktochter Schenker mit ihrem Milliarden-Gewinn verhindert. Das deutsche Kerngeschäft stockt dagegen weiter, auch wegen der Corona-Pandemie. In der Kritik bei der Industrie steht vor allem der Güterverkehr, Beschwerden gibt es zudem über die Unzuverlässigkeit der Netz-Tochter. Der BDI rief daher zu einer Krisensitzung am Montag.
Die Deutsche Bahn leidet stark unter der Corona-Pandemie, besonders im Personenverkehr. Dazu kam die Flut-Katastrophe im Ahrtal sowie das über Jahrzehnte vernachlässigte Schienennetz, das jetzt in einer Kraftanstrengung saniert werden soll. Die Bahn spielt eine zentrale Rolle für die neue Ampel-Koalition und die geplante Verkehrswende hin zur Klimaneutralität in Deutschland. Dies dürfte allerdings kostspielig werden. Und die Schulden des Staatskonzerns werden demnach weiter steigen. Im nächsten Jahr wird mit über 33 Milliarden Euro gerechnet. Eine Konzernsprecherin wollte sich nicht zu den Zahlen äußern.
Der Fernverkehr mit IC und ICE allein fuhr so einen Betriebsverlust von über 1,6 Milliarden Euro ein. Auch die Güterbahn DB Cargo machte eine halbe Milliarde Euro Verlust. Dabei mangelt es nicht an Aufträgen. Der Umsatz soll 2022 mit über 5,6 Milliarden Euro rund eine Milliarden Euro höher als 2021 liegen. Auch der Gesamtkonzern wird 2021 seinen Umsatz immerhin um fast zehn Prozent auf rund 45 Milliarden Euro steigern können.
KRISENSITZUNG BEIM BDI - ÄRGER VOR ALLEM ÜBER DB NETZ
Die Bahn und auch ihre privaten Konkurrenten können im Güterverkehr allerdings die Aufträge kaum abarbeiten. In Konzernkreisen wird neben Personal- und Fahrzeugmangel bei DB Cargo vor allem die DB Netz und das Baustellen-Management verantwortlich gemacht. Dies führt dazu, dass Güter von der umweltfreundlichen Bahn wieder auf den LKW wechseln. Audi bestätigte etwa, das ein Teil der Fahrzeugtransporte am Standort Neckarsulm wieder per LKW abgewickelt wurden.
Zahlreiche Firmen-Vertreter vor allem aus der Stahl- und Chemiebranche machten aber am Montag ihrem Unmut bei einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Luft. Seit Wochen lieferten die Deutsche Bahn und ihre Wettbewerber unpünktlich oder transportierten Produkte zu spät oder gar nicht ab. Gerade kurz vor der Weihnachtszeit - wo der Verkehr besonders boomt - führe dies immer wieder zu Engpässen.
Zusätzlich für Verärgerung sorgt, dass Gleise derzeit nicht mehr über das normale IT-Buchungssystem geblockt werden können. Stattdessen müsse auf Telefon oder Fax zurückgegriffen werden. "Ja, wir schicken berittene Boten mit Steintafeln", hieß es bei einem Bahn-Konkurrenten.
Hintergrund ist laut Branchenkreisen ein Sicherheitsproblem einer weit verbreiteten Java-Anwendung. Vor einem Hackerangriff auf diese Stelle hatte am Wochenende auch das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gewarnt. In Regierungskreisen wurde bestätigt, dass dies der Zusammenhang sei. Ein Bahn-Sprecher lehnte Angaben dazu ab und sagte lediglich, man stehe mit dem BSI in Verbindung.
rtr